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Er schwingt täglich echt die Hufe

Daniel Feller aus Einsiedeln macht eine Lehre der nicht ganz alltäglichen Art – und nimmt morgen an den SwissSkills teil

60 verschiedene Berufe messen sich im Herbst bei den SwissSkills-Championships. Daniel Feller aus Einsiedeln tritt morgen im bernischen Aarberg gegen 16 Mitkonkurrenten an, um seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen – als Hufschmied.

WOLFGANG HOLZ

Wer eine feuerspeiende Esse erwartet hat, in der glühende Hufeisen zwischen grossen Flammen geformt und danach auf dem Amboss behauen werden, ist zunächst einmal überrascht – als er an diesem Morgen den Isländer- Pferdestall in Hombrechtikon betritt.

1000 Grad im kleinen Ofen

Statt aus einer offenen Feuersglut zieht Lehrling Daniel Feller die Hufeisen aus einem kleinen Ofen. Dieser ist im Heck des Lieferwagens installiert, der rückwärts vor den Stall parkiert ist. Der Ofen wird mit Gas anstelle von Kohlen beheizt und ist nicht viel grösser als eine handelsübliche Mikrowelle. Die Temperaturen im Ofen dagegen sehr wohl.

«Die Hufeisen werden im Ofen auf rund 1000 Grad erwärmt – wenn ich sie dann auf den Huf des Pferdes brenne, sind es noch 300 Grad», beschreibt der Einsiedler seinen Job, bei dem es ziemlich heiss hergeht. «Das Hufeisen darf nicht zu heiss sein – sonst verbrennt der Huf.» Es zischt und dampft

Sagts und nimmt ein Hufeisen mit der Zange aus der tieforangen Glut, taucht das Eisen in einen Wassereimer, wo es kurz kräftig zischt. Dann behaut er das an einer Seite offene metallene Oval. Mit diesem geht er zu dem Islandpferd und drückt das Hufeisen auf den Huf. Wieder dampft und zischt es. «Es passt noch nicht ganz», sagt Feller. Nochmals klopft er mit dem Hammer auf das Hufeisen am Amboss. Nochmals wird es angepasst. Schliesslich sitzt es richtig.

Jetzt muss der rund 300 Gramm schwere Stahlbogen nur noch festgenagelt werden – mit sechs bis acht Stahlnägeln. Zwar ist das Islandpferd sehr brav und lässt das Anpassen des neuen «Schuhwerks» ruhig über sich ergehen. Michael Bühlmann, der Arbeitgeber des Einsiedlers, hält den Fuss des Rosses trotzdem fest, damit sich Daniel Feller beim Nageln ganz konzentrieren kann. Zum Schluss werden freistehende Nagelspitzen am Huf «genietet» und das überschüssige Horn weggeraspelt.

«Es kommt hin und wieder schon vor, dass Pferde sich beim Beschlagen unruhig verhalten, ja sogar manchmal ausschlagen – da steigt der Adrenalinspiegel dann ziemlich an.» Solche gefährlichen Situationen mag der junge Mann – der heute seinen 20. Geburtstag feiert – nicht so sehr. Ansonsten liebt der Einsiedler seinen Beruf voll und ganz.

Gerne draussen «Ich bin gerne draussen an der frischen Luft und bewege mich. Vor allem beschäftige ich mich gerne mit Tieren und Pferden», sagt der Einsiedler, der mit seiner Familie 2014 aus Wollerau ins Klosterdorf gezogen ist. «Ich könnte nicht den ganzen Tag vor dem Computer sitzen, da würde ich irgendwann die Wände hochgehen.» Wobei seine Liebe zu Pferden auch daher rührt, dass er seit seinem sechsten Lebensjahr reitet und einen «Freiberger» seit einigen Jahren sein eigen nennen darf. «Ich reite gern freizeitmässig», sagt er.

Wohnt unter der Woche in Muri Da es in Einsiedeln keinen ortsansässigen Hufschmiedbetrieb mehr gibt, hat er sich um eine Lehre bei dem Freiämter Hufschmied beworben – mit Erfolg. Weil es aber zu weit ist, mit dem Auto jeden Tag von Einsiedeln nach Muri zu fahren, bewohnt Feller dort unter der Woche eine Zweieinhalb-Zimmerwohnung, wo er sich selbst versorgt. Er kocht, wäscht und sieht abends fern, um sich zu entspannen. «Am Freitagnachmittag fahre ich dann immer nach Hause nach Einsiedeln – sonntagabends gehts wieder zurück ins Freiamt.» Manchmal ziehe es ihn auch unter der Woche mal ins Klosterdorf – nicht zuletzt wegen Mutters guter Küche. Die Berufsschule besucht er einmal pro Woche in Olten – «dahin gibts angenehmerweise einen direkten Zug von Muri aus.» Schulkollegen finden seine Berufswahl cool Seine Eltern haben ihn bei seiner ungewöhlichen Berufswahl von Anfang an unterstützt. Auch seine Schulkollegen fanden seine Entscheidung für die vierjährige Hufschmied-Lehre originell. «Sie meinten, das sei cool und eben mal etwas anderes. Andererseits fragten sie sich, ob ich das körperlich auch durchstehe », sagt Feller und blickt an sich hinunter.

«Ich bin ja nicht gerade der muskulöseste Typ.» Am Anfang habe er die Arbeit schon streng gefunden: «Abends war ich meist ziemlich müde.» Ausserdem könne es im Winter in zugigen Ställen schon kalt und ungemütlich werden. «Wir haben aber den Ofen, an dem wir uns immer wieder aufwärmen können», erklärt er und lächelt. Sein Arbeitstag beginnt morgens um sieben Uhr – bis abends um 17 Uhr. In dieser Zeit kurvt Daniel Feller mit seinem Chef Michael Bühlmann in dessen mobiler Werkstatt durch die Lande. Von Pferdestall zu Pferdestall. Dienstagmorgens sind die beiden immer in Hombrechtikon bei Rapperswil – auf dem Isländerhof. Pro Tag beschlagen sie im Schnitt sechs bis zehn Rosse mit Hufeisen.

Eine Stunde pro Pferd «Normalerweise brauchen wir für ein Pferd, das vier neue Hufeisen erhält, jeweils eine Stunde Arbeitszeit», berichtet der junge Einsiedler. Kostenpunkt rund 200 Franken pro Pferd. Alles inklusive. Unterm Strich kein schlechtes Geschäft. «Denn die Pferde sollten ja alle sechs bis acht Wochen neu beschlagen werden, weil der Abrieb heutzutage bei Tieren, die viel geritten werden, sehr stark ist.» Manche Pferdebesitzer würden aber oft zu lange warten mit neuen Hufeisen – das sei nicht gut fürs Tier.

Die Hufeisen muss er nicht mehr selbst schmieden – die liefert ein Händler. Im Lieferwagen ist ein Kasten mit zig verschiedenen Hufeisengrössen. «Nur im Rahmen der Lehre muss ich auch unter Beweis stellen, dass ich Hufeisen schmieden kann», sagt Feller.

Pläne fürs Ausland: Zuerst zum Militär Und welche Pläne hegt er nach der Lehre? «Nach der Lehre gehe ich erst mal ins Militär – dort brauchen sie auch Hufschmiede. » Danach wolle er vielleicht eine Zeitlang im Ausland verbringen – in Grossbritannien. «Die Engländer sind ja eine Pferdenation – dort könnte ich dann gleichzeitig noch ein bisschen Englisch lernen.»

«Es kommt hin und wieder schon vor, dass Pferde beim Beschlagen manchmal ausschlagen.»

Daniel Feller, Hufschmiedlehrling

«Nach der Lehre gehe ich erst mal ins Militär – dort brauchen sie auch Hufschmiede.»

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