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Das Monatsgespräch im Januar

Das Monatsgespräch im Januar Das Monatsgespräch im Januar

Franziska Keller trifft Candy Knüsel, Lastwagenchauffeur, und Trichlerchef Bürgerwehr

Jahrgang: 1979 Bürgerort: Gisikon LU Geburtsort: Einsiedeln Wohnort: Einsiedeln Wir trafen uns am perfekten Tag in ihrer Baracke: Am Fasnachtsanfang, 6. Januar, bei der Bürgerwehr an der Langrütistrasse. Herzlich hiess mich Candy Knüsel, Trichlerchef der Bürgerwehr, willkommen, und bei einem Kafi Zwetschge unterhielten wir uns über Feierlichkeiten, das Leben und die Fünfte Jahreszeit. Am Kochtopf stand Schleuel, um Spaghetti Bolognese für die Trichler am Abend vorzubereiten. Nach und nach trudelten andere Vereinskollegen ein. Stellte ich eine Frage, bekam ich meist rasch eine Antwort – wenn auch nicht immer von Candy selbst. Es ergab sich ein sehr amüsantes, abwechslungsreiches und langes Monatsgespräch … Ich erfuhr auch viel zwischen den Zeilen über den 1933 gegründeten Verein, dass 2021 das 88-Jahr-Jubiläum grossartig gefeiert werden wird und über den grossen Zusammenhalt untereinander. Auch spürte ich die grosse Kollegialität auf Anhieb. Wie geht es dir im Januar nach all den Feierlichkeiten? Ich hoffe, der Riemen passt mir noch um den Bauch. Nach Weihnachten freue ich mich sehr, heute Abend um acht mit dem «Iitrichle » die Fasnacht einzuläuten. Bist du ein Weihnachtsmensch?

Ich mag keine Heuchelei und bin wirklich kein Weihnachtstyp.

Welche Jahreszeit ist dir die liebste?

Die Fünfte (ertönt es sofort von seinen Kollegen aus dem Hintergrund). Es ist einfach schön an der Fasnacht, man sieht wieder einmal «en huufe Grinde», welche man das ganze Jahr nie trifft. Ich schätze es, die Kameradschaft zu pflegen, … das «Höckle» und diskutieren (wieder ertönt die Stimme aus dem Hintergrund). «Häsch du welle do ane cho und wiitermache …» (unterbricht Candy und lacht schallend.) Von wann bis wann dauert diese Fünfte Jahreszeit bei dir? Eigentlich hört sie bei mir gar nie richtig auf, weil ich im Vorstand der Bürgerwehr bin und wir uns seit zwei Jahren jeden dritten Samstag hier in unserem Vereinslokal zum gemütlichen Beisammensein treffen. Jemand hat das mal angeregt, weil er es bedauerte, dass man sich sonst nur an der Fasnacht treffe. Seither sehen wir uns regelmässig. Manchmal sind wir fünf, manchmal zwanzig Leute. Insgesamt sind wir 120 – wovon etwa 35 Aktive im Verein. Und wenn jemand spontan Lust hat, eine Wurst auf den Grill zu legen, dann wird das umgesetzt.

Und kommen junge Leute nach?

Grüppchenweise stossen Buben und Mädchen zu uns – ja in unserem Verein sind nach Statuten auch Frauen herzlich willkommen. In einem gewissen Alter machen jedoch viele junge Frauen wieder einen Rückzieher. Manche von ihnen kommen vielleicht Jahre später wieder.

Hast du die Fasnacht im Blut oder bist du irgendwann damit angesteckt worden? (Schon wieder ertönt die Antwort vom Kochtopf her …) «Chum Schleuel, bis äntli ruhig!», lacht mein Gesprächspartner und ich schätze die spürbare, herzliche Kameradschaft.

Mein Vater war schon in der Bürgerwehr. So kam ich auch als «Büebel» hinzu, als vor 32 Jahren das «Chindertrichlen» gegründet wurde – und bin geblieben.

Sind Frau und Kinder auch mit dem «Fasnachtsfieber» infiziert? Meine Theres ist aus dem Glarnerland und auch voll dabei. Die Kinder mehr oder weniger – Sepp, der Kleinste, ist bei den «Chindertrichlern». Was gefällt dir denn derart an der Fasnacht? Ich habe den Plausch am «Trichlen ». Das ist Musik in meinen Ohren. Es gibt Vereine, die klagen über Nachwuchs. Wie sieht es bei euch aus? Da jammern wir auch mit, uns fehlt grundsätzlich natürlich auch der Nachwuchs. Zu unserer Zeit war das anders, wir «plangten» richtig auf die Fasnacht, weil sonst nichts los war. Heute gibt es einfach ein viel zu grosses Freizeitangebot: Skifahren, Langlaufen, Skispringen, Hockeytraining und so weiter. Kommt man als Neuzuzüger auch in eure Bürgerwehr? Ja, wir sind da ganz offen auch für Auswärtige. Es ist schön, wenn wir möglichst alle Figuren am Güdelmäntig und -ziistig genügend abdecken können: Die «Sühudi, Bajasse, Stäcklichörb und Trichler». Neueintritte ergeben sich meist durch Begegnungen und Gespräche. Wie verbringt der Candy sonst sein Leben? Ich bin «Bierfuehrmä» – Lastwagenchauffeur bei der Braui und als leidenschaftlicher Oldtimerfan fahre ich in meiner Freizeit gerne meinen VW Käfer oder meinen Saurer aus. Dann hält mich meine Familie in Schach. Da ich in einer Patchworkfamilie mit vier Kindern lebe (Nik, Ueli, Tanja und Sepp), läuft da natürlich auch immer was. Wir sind gerne draussen, gehen wandern und bräteln. Warst du schon mal länger weg von Einsiedeln? Ich fuhr früher Überland: Deutschland, Belgien, Frankreich und war jeweils tage- und wochenlang unterwegs. So sah man mich berufshalber oft «ännet » der Grenze und genau aus diesem Grund schätze ich es so, jetzt in meiner Freizeit in der Nähe bleiben zu dürfen. Was gefällt dir besonders in Einsiedeln?

Ich bin hier «drheimä» und rundum glücklich. Ich schätze es «usinnig» irgendwo einzukehren, jeden zu kennen, zu reden und zu lachen. Da fühl ich mich wohl. Würdest du etwas verändern?

Nein, alles gut, wie es ist. Doch: Weniger bauen, langsam reicht es wirklich. Wir sind gross geworden.

Was möchtest du unbedingt mal erleben? 2021 feiert die Bürgerwehr ihr 88-Jahr-Jubiläum, das möchte ich schon nicht verpassen! Nein, im Ernst: Ich möchte natürlich meine Pensionierung erleben und freue mich darauf, zu sehen, wie die Jungen unseren Verein weiterführen. Dann, wenn ich mal als Senior den dritten Samstag weiterhin geniessen darf.

Von Franziska Keller

Foto:Franziska Keller

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