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Wie sich Generationen im Klassenzimmer vereinen

Wie sich Generationen im Klassenzimmer vereinen Wie sich Generationen im Klassenzimmer vereinen

Unter dem Motto «Freiwillig aktiv in Schule oder Kindergarten» suchen Pro Senectute und der Bezirk Einsiedeln Senioren, die Freude an Kindern haben und sich für einen Einsatz im Schulwesen interessieren.

MAGNUS LEIBUNDGUT

«700 Einladungen an Senioren im Alter von 65 bis 68 Jahren sind verschickt worden, die im Bezirk Einsiedeln wohnen und eine sinnvolle Aufgabe suchen», berichtet Franz Dietsche, Projektleitung Pro Senectute, an einer Pressekonferenz im Alten Schulhaus im Klosterdorf: Die Pensionierten werden zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, an der sie mehr über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in den Schulen und Kindergärten erfahren können und Lehrer kennenlernen, die Senioren als Klassenhilfe suchen.

Bereits vor drei Jahren wurde das Projekt «Generationen im Klassenzimmer» im Klosterdorf und den Vierteln gestartet, schildert Marco Bianchi, Stufenleiter Primarschule Einsiedeln: Zehn Senioren sind aktuell im Einsatz als Klassenhilfe. Unterdessen fehlen dem Projekt Senioren – fünf bis zehn Plätze auf der Warteliste der Lehrer sind frei.

«Wir wollen mit der Veranstaltung Senioren ansprechen, deren Interesse wecken und sie darauf aufmerksam machen, dass es dieses Angebot überhaupt gibt», konstatiert Bianchi. Schliesslich gehe es darum, das ganze Projekt am Leben zu erhalten.

«Kinder lieben ältere Leute» Hauptziel sei es, die Beziehung zwischen den Generationen zu fördern, sagt Dietsche: «Die Senioren unterstützen und begleiten die Lehrer im Schulalltag, nehmen dadurch weiterhin aktiv am gesellschaftlichen Leben teil und können ihre Erfahrungen und ihr Wissen einbringen.» Das Projekt sei ein Glücksfall und bedeute eine Win-Win-Situation, weil sich gleich drei Generationen im Klassenzimmer begegnen: «Die Schüler können von der grossen Lebenserfahrung der Senioren profitieren. Kinder freuen sich, wenn sie in Kontakt mit Älteren stehen können», erzählt Dietsche. Und es gebe Senioren, die sich wiederum über Kinder freuen, weil sie entweder keine haben oder weil ihre Enkelkinder ganz woanders leben. «Das Projekt sorgt für strahlende Augen, sowohl bei Jung wie bei Alt», beobachtet der Leiter der Beratungsstelle Ausserschwyz.

Klar sei, dass die Senioren als Klassenhilfe im Einsatz stünden und keineswegs einen Heilpädagogen, eine Klassenassistenz oder einen Lehrer ersetzen sollen, betont Bianchi: Dementsprechend würden auch keine pädagogischen Fachkenntnisse vorausgesetzt. «Die Senioren sind kein Ersatz für Fachkräfte, aber selbstverständlich können sie einzelne Kinder bei den Aufgaben unterstützen», ergänzt Bianchi. Seniorin kocht Quittenplätzli

Die Pensionierten leisten ihre Arbeit unentgeltlich, ihr Einsatz beträgt zwei bis vier Lektionen pro Woche. «Es werden verbindliche, halbjährliche Terminvereinbarungen zwischen Lehrer und Senior getroffen», führt Bianchi aus: Aussetzen sei nach Absprache möglich, wenn zum Beispiel ein Arztbesuch anstehe.

Die Zusammenarbeit schliesst eine Teilnahme an Schulreisen, Elternabenden, Ausflügen, Exkursionen und Projektwochen nicht aus. «Die Vereinbarungen werden halbjährlich erneuert», hält der Stufenleiter Primarschule fest: Der Start für neu ins Programm aufgenommene Senioren erfolgt wohl am 27. Januar, wenn das zweite Semester der Schulen Einsiedeln beginnt.

Dietsche schildert, welche Aufgaben ein Senior übernehmen könnte als Klassenhilfe: In verschiedenen Fächern Hilfestellung geben, beim Zeichnen, Werken und Handarbeiten unterstützen, Erlebnisse von früher schildern, Geschichten lesen und erzählen und in verschiedenen Sprachen helfen.

So sei es schon mal vorgekommen, erinnert sich Dietsche, dass eine Seniorin den Schülern gezeigt habe, wie man Quittenplätzli zubereitet, ein Senior den Kindern das Sousaphon erklärte oder ein Mann der Klasse im Wald aufgezeigt habe, wie Blumen und Moose wachsen und welche Vögel singen.

Ältere beruhigen Schulklassen

Gewisse Anforderungen sollten die Senioren erfüllen können, meint Bianchi: Geduld und Durchsetzungsvermögen haben, Humor pflegen, Vertrauen aufbauen, Toleranz üben, aktiv, präsent und ehrlich sein sowie Zuversicht und Warmherzigkeit ausstrahlen. Bianchi hat festgestellt, dass die Senioren oftmals eine beruhigende Wirkung in den Klassen hinterlassen und die Schüler durch die Präsenz der Älteren nicht so laut waren wie sonst.

«Die Idee mit den Senioren als Klassenhilfe stammt ursprünglich aus den USA», resümiert Dietsche: «Um die Jahrtausendwende übernahmen Gemeinden im Kanton Zürich dieses Projekt.» Als erste Gemeinde im Kanton Schwyz setzte Freienbach im Jahr 2005 Senioren in den Schulen ein. 2017 folgte Einsiedeln. Nun hoffen Pro Senectute und die Schulen Einsiedeln, dass dank des Aufrufs an die Senioren genügend Freiwillige gefunden werden können, auf dass das Projekt erfolgreich fortgesetzt werden kann.

Am 16. Januar findet von 17.30 bis 19.30 Uhr in der Aula des Schulhauses Brüel an der Etzelstrasse 1 in Einsiedeln die Info-Veranstaltung «Freiwillig aktiv in Schule oder Kindergarten» statt.

Marco Bianchi (links), Stufenleiter Primarschule Einsiedeln, und Franz Dietsche, Projektleitung Pro Senectute, erneuern das Projekt «Generationen im Klassenzimmer». Foto: Magnus Leibundgut

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