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Regierungsrat hat während der Corona-Pandemie zu wenig geführt

Regierungsrat hat während der  Corona-Pandemie zu wenig geführt Regierungsrat hat während der  Corona-Pandemie zu wenig geführt

Unklare Krisenorganisation, schlechte Vorbereitung, nicht ausreichende Unterstützung der Ämter, Schulen und Heime, ungenügende Kommunikation: Der Evaluationsbericht zum Covid-19Krisenmanagement deckte etliche Fehler auf.

Jetzt liegt der umfassende Schlussbericht zum Krisenmanagement des Kantons Schwyz während der Covid-19-Pandemie vor. Und dieser zeigt: In vielen Bereichen waren Verwaltung und Regierungsrat schlicht überfordert und ungenügend vorbereitet, die regierungsrätliche Führung wurde oft vermisst oder nicht wahrgenommen.

Im Grossen und Ganzen hätten die zuständigen Stellen aber «trotz herausfordernder Krisensituationen meist geeignete Massnahmen ergriffen und umgesetzt ». Nun will die Regierung Massnahmen zur Behebung der Schwachstellen einleiten. Hier eine Übersicht über die wichtigsten Erkenntnisse in den verschiedenen Bereichen: Vorbereitung

Regierung und Verwaltung waren – wie der Bund und die anderen Kantone auch – nicht angemessen auf den Pandemiefall vorbereitet. Die auf Stufe Kanton existierenden rechtlichen Grundlagen erwiesen sich als nicht ausreichend und als lückenhaft – etwa betreffend Gesundheitsgesetz und Vollziehungsverordnung zur Epidemiegesetzgebung. Weiter waren die im bestehenden kantonalen Pandemieplan definierten Massnahmen nicht umgesetzt worden und konnten folglich nicht greifen. Der Pandemieplan war zudem nicht auf den aktuellen Plan des Bundes abgestimmt, beispielsweise fehlten Konzepte für Schulschliessungen und die Krisenbewältigung in Altersund Pflegeheimen.

Und: Nur wenigen Schlüsselpersonen der Pandemiebewältigung war der besagte Plan bekannt. Festgestellt wurde weiter, dass wichtige Player des Gesundheitswesens und aus der Bildung nicht in die Krisenübungen einbezogen wurden oder dass gewisse Lagerbestände an Schutzmaterialien veraltet und unbrauchbar waren.

Führung, Organisation und Verantwortung Hier deckt der Bericht grosse Mängel auf. Die Zuständigkeiten änderten mehrfach (Sonderstab Corona, Kantonaler Führungsstab, Arbeitsgruppe Corona, wieder der Sonderstab), was das Pandemiemanagement erschwerte. Die Rollen und die Kompetenzen waren ungenügend geregelt, die Vorgaben des Pandemieplans wurden nur teilweise eingehalten. Dass das Amt für Gesundheit und Soziales (AGS) oft sowohl für komplexe Führungs- als auch für schwierige Sachaufgaben zuständig war, führte teilweise zur Überlastung.

Fazit: Es fehlte an einer stabilen, departementsübergreifenden Krisenorganisation mit weitreichenden Kompetenzen und klaren Verantwortlichkeiten. Der Kanton Schwyz reagierte auf die Herausforderungen der Pandemie insgesamt eher zurückhaltend. Die Führung der Schwyzer Regierung war wenig sichtbar.

Bemängelt wird, dass der Schwyzer Regierungsrat wich-tige und schwierige Entscheide, auch solche mit politischer Tragweite, oftmals der Verwaltung überlassen habe. Gewünscht worden wäre eine stärkere politische Führung. «Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass sich zahlreiche Interviewpartnerinnen und -partner in schwierigen Situationen von der politischen Führung des Kantons Schwyz alleingelassen fühlten», heisst es im Bericht.

Personelle Ressourcen Diese waren ungenügend vorhanden, ein eigentliches Kern-problem der Pandemiebewältigung. Die ohnehin schon schlank aufgestellte Verwaltung – insbesondere das AGS und das Amt für Arbeit – war mit einer massiv höheren Arbeitslast konfrontiert und gelangte an ihre Grenzen. Schlüsselpersonen waren teilweise über Gebühr eingespannt.

Die verwaltungsinterne Hilfe aus anderen Ämtern war indes ungenügend. Die Verwaltung verfügte über keine Verzichtsplanung, so wurde fortlaufend ad hoc abgeklärt, welche Aufgaben zwingend zu erfüllen waren und welche zurückgestellt werden konnten. Dadurch konnte der Verwaltungsbetrieb zwar mehrheitlich sichergestellt werden, gewisse Aufgaben erfuhren dadurch aber erhebliche Verzögerungen.

Positiv hervorgehoben wird im Bericht derweil der ausserordentliche Einsatz vieler verwaltungsinterner und -externer Akteure aus dem Gesundheits-, Wirtschafts-, Bildungs- und Sicherheitsbereich.

Gesundheitswesen Hier stellt der Bericht ein gutes Zeugnis aus, da über alles gesehen die Covid-spezifische Gesundheitsversorgung und die Grundversorgung stets sichergestellt werden konnten. Die Organisation des Impfens und Testens wurde von den Befragten weitgehend als positiv beurteilt. Das Contact Tracing hinge-gen stiess in einigen Phasen der Pandemie an seine Grenzen – sprich funktionierte nicht mehr.

Bezüglich Alters- und Pflegeheime wird das Dilemma zwischen Schutz beziehungsweise Isolierung der Bewohnerinnen und Bewohnern und dem Bedürfnis nach sozialen Kontakten hervorgehoben. Hier wären die Verantwortlichen der Heime froh gewesen, wenn sie bei die-sen Entscheidungen mehr Unterstützung vonseiten des Kantons erfahren hätten.

Schulen

Die Massnahmen im Bildungsbereich – Schulschliessungen, Fernunterricht, Maskenpflicht und repetitives Testen – erfuhren seitens der Bevölkerung viel Kritik und waren für die Schulen oft schwierig umzusetzen. Im Bericht tritt nun zutage, dass sich die Verantwortlichen der Schulen vom Kanton mehr Unterstützung gewünscht hätten beziehungsweise gerne in die Entscheidungsfindung miteinbezogen worden wären. Denn die Entscheide des Bildungsdepartements seien teilweise zu weit weg von der Realität des Schulalltags gewesen und die Umsetzung der Massnahmen zu wenig durchdacht worden.

Wirtschaft Die Härtefallmassnahmen und die Kurzarbeits- und Erwerbsersatzentschädigungen wurden von den Ämtern rasch entwickelt und umgesetzt, sodass die Schwyzer Betriebe schnell und wirksam unterstützt werden konnten. Der Bericht bezeichnet das Impulsprogramm «Hopp Schwyz» zudem als Erfolg.

Kommunikation Die wird im Bericht als ungenügend bewertet. Verwaltungsintern sei zu wenig und zu unkoordiniert informiert worden, und vor allem auch nach aussen zu wenig aktiv. Es sei keine Führungsperson, kein Gesicht, erkennbar gewesen, welche die Entscheidungen des Kantons vertrat.

Empfehlungen Auf Basis des nun vorliegenden Berichts wurden fünf Empfehlungen an die Adresse des Schwyzer Regierungsrats formuliert. Konkret sollen die Krisenorganisation und die Zuständigkeiten definiert, der Pandemieplan überarbeitet und kantonale Übungen durchgeführt werden. Weiter müsse die Schwyzer Regierung sichtbarer führen und die Kommunikation in der Verwaltung und mit der Bevölkerung gestärkt werden.

Was passiert nun?

Auch wenn der Schwyzer Regierungsrat einzelne Punkte des Berichts anders beurteile, will er nun daraus seine Lehren ziehen. Konkret habe er auf Grundlage der fünf Empfehlungen bereits erste Aufträge, wie diese umgesetzt werden könnten, an die zuständigen Departemente erteilt. Bericht zum Covid-19-Krisenmanagement Der Schwyzer Kantonsrat hat im Oktober 2022 auf Empfehlung der Schwyzer Regierung das Postulat «Welche Lehren zieht der Regierungsrat aus der Covid-19-Pandemie» der SVP-Kantonsräte Thomas Haas und Alexander Lacher für erheblich erklärt. Der Schwyzer Regierungsrat wurde beauftragt, einen entsprechenden Bericht vorzulegen.

Um die Akzeptanz der Evaluation zu erhöhen, wurde der Bericht extern an die Interface Politikstudien Forschung Beratung AG in Auftrag gegeben. Die Luzerner Firma hat ähnliche Evaluationen auch für andere Kantone und für den Bund gemacht. Inter-face hat das Krisenmanagement des Kantons Schwyz während der Pandemie – Februar 2020 bis Frühjahr 2022 – beleuchtet.

Dies geschah mittels Analyse von Dokumenten – wie Gesetze, Beschlüsse, Krisenpläne, Sitzungsprotokolle und Medienmitteilungen – und der internen Kommunikation. Zudem wurden 24 Interviews mit verwaltungsinternen und -externen Schlüsselpersonen der Krisenbewältigung geführt. Mit wem konkret, wird im Bericht nicht erwähnt.

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