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«Die Einführung von Tempo-30-Zonen erachte ich als eher kritisch»

«Die Einführung von Tempo-30-Zonen  erachte ich als eher kritisch» «Die Einführung von Tempo-30-Zonen  erachte ich als eher kritisch»

Anita Kälin aus Willerzell, 46-jährige Direktorin Unternehmenskommunikation und Nachhaltigkeit eines namhaften internationalen Unternehmens, will für die SVP den Sitz im Bezirksrat Einsiedeln verteidigen, der nach dem Rücktritt von Bezirksammann Franz Pirker frei wird.

Was motiviert Sie, am 14. April für den Bezirksrat Einsiedeln zu kandidieren? Seit rund acht Jahren lebe ich in Einsiedeln, und seither liegt mir dieser überaus schöne Ort am Herzen, von dem ich mich gut aufgenommen fühle. Einsiedeln überzeugt als Arbeits- und Wohnort mit seiner Vielfalt, einem re-gen Vereinsleben, der gepflegten Landschaft, abwechslungsreichen Freizeitmöglichkeiten, dem beeindruckenden Kloster und einem vielfältigen lokalen Gewerbe. Ich möchte mit meiner Kandidatur für den Bezirksrat dazu beitragen, die hohe Lebensqualität dieser Ortschaft zu bewahren oder gar noch zu erhöhen. Haben Sie keine Bedenken, in das Rathaus einzukehren? Im Volksmund wird dieses «Geisterhaus » genannt …

Ich habe keine Angst vor Geistern und bin guten Mutes, dass das neben dem Rathaus gelegene Kloster gegen Geister helfen mag (lacht). Ich stelle mich gerne grossen Herausforderungen, gerade auch im beruflichen Bereich, und habe zudem als nebenamtliche Strafrichterin des Schwyzer Strafgerichts bereits vielen Strafprozessen beigewohnt. Bezirksräte sprechen von einer grossen Belastung im Amt. Können Sie dieses gut mit Ihrem beruflichen Leben verbinden? Bis anhin habe ich beruflich ein 100-Prozent-Pensum bewältigt, das meist eher einem 150-Pensum entsprochen hat. Hinzu kommt das Richteramt, das etwa ein 20-Prozent-Pensum ausfüllt. Nach rund 25 Jahren Berufstätigkeit – davon 15 Jahre in Geschäftsleitungsfunktionen – habe ich die bewusste Entscheidung getroffen, mich beruflich zu verändern, um mir mehr Zeit freischaufeln zu können für anderweitige Mandate im Dienst der Allgemeinheit. Daher ist es mir auch möglich, mich für das 35-Prozent-Pensum im Bezirksrat Einsiedeln zur Verfügung zu stellen. Würde es Sinn machen, anstelle der nebenamtlichen Bezirksräte künftig weniger, dafür aber vollamtliche Bezirksräte einzusetzen?

Es stellt sich die Frage, ob die vollamtlichen Bezirksräte die Aufgaben besser und effizienter erledigen könnten als die Bezirksräte im Nebenamt – und ob sich daraus ein Mehrwert ableiten liesse. Wahrscheinlich würde eine solche Reform zu einer Erhöhung der Ausgaben zu Lasten des Steuerzahlers führen: Kann und will man sich dies leis-ten im Bezirk Einsiedeln? Auch stellt sich die Frage, ob eine Abkehr vom Milizsystem auf eine positive Resonanz im Bezirk Einsiedeln stossen würde.

Es gibt keine Kampfwahlen rund um den Bezirksrat: Was müsste sich in der Politik in Einsiedeln ändern, damit zukünftig das Stimmvolk wieder eine echte Auswahl bei Wahlen in den Bezirksrat hat? Es ist in der Tat nicht ideal, wenn letztendlich für zwei vakante Sitze im Bezirksrat Einsiedeln exakt eine Kandidatin und ein Kandidat zur Verfügung stehen. Grundsätzlich wird es immer schwieriger, willige und geeignete Personen zu finden für die Ämter in den Behörden, obwohl die Nachwuchsförderung unserer Ortspartei in Einsiedeln gut unterwegs ist. Es steht und fällt aber damit, ob die Kandidaten es sich beruflich beziehungsweise finanziell, aber auch privat, einrichten können, ein Teilmandat anzunehmen und auch ob sie bereit sind, sich zu exponieren. Wäre die Gründung eines Parlaments im Bezirk Einsiedeln eine vorstellbare Massnahme, um damit eine transparente, kohärente Politik möglich zu machen und den Druck auf den Bezirksrat dämpfen zu können? Es stellt sich die Frage, ob mit einem Parlamentsbetrieb die politischen Prozesse noch schwerfälliger über die Bühne gehen würden als ohne. Ich wage zu bezweifeln, ob ein Parlament im Bezirk Einsiedeln die politische Arbeit mit der notwendigen Effizienz erledigen könnte. Auch hier ist überdies zu hinterfragen, ob die Kosten eines Parlamentsbetriebs nicht überborden würden. Es ist davon auszugehen, dass die frei werdenden Ressorts «Planung und Gewässer» sowie «Liegenschaften, Sport und » Foto: Magnus Leibundgut

Freizeit» von den neuen Mitgliedern im Bezirksrat Einsiedeln zu besetzen sind. Welches Departement würden Sie gerne übernehmen?

Für beide Ressorts würde ich mich interessieren und mich mit Leidenschaft und Herzblut einsetzen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass ich mich im Ressort Liegenschaften unter anderem bei der Projektgestaltung des Kultur- und Kongresszentrums Zwei Raben sowie bei der Realisierung des Sportzentrums Allmeind aktiv engagieren würde. Da ich beruflich in strategischer Hinsicht tätig gewesen bin,interessiert mich auch die Planung im Bezirk Einsiedeln: In diesem Ressort geht es schliesslich unter anderem um die Entwicklung des Bahnhofareals in Einsiedeln, um die Umsetzung des Systemwechsels der Wuhrkorporationen, aber vor allem auch um die künftige Raum- und Nutzungsplanung des Bezirks. In welchen Bereichen orten Sie Optimierungspotenzial im Bezirk? Welche Aufgaben sollte der Bezirksrat in der kommenden Zeit an die Hand nehmen? Gerade in den oben genannten Ressorts gibt es wichtige Projekte und Geschäfte, die zeitnah umgesetzt werden müssen. Auch könnte eine klare Liegenschaftsstrategie für den Bezirk hilfreich bei der künftigen Entscheidungsfindung sein. Zudem gilt es, die Wirtschaftsförderung weiter zu intensivieren und dank Investitionen die Standortattraktivität in Einsiedeln zu fördern. In Zeiten der Personalknappheit könnte zum Beispiel der ÖV ausgebaut werden, auf dass auch für Pendler aus dem Raum Zürich bessere Verbindungen in den Arbeitsort Einsiedeln geschaffen würden – nicht nur umgekehrt. Sollte sich der Bezirk verstärkt für Velowege und Tempo-30-Zonen einsetzen?

Für den Tourismus aber auch die Bevölkerung in Einsiedeln fällt Velofahren immer stärker ins Gewicht: In diesem Sinne finde ich eine Stärkung der Velo-Infrastruktur sinnvoll. Die Einführung von Tempo-30-Zonen erachte ich demgegenüber als eher kritisch: Im Bezirk Einsiedeln ist man auf das Auto angewiesen – und autofreie Dorfkerne können zu einem Gewerbesterben führen. Ein totes Zentrum will niemand. Überdies können just Tempo-30-Zonen zu mehr Lärm und Emissionen führen. Welche Meinung vertreten Sie beim Sportzentrum Allmeind? Ich bin ein grosser Befürworter von Projekten, die von privaten Initianten zusammen mit dem Bezirk umgesetzt werden. Somit befürworte ich auch dieses Projekt. Vom Sportzentrum Allmeind profitieren sowohl lo-kale Sportvereine wie auch insbesondere die junge Bevölkerung: Es trägt somit auch wieder zur Standortattraktivität des Bezirks bei. Hätten Sie es begrüsst, wenn beim Sportzentrum Allmeind auch ein Hallenbad eingeplant worden wäre? Ich habe mir die Frage auch schon gestellt, denke aber, dass die Initianten einen Grund hat-ten, dies nicht zu berücksichtigen. Eventuell mangelte es an der Wirtschaftlichkeit eines Hallenbads. Dies müssten aller-dings die Initianten beantworten. Die Wirtschaftlichkeit des Projekts war ja auch ohne Bad bereits ein grosses Thema. Wohin bewegt sich die Welt?

Ich bin eine Optimistin,und so hoffe ich, dass sich die weltpolitische Lage bald wieder etwas beruhigt. In Europa sehe ich eine grosse Herausforderung in der sinkenden Produktivität und im Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit. Denn beides sind wichtige Faktoren für den Erhalt unseres Wohlstands. Hinsichtlich der Ökologie stehen wir global vor riesigen Herausforderungen. Dies vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. Ich war kürzlich in Indien und habe da Licht und Schatten gesehen: Einerseits floriert dieses Land wirtschaftlich enorm, andererseits hat das Land in Sachen Ökologie noch immer einen grossen Nachholbedarf. Hier könnten Schweizer Unternehmen und Organisationen durch einen besseren Austausch von Know-how und Technologien einen wirklichen Unterschied machen für unseren Planeten.

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