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«Die Aufgaben könnten mit fünf oder sieben Bezirksräten erledigt werden»

«Die Aufgaben könnten mit fünf oder sieben Bezirksräten erledigt werden» «Die Aufgaben könnten mit fünf oder sieben Bezirksräten erledigt werden»

Nach acht Jahren im Bezirksrat Einsiedeln trat Stefan Kälin (SP) im Jahr 2020 zurück. Nun kandidiert der 56-jährige Berufsschullehrer aus Gross erneut für den Rat: «Ich habe Lust und Kraft, mich nochmals für das hiesige Leben zu engagieren und es nachhaltig mitzugestalten.»

Was motiviert Sie, am 14. April für den Bezirksrat Einsiedeln zu kandidieren? Vor vier Jahren hatte ich mit der Politik abgeschlossen. Ich hatte meinen Dienst für die Allgemeinheit erfüllt, und nun waren andere aufgerufen, sich zu engagieren. Nachdem Fredi Zehnder seinen Rücktritt erklärt hatte, mach-te sich die SP auf die Kandidatensuche. Jüngere Leute hat die Partei leider nicht finden können. So stellte sich für mich die Frage, ob ich nochmals kandidieren soll – immerhin kenne ich die Abläufe und profitiere von meinen Erfahrungen in diesem Amt. Politik ist eine gefährliche Angelegenheit: Zu Beginn Ihrer letzten Amtszeit haben Sie eine Morddrohung erhalten. Wieso tun Sie sich das an und kandidieren erneut?

Die Morddrohung als Bezirksrat war ein harter Schlag. Aber davon lasse ich mich nicht unterkriegen! Ich habe Lust und Kraft, mich nochmals für das hiesige Leben zu engagieren und es nachhaltig mitzugestalten. Dies empfinde ich als bereichernd und bereitet mir Freude. Wir leben in einer wunderschönen Region, die sich positiv weiterentwickelt. Es stehen überaus spannende Projekte an, wie zum Beispiel das Sportzentrum Allmeind, der Einsiedlerhof, der Umbau der Hauptstrasse, die Zukunftsentwicklung des Dorfzentrums oder die Transformation des Bahnhofareals.

Bezirksräte sprechen von einer grossen Belastung im Amt. Müsste das Pensum der Räte erhöht werden? Das hängt stark mit dem persönlichen Engagement zusammen. Ich wurde für mein Amt damals mit 35 Prozent entlöhnt. Mein Aufwand betrug jeweils vierzig bis fünfzig Prozent. Natürlich könnte man über eine Pensenerhöhung für Bezirksräte diskutieren, auch wenn meiner Meinung nach eine gewisse ehrenamtliche Tätigkeit zum Bezirksratsmandat dazugehört. Besteht ein Reformbedarf in der Struktur des Bezirksrats, auf dass das Amt den Mandatsträger erfüllen mag?

Vorstellbar ist, dass die Effizienz der Bezirksarbeit dank einer Strukturreform verbessert werden könnte. Anstatt mit neun Bezirksräten könnten die Aufgaben mit fünf oder sieben erledigt werden. Dabei müssten aber die Pensen und die Organisationsstrukturen deutlich angepasst werden. Eine weitere Möglichkeit wäre, für den Bezirksammann ein Vollamt zu schaffen. Auf jeden Fall würde es nicht schaden, wenn die Gesamtthematik an einem politischen, runden Tisch nochmals diskutiert wird. Es gibt keine Kampfwahlen rund um den Bezirksrat: Was müsste sich in der Politik in Einsiedeln ändern, damit zukünftig das Stimmvolk wieder eine echte Auswahl bei Wahlen in den Bezirksrat hat? Es ist nicht ideal, wenn für zwei vakante Sitze exakt eine Kandidatin und ein Kandidat zur Verfügung stehen. Grundsätzlich wird es immer schwieriger, willige und geeignete Personen zu finden für die Bezirksratswahlen. Ich würde es begrüssen, wenn auch parteilose Personen kandidieren würden. In einer Partei sein zu müssen, kann einengend wirken. Heftige Kritik am Bezirksrat schreckt zudem ab. Ein wohlwollenderer Umgangston gegenüber den Amtsträgern wäre hilfreich. Wäre die Gründung eines Parlaments im Bezirk Einsiedeln eine vorstellbare Massnahme, um damit eine transparente, kohärente Politik möglich zu machen und Druck auf den Bezirksrat dämpfen zu können? Nein, das finde ich für unseren Kanton keine gute Idee. In städtisch geprägten Kommunen des Kantons Zürich mag eine Politik mit einem Parlamentsbetrieb funktionieren – bei uns würde das wohl keinen Anklang finden. Hingegen würde ich eine breite Diskussion über die Reduzierung respektive Fusionierung der aktuell dreissig Schwyzer Gemeinden gewinnbringender finden. Welches Departement würden Sie gerne übernehmen? In der Regel behalten die bisherigen Bezirksräte ihre Ressorts. Die neuen Mitglieder im Rat übernehmen also oft die freiwerdenden Ressorts. So wäre davon auszugehen, dass die Ressorts «Planung und Gewässer» sowie «Liegenschaften, Sport und Freizeit » zu besetzen sind. Ich würde gerne das Letztere übernehmen, weil mein Leben stark in den Bereichen Sport und Musik, also der Freizeitgestaltung, verankert ist. Dort könnte ich viel für die Allgemeinheit bewirken, denn mein Geist sprudelt immer noch vor Ideen, und ich setze gerne um. Welche Ziele setzen Sie sich als Bezirksrat? Was möchten Sie bewegen?

Ich würde mich gerne in der Projektgestaltung des Kultur- und Kongresszentrums Zwei Raben engagieren sowie in der Realisierung des Sportzentrums Allmeind: Ich bin guten Mutes, dass die Vorlage im Herbst von der Bevölkerung angenommen wird – falls denn der Verwaltungsrat der Genossenschaft «Sportzentrum Allmeind» aufzeigen wird, wie die Kostenentwicklung adäquat gestaltet werden kann. Was läuft gut im Bezirk Einsiedeln? In welchen Bereichen or-ten Sie Optimierungspotenzial? Ich erachte es als ein gutes Zeichen, dass die Einsiedlerinnen und Einsiedler in den vergangenen Jahren überwiegend Ja gesagt haben zu Projekten, die einen Mehrwert für den Bezirk darstellen. Das war in früheren Zeiten anders, als der Steuerfuss und der Steuerwettbewerb stets über allem stand. Gezielte Investitionen in unsere Lebensqualität erfahren eine verstärkte Gewichtung. Nach wie vor ungelöst ist das Parkplatzproblem während Grossanlässen im Klosterdorf. Welche Aufgaben sollte der Bezirksrat in der kommenden Zeit an die Hand nehmen? Mit Bestimmtheit ist die Gestaltung des Bahnhofareals ein wichtiges und die Zukunft prägendes Projekt, das der Bezirksrat mitzugestalten hat. Mitinvolviert ist dabei das Thema Verkehr, der unvermindert ansteigt. Mit dem neuen Richtplan hat man die Chance, die Verkehrsströme geeigneter zu lenken und zugleich dem Langsamverkehr, den Velofahrer und den Fussgänger, sichere Wege einzuräumen. Sollte sich der Bezirk verstärkt für Velowege einsetzen? Auf jeden Fall! Dank des E-Bike- Booms kann man sich rasch im Bezirk bewegen, und es ist gesund. Parkieren vor den Geschäften und Einkaufen ist problemlos möglich. Auch das Erleben unserer Region per Bike ist ein besonderer Genuss. Längst ist Einsiedeln ein Mekka für Velofahrer geworden: Für den Tourismus fällt Radfahren immer stärker ins Gewicht. All dies spricht für eine Stärkung der Velo-Infrastruktur! Notwendig ist es sowieso: Zum Beispiel ist das Velofahren auf der engen Kantonsstrasse zwischen Birchli und Gross gefährlich – und nicht nur dort. Fehlt es dem Klosterdorf an einem Hallenbad?

Ja, ich finde schon! Ich persönlich wäre auch bereit, etwas mehr Steuern dafür zu bezahlen. Ein Hallenbad ist naturgemäss mit hohen Kosten verbunden: Ob dies eine Mehrheit mitträgt,ist fraglich. Es wäre auf jeden Fall spannend, bei einer Konsultativabstimmung den Grundtenor der Bevölkerung einzuholen. In Rothenthurm gab es übrigens am 3. März ein überwältigendes Ja zu ihrem «kleinen, aber feinen Hallenbad». Wohin bewegt sich die Welt?

Wir leben in einer Welt voller Krisen und naher Kriege. Es entwickelt sich ein Pulverfass, das jederzeit in die Luft zu gehen droht. Ich bete, dass dem nicht so sein wird.

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