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Eine niederländische Käsefrau brachte frischen Wind in die Einsiedler Fasnacht

Eine niederländische Käsefrau brachte frischen Wind in die Einsiedler Fasnacht Eine niederländische Käsefrau brachte frischen Wind in die Einsiedler Fasnacht

Seit 2001 hat die Schnitzelbankgruppe «Frau Antje» am Schmutzigen Donnerstag die Bevölkerung mit ihren Liedern und Versen unterhalten. Und nun im Jahr 2024 ist damit Schluss. Der Einsiedler Anzeiger hat sich mit den singenden Frohnaturen unterhalten.

Den Kern der Schnitzelbankgruppe «Frau Antje» bilden vier Turner- und Fasnachtskollegen: Roland «Chiemä» Fässler, Markus «Meny» Kälin, Urs «Bärädi» Schönbächler und Roland «Sunny » Ochsner. Beim eidgenössischen Turnfest 1991 entstand die Idee, eine Fasnachtsgruppe zu gründen, um so gemeinsam an Anlässen teilzunehmen. So entstand das «Team Heineken». Diese Gruppe nahm als Grossgruppe alljährlich am Mäuderball teil. Und der Sieg bei der Maskenprämierung in dieser Kategorie war ihnen in fast allen Jahren sicher. Jedes Jahr wurde eine Generalversammlung abgehalten, dies dem Namen gerecht, einige Male auch in den Niederlanden. Als es ein Mal wieder auf die Heimreise ging, waren im damals noch währungsgeteilten Europa holländische Gulden übrig. So entschied ein Teil der Gruppe, das Geld in währschaftes Schuhwerk zu investieren. Gesagt, getan und es wurden hölzige «Zoggeli», sogenannte «Klompen», gekauft.

Antje wer?

Mit der Zeit geriet der Kauf in Vergessenheit. Die Idee, als Schnitzelbankgruppe an der Fasnacht mitzumachen, entstand langsam. Als es konkreter wurde, wurde nach Ideen gesucht, als was Mann denn gehen könnte. Irgendwer erinnerte sich dann an den Kauf der «Klompen». Und die Idee reifte, sich als «Frau Antje» herzurichten und so singend von Beiz zu Beiz zu ziehen. Doch wer ist eigentlich Frau Antje? Dies ist die Werbefigur des niederländischen Molkereiverbandes und stand von 1961 bis in die 90er-Jahre im Mittelpunkt der Werbung. Sie machte in die-ser Zeit Werbung für Käse aus Holland. Und schon war auch das Auftrittslied gegeben: «Frau Antje bringt Käse aus Holland», den Jingle aus der Werbung. Mit dem blonden Haar, die traditionelle holländische Spitzenhaube, dem gestreiften Hemd und dem Rock mit Schürze war das Aussehen auch klar. Elvira Fässler, Mutter von Roland Fässler, erstellte 2001 die ersten Kostüme. 2012 erhielten die Kostüme ein «Update» und wurden von Patricia Schönbächler, Frau von Urs und Schneiderin, in Anlehnung an ein Dirndl mit holländischem Einschlag neu gemacht. Und seit jenem Jahr hatten die Herren Zeit, in die Kostüme zu wachsen. Vierzeiler und passendes Lied

Kleidsam ausgerüstet ging es dann an die Verse und Reime. Während dem Jahr wurden die Geschehnisse gesammelt. Im Herbst fanden fünf Sitzungen statt und Themen wurden genauer angeschaut, andere aber wieder aussortiert. Ziel war es immer, einen Vierzeiler zu erstellen, der mit einem «Knaller» aufhörte. Die Themen wurden gemeinsam gesucht und gefunden, geschrieben wurden die Texte aber von den beiden Rolands. Die Verse wurden jeweils vorgetragen und zum Abschluss ein passendes Lied mit entsprechendem neuen Text gesungen. Damit genügend Lieder zur Auswahl standen, wurden alle möglichen Liederbücher erworben. Seien dies Schullieder, Pfadilieder oder andere Druck-Erzeugnisse. Alles wurde zusammengetragen und bei Bedarf hervorgenommen. Sobald ein Lied bestimmt war, ging es auf die Suche nach den Noten. In den Anfangsjahren wurden so die bekannten Musikhäuser in der näheren und weiteren Umgebung nach genau jenem Lied abgesucht. Und häufig eine CD mit genau einem, und vielen weiteren Songs, gekauft. Mit der Zeit wurde es einfacher, dank dem Internet wurde das Ganze doch sehr vereinfacht.

Musikalisch entwickeln Roland Ochsner begleitete seine Kameraden zuerst auf der Ukulele, später dann auf der Gitarre. Mit der Zeit wurde das aber für ihn immer schwieriger und sie entschieden sich, hier musikalische Hilfe zu holen. Somit konnten sich alle auf den Gesang konzentrieren. 2009 kam Peter Marggi dazu und begleitete sie auf dem Akkordeon. Erich «Kafeeli» Kälin ergänzte 2011 die Gruppe als zweiter Akkordeonspieler. Ab 2013 half er dann beim Gesang mit. Als Marggi 2012 unfallbedingt nicht spielen konnte, wurde Edgar Ott ins Boot geholt, ebenfalls mit Akkordeon. Dieser kam aus einer anderen musikalischen Sparte, setzte so andere Akzente und brach-te die Antjes weiter. Diese Siebner Besetzung bestand bis und mit dem Jahr 2020. Als nach der Pandemie 2022 der übliche Neustart erfolgte, waren die vier Gründungsmitglieder und neu Laurent Girard am Akkordeon in der Formation. Und mit ihm fand eine weitere musikalische Entwicklung statt. Und so wirkten im Abschlussjahr 2024 nochmals alle ausser Edgar Ott mit.

Bilder und Zeichnungen Nachdem die Verse und Lieder klar waren, ging es daran, die entsprechenden Bilder herzustellen. Diese Hauptaufgabe fiel Roland Fässler zu. Er schuf die entsprechenden Visualisierungen. Falls Zeichnungen notwendig wurden, liess Urs Schönbächler sein kreatives Talent aufblitzen und schuf einmalige «Gemälde».

Zu Beginn gab es noch keinen fixen Routenplan und die Chörli spielten gerade dort, wo es Platz hatte. Und so liefen sie zu Beginn einfach mal den «Humirosis» nach und sangen nach ihnen ihre Schnitzelbank. Mit der Zeit wurde ein Routenplan durch die Tolggä koordiniert und erstellt.

Während ihrer Schnitzelbankkarriere waren auch einige Schwierigkeiten zu meistern. So lebte und arbeitete Roland Ochsner von 2004 bis 2007 in London beziehungsweise Singapur. Da galt es, alles gut zu organisieren. Proben fanden via Skype statt. Er selbst managte alle wichtigen Termine rund um die Fasnacht, denn die galt es nicht zu verpassen.

Dauerbrenner Bezirksrat Im allgemeinen Rückblick gilt es festzuhalten, dass der löbliche Bezirksrat das wohl am meisten erwähnte Thema war, gleich vor dem Einsiedlerhof. Ebenso oft kamen die Einsiedler Schanzen und ihr Lieblingsarzt Zeno Schneider in den Bänken vor. Und natürlich auch der Einsiedler Anzeiger mit dem ehemaligen verantwortlichen Redaktor Victor Kälin war ein Dauerthema. Er war da schon immer ein bisschen arm dran, geben die Antjes unumwunden zu. Aber auch Pater Aaron fand schon Aufnahme in eine Schnitzelbank als George Clooney Einsiedelns. Frau Antje spielte oft auf eine Person. Themen,bei welchen Leid geschah, griffen sie nie auf.

Unter den verschiedenen Chören herrschte jeweils ein gesunder Wettbewerb mit dem obligaten «hoch nehmen». Auf was die Antjes stolz sind, ist das «FaChöisi», das Fasnachtschörli- unter-sich am Montag vor dem Schmutzigen Donnerstag. An diesem Tag treffen sich alle Chöre in der Cineboxx und sin-gen die Bänke gegenseitig vor. Und ja, so konnten die Tolggä endlich sehen, dass nicht sie die Besten seien. Und nun nach 23 Jahren ist Schluss. Einige wollten aufhören, andere wollten weitermachen. Da sie aber alle gemeinsam starteten, hören sie nun auch gemeinsam auf. Sie schauen auf eine erfolgreiche Zeit zurück. Es sei ihnen gelungen, die Leute zum Verkleiden zu animieren. Nun heisst es aber nach 335 Versen, 285 Liedtexten und 212 Liedern Abschied zu nehmen. Die Perücken werden eingemottet und die Kostüme definitiv in den Fasnachtsschrank gehängt.

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