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«Wir können eine hohe Einigungsquote feststellen»

«Wir können eine hohe  Einigungsquote feststellen» «Wir können eine hohe  Einigungsquote feststellen»

Lena Furrer, Sekretärin der Schlichtungsbehörde im Mietwesen im Bezirk Einsiedeln, steht Red und Antwort zu den Mietzinsanfechtungen: «Wir haben im vergangenen Jahr einen Rekordwert an Fällen beobachtet, die bei der Schlichtungsbehörde gelandet sind.»

Wie häufig wird die Schlichtungsbehörde aufgesucht?

Im letzten Jahr sind 39 Fälle bei der Schlichtungsbehörde im Mietwesen des Bezirks Einsiedeln eingegangen. Das ist die höchste Quote seit Beginn der Erfassung im Jahr 2007. Das bedeutet teilweise sogar eine Verdoppelung der Fälle im Vergleich zu früheren Jahren. Im Jahr 2014 gab es zum Beispiel 14 Fälle. Letztes Jahr wurden nur zwei Fälle an das Bezirksgericht Einsiedeln weitergezogen. In den anderen abgeschlossenen Fällen wurde eine Einigung der Parteien erreicht. Fast die Hälfte der Fälle drehte sich letztes Jahr um Mietzinsanfechtungen. Bedingung für ein Verfahren vor der Schlichtungsbehörde im Mietwesen des Bezirks Einsiedeln ist, dass die Liegenschaft im Bezirk Einsiedeln liegt. Der Wohnsitz der Parteien ist belanglos: So kann es auch sein, dass der Vermieter aus dem Ausland kommt und für die Schlichtungsverhandlung anreisen muss oder sich vertreten lassen kann.

Wenn sich bei Ihnen die Pendenzenberge türmen: Brauchen Sie mehr Personal? Ich bin als Juristin in einem 50-Prozent-Pensum beim Bezirk Einsiedeln angestellt. Bisher machte die Arbeit für die Schlichtungsstelle im Mietwesen rund zehn Prozent von diesem Pensum aus. Um die Welle der Mietzinsanfechtungen bewältigen zu können, arbeitete ich letztes Jahr jedoch durchschnittlich in einem 20bis 40-Prozent-Pensum für die Schlichtungsbehörde im Mietwesen. Damit war es beim Bezirk Einsiedeln bisher nicht nötig, zusätzliches Personal für die Schlichtungsstelle im Mietwesen anzustellen.

Wenn Verhandlungen erst nach dem Termin stattfinden, auf welchen die Mietzinserhöhung angekündigt wurde: Dürfen Verwaltungen die geplanten Mietzinserhöhungen an die Bewohner weitergeben?

Nein, solange das Verfahren läuft, ist die angekündigte Mietzinserhöhung (noch) nicht geschuldet. Allerdings gilt die Mietzinserhöhung rückwirkend auf das angekündigte Datum, wenn der Vermieter vor Gericht Recht erhält, den Mietzins korrekt erhöht zu haben.

Die Mietsituation ist auch im Hochpreis-Mietkanton Schwyz angespannt. Wie werden die aktuellen Mietzinserhöhungen von den Vermietern hauptsächlich begründet?

Viele Vermieter nahmen die Steigung des Referenzzinssatzes als Anlass, die Mietzinsen zu erhöhen. Seit Sommer 2023, als der Referenzzinssatz auf 1,5 Prozent angestiegen ist, gingen bei uns überdurchschnittlich viele Schlichtungsgesuche ein. Das gleiche erlebten wir im Dezember 2023, als der Referenzzinssatz erneut auf 1,75 Prozent anstieg. In den meisten Fällen wurde neben dem steigenden Referenzzinssatz auch der Teuerungsausgleich geltend gemacht. Zudem wurde die Mietzinserhöhung zusätzlich teilweise auch mit einer allgemeinen Kostensteigerung begründet.

Welche Mieterinnen und Mieter melden sich bei Ihnen? Die Schlichtungsbehörde im Mietwesen ist für alle Streitigkeiten betreffend Mietverhältnisse von Wohn- und Geschäftsräumen zuständig. Dazu zählen beispielsweise Kündigungen, Forderungen, Mietzinssenkungen oder auch Mietzinserhöhungen. Betreffend Mietzinserhöhungen melden sich beispielsweise Mieter, denen frühere Referenzzinssatzsenkungen nicht weitergegeben worden sind oder auch Mieter, die mit der Berechnung der Mietzinserhöhung beziehungsweise gewissen darin geltend gemachten Gründen nicht einverstanden sind. Viele Mieter sind bei Erhalt der Ankündigung einer Mietzinserhöhung zunächst verunsichert, ob diese rechtens ist.

Wie können sich Mieter über den Stand der Dinge informieren, ob eine Mietzinserhöhung rechtens ist oder nicht? Um sich einen Überblick zu verschaffen, ob eine Mietzinserhöhung korrekt erfolgt ist, stehen einem diverse Mietzinsrechner, beispielsweise auf der Webseite des Mieterverbands oder des Hauseigentümerverbands, zur Verfügung. Damit kann die zulässige Veränderung des Mietzinses ausgerechnet werden. Im Rahmen der Rechtsberatung stellt die Schlichtungsbehörde im Mietwesen des Bezirks Einsiedeln auf ihrer Webseite zudem ein Formular für eine erste summarische Einschätzung einer Mietzinserhöhung zur Verfügung. Dabei wird formell kein Schlichtungsverfahren eröffnet. Dafür ist die Einreichung eines fristgerechten Schlichtungsgesuchs notwendig.

Wie sollte ein Mieter vorgehen, wenn er mit der Mietzinserhöhung nicht einverstanden ist? Wer die Ankündigung einer Mietzinserhöhung vom Vermieter erhält, hat daraufhin dreissig Tage Zeit, um die Mietzinserhöhung zu überprüfen. Kommt der Mieter zum Schluss, dass die Mietzinserhöhung nicht korrekt erfolgt ist, kann innerhalb die-ser dreissig Tage ein Schlichtungsgesuch zur Anfechtung der Mietzinserhöhung bei der zuständigen Schlichtungsbehörde im Mietwesen eingereicht werden. Eine Vorlage für das Gesuch findet man auf unserer Webseite.

Wie läuft das Verfahren weiter?

Die Schlichtungsbehörde im Mietwesen ist eine unabhängige und paritätische Instanz und besteht aus drei Mitgliedern: Darunter befinden sich der Präsident der Schlichtungsstelle und jeweils eine Vertretung auf Mieterschafts- und Vermieterschaftsseite. Ziel der Schlichtungsbehörde ist die Einigung der Parteien. Grundsätzlich lädt sie dafür zu einer Schlichtungsverhandlung vor, an dem die Sachlage geklärt und eine korrekte Lösung gesucht wird. Dieses Verfahren ist gratis. Ziel ist es, sich zu einigen und so ein langjähriges und teures Gerichtsverfahren zu vermeiden. Mit einem von beiden Parteien unterzeichneten Vergleich kann das Schlichtungsverfahren abgeschlossen werden. Dieser ist für Mieter und Vermieter verbindlich. Sollte es im Schlichtungsverfahren zu keiner Einigung kommen, wird eine Klagebewilligung ausgestellt, und es muss fristgerecht eine Klage am Bezirksgericht Einsiedeln eingereicht werden. Was sind die häufigsten Streitpunkte?

So pauschal lässt sich das nicht beantworten und ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Ein Blick auf die Fälle im vergangenen Jahr zeigt folgende Verteilung: 45 Prozent der Fälle betrafen Mietzinserhöhungen, 30 Prozent betrafen Kündigungen des Mietverhältnisses, 20 Prozent umfassen Geldforderungen, und 5 Prozent der Fälle betrafen Nebenkosten.

Ihre Behörde versucht zu schlichten. Wie erfolgreich ist das möglich? Im vergangenen Jahr konnten wir ein sehr positives Fazit ziehen: In 34 von insgesamt 36 abgeschlossenen Fällen konnte das Schlichtungsverfahren, meist aufgrund Einigung der Parteien, abgeschrieben werden. Wir können also eine hohe Einigungsquote feststellen. Nur gerade in zwei Fällen wurde eine Klagebewilligung ausgestellt. Bei der Anfechtung einer Mietzinserhöhung wird dem Vermieter die Klagebewilligung ausgestellt. Dieser will schliesslich eine Änderung der Mietverhältnisse beziehungsweise des Mietvertrags erreichen.

Die Schlichtungsbehörden im Kanton Zürich haben sich darauf geeinigt, dass Vermieter die Kostensteigerung künftig nachweisen müssen. Wie sieht das im Bezirk Einsiedeln aus? Das Bundesgericht verlangt grundsätzlich den effektiven Nachweis einer Kostensteigerung und erklärt Pauschalen nur im Ausnahmefall für zulässig. Wir empfehlen den Vermietern daher, keine Pauschalen für die allgemeine Kostensteigerung geltend zu machen, sondern die effektive Kostensteigerung durch Vergleichsrechnung zu ermitteln und die effektive Kostensteigerung bei der Mietzinserhöhung geltend zu machen.

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