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«Mein ganzes Leben ist Musik»

«Mein ganzes Leben ist Musik» «Mein ganzes Leben ist Musik»

Vor sechzig Jahren gründete Pepe Lienhard seine erste Big Band – und vor vierzig Jahren trat er in Monte Carlo mit einer Reihe von Weltstars auf

Am 1. und am 2. März geht im Mauz Music-Club in Einsiedeln die «Frank Sinatra Night» mit Erwin Füchslins Let’s Go Big Band über die Bühne. Der 77-jährige Musiker Pepe Lienhard steht Red und Antwort zur Bedeutung und zum Gedeihen von Big Bands in diesen Zeiten.

Musik ist Ihr Lebenselixier. War Musiker zu werden bereits Ihr Bubentraum? Nein, ganz im Gegenteil (lacht), ich wollte vielmehr Tierarzt werden. Mit sieben Jahren habe ich angefangen, Blockflöte zu spielen, mit elf Jahren Saxophon. Meine musikalische Karriere begann im Jahr 1958, als ich als Zwölfjähriger meine ers-te Band gründete: The College Stompers Lenzburg. Gespielt ha-ben wir dem Zeitgeist gemäss: Dixieland. Fünf Jahre später formierte ich als Schüler der Kantonsschule Aarau meine erste Big-Band und gewann mit dieser Formation zwei Jahre später am renommierten Zürcher Jazz Festival den ersten Preis in der Kategorie Big Band. Sie haben Ihre Profession zum Beruf gemacht. Würden Sie die Musik gleichsam als Ihre Berufung bezeichnen?

Es gab eine Zeit, da hatte ich noch ganz anderes im Kopf: Ich habe zwar vier Semester lang Jus studiert und dann aber das Studium abgebrochen. Von da an stand Musik definitiv im Mittelpunkt meines Lebens: Musik ist mein Leben und meine Leidenschaft, die ich mit Leib und Seele ausübe. Musik fordert allerdings auch ihren Tribut: Berufsmusiker zu sein bedeutet tägliches Üben. Hinzu kommen unzählige Auftritte: Damals sind wir jeden Abend irgendwo aufgetreten. Worauf führen Sie Ihre ungebrochen grosse Popularität zurück? Wir sind immerzu dran geblieben, haben Musik für die Leute gespielt, waren nah bei den Menschen. Wir sind sehr fleissig gewesen und haben uns stets bemüht, musikalische Qualität zu liefern. Wir waren sicherlich nicht Revolutionäre, die mit ihrer Musik die Welt verändern wollten. Unsere Musik war weniger experimentell oder progressiv ausgerichtet. Manche Kritiker haben immer wieder mal eingeworfen, dass unsere Musik kommerziell sei. Aber wir hat-ten grossen Erfolg damit, und wir sind unserem Musikstil treu geblieben.

Wenn Sie eine Zeitreise unternehmen könnten: In welcher Epoche hätten Sie gerne gelebt?

Zweifelsohne würde ich gerne in die 40er- und 50er-Jahre zurück reisen, eine Zeit, in welcher der Swing seine Hochblüte erlebte und die von Musikern wie Fred Astaire und Ginger Rogers geprägt wurde. In der Swingära näherten sich Entertainment und Kunst einander an: Der Jazz machte Kompromisse, um populär zu werden, und bewahrte sich doch seine Eigenheiten. Die Verbreitung des Swings ist untrennbar mit der Entstehung von Big Bands verbunden, oft auch als Jazzorchester bezeichnet, was auf die Grösse der Besetzung schliessen lässt. Am 1. und 2. März geht im Mauz in Einsiedeln die «Frank Sinatra Night» mit Erwin Füchlins Let’s Go Big Band über die Bühne. Welche Erinnerungen haben Sie an die beiden? Erwin Füchslin lernte ich bei der Swiss Army Big Band kennen, die ich damals geleitet hatte: Er hat exzellent Trompete gespielt, kein Wunder sorgt seine Let’s Go Big Band seit Jahrzehnten für Furore. Mit Frank Sinatra habe ich zwei Mal zusammengespielt, als unsere 14-köpfige Showband im Sporting Club in Monte Carlo engagiert worden ist. Frank Sinatra war sehr freundlich, keineswegs abgehoben oder arrogant. Er ist bei den Proben dabei gewesen und war gegenüber der Band sehr zugänglich: Ich habe Frank Sinatra als Mensch kennengelernt, der sich auf Augenhöhe mit den Musikern bewegte. Können Sie noch ein Wort über Kent Stetler verlieren, der an der Frank Sinatra Night im Mauz für die Vocals zuständig ist?

Der kanadische Jazzsänger Kent Stetler kann trotz seiner jungen Jahre bereits auf eine aussergewöhnliche Karriere blicken: Ich engagierte ihn von der «Swiss Jazz School» weg als Leadsänger für meine Big Band, wodurch er Bekanntschaft mit Udo Jürgens machte. Es folgten Duet-te und Tourneen mit dem im Jahr 2014 verstorbenen, internationalen Star. Weitere Meilensteine seiner Karriere waren Auftritte mit verschiedenen Jazzgrössen: So konnte Stetler zum 75. Geburtstag des legendären amerikanischen Produzenten Quincy Jones mitwirken. Wie kam es dazu, dass Sie ab den 80er-Jahren Weltstars wie Frank Sinatra, Samy Davis jr., Donna Summer und Shirley Bassey mit Ihrer Big Band begleitet haben? Im Jahr 1980 wagte ich den Schritt zur Gründung einer Grossformation. Eine Entscheidung, die ich bis heute nie bereut habe, denn meine professionelle Big Band wurde schnell zur gefragten Formation für die musikalische Begleitung von Weltstars. War Quincy Jones Ihre Erleuchtung bei dessen Konzert im Kursaal Baden im Jahr 1961? Ja, das kann man so sagen. Ein grosser Traum erfüllte sich für mich dann viele Jahre später durch die Zusammenarbeit mit meinem grossen Idol Quincy Jones: Im Rahmen des Montreux Jazz Festivals realisierte ich für Quincy Jones bereits im Jahr 2008 eine Hommage zu dessen 75. Geburtstag, und gemeinsam bestritten wir die grosse Geburtstags-Gala «50 Jahre Jazz Festival Montreux». Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Udo Jürgens? Im Jahr 1977 zog Udo Jürgens von Deutschland in die Schweiz, weil er Steuerprobleme hatte. Er bezog eine Penthouse-Wohnung am Bellevue in Zürich. Ich lernte Udo Jürgens dank unseres gemeinsamen Managers Freddy Burger kennen. Während 37 Jahren begleitete ich fortan den bekannten Entertainer bei seinen grossen Konzerttourneen auf der ganzen Welt. Was zeichnet einen guten Band-leader aus?

Man muss als Bandleader gut führen können und gleichzeitig den Musikern mit Respekt begegnen. Die besten Musiker sind oft nicht die einfachsten Charaktere. Ich war als Bandleader den Musikern in meiner Band immerzu auch ein Freund, der ihnen bei privaten Problemen ein offenes Ohr leihte. Blasmusik hat es schwer in die-sen Zeiten: Die Jugend bevorzugt andere Instrumente. Wie steht es um den Nachwuchs in Big Bands? Viele Dorfvereine und Musikgesellschaften klagen über Nachwuchsprobleme. Keine Sorgen müssen sich Vereine machen, die gut geführt sind und die sich gegenüber zündenden Ideen of-fen zeigen. Die Big Bands ha-ben naturgemäss in den heutigen Zeiten nicht mehr diesel-ben Möglichkeiten wie in den 50er- und 60er-Jahren: Es gab damals auch viele Dancings und Konzertlokale, in denen sich die Musiker viel Routine aneignen konnten. Diese Zeiten sind längstens vorbei. Träumen Sie des Nachts von Klängen und Tönen, Melodien und Rhythmen? Ich träume selten direkt von der Musik, habe aber allenthalben Albträume, was das Organisatorische betrifft: Ich verpasse den Zug im Traum und damit meinen Auftritt. Oder ich vergesse die Noten … Haben Sie beruflich noch Wünsche?

Wir haben vieles erreicht. Allfällige Träume drehen sich nur da-rum, das Erreichte bis ans Ende meiner aktiven Tage zu bewahren. Das ist mit Sicherheit nicht mit Verharren an Ort gleichzusetzen. Ich will flexibel und gegenwartsorientiert bleiben. Ich will mich keinem festgefahrenen Sound verschreiben, denn ich darf mit Fug und Recht behaupten: Mein ganzes Leben ist Musik. Sind in diesem Jahr weitere Projekte geplant Ihrerseits? Ich bin immer noch auf Achse und schmiede Pläne mit meiner Big Band: Am 8. April spielen wir zum Beispiel ein Konzert mit dem jamaikanischen Pianisten Monty Alexander im KKL in Luzern. Und unter dem Titel «Da Capo Udo Jürgens» hat eine brandneue Show im Herbst Premiere, die eine phänomenale Weltkarriere gebührend feiert. «Da Capo Udo Jürgens » ist ein musikalisches Best Of und damit eine Zeitreise durch das Werk eines absoluten Ausnahmekünstlers – in einer spektakulären Umsetzung. Am 10. November ist die Show im Hallenstadion in Zürich zu sehen: Man hört und sieht Udo Jürgens live auf einer grossen LED-Wand agieren – dazu spielen wir in der quasi Original-Besetzung.

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