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Der «Abschied vom Teufel» verzögert sich

Der «Abschied vom Teufel» verzögert sich Der «Abschied vom Teufel» verzögert sich

Auf dem Klosterplatz in Einsiedeln geht es höllisch zu und her

In seinem Schwyzer Heft «100 Jahre Welttheater in 100 Geschichten» hat der Autor Walter Kälin die einzelnen Texte den 17 Spielperioden zugeordnet. Eine der Geschichten zu den Aufführungen von 1987 passt zum bevorstehenden Fasnachtstreiben.

In der Spielzeit des Jahres 1930 war beim Welttheater zum ers-ten Mal der Teufel los. Bei der Verfluchung des «Reichen» durch den «Meister», so ist im Protokoll zu lesen, «fährt der Satan unter den Chor der Reichen, riesengross, ohne Hörner, einen Eisenreifen um die Stirne, mit dem Ruf ‹Zu mir!›. Die Reichen taumeln ihm nach in eine schachtartige Öffnung vorn in der Mitte der Zuschauertribüne, die als Gang nach hinten führt.» So stellte sich Linus Birch-ler die Szene vor, als er zusammen mit August Schmid und Eugen Aberer für die Inszenierung verantwortlich war. Ob sich die Szene dann genau so abgespielt hat, lässt sich nicht mehr sagen. Erstaunlich ist nur, dass der Einsiedler Kunsthistoriker nicht mehrere gehörnte Teufel wie an der Fasnacht aufgeboten hat, denn ihm war es schon im Jahr 1924 ein Anliegen, etwas «Einsiedlisches» in die Aufführung des Welttheaters zu schmuggeln.

Wie Herbert Haag den Satan zum Teufel jagt So traten damals im Gefolge des «Meisters» die «Gnadenmutter» und «Der heilige Meinrad» auf, die bei Calderón nicht auf der Besetzungsliste stehen.

Jahrzehnte später jagte der katholische Theologe Herbert Haag den Satan zum Teufel. Im Einsiedler Benziger Verlag veröffentlichte er im Jahr 1969 einen schmalen Band mit dem Titel «Abschied vom Teufel». In dieser Abrechnung mit dem Teufelsglauben zeigte er auf, «dass die Satansaussagen des Neuen Testaments nicht zu den Wahrheiten des Heils, sondern nur zur zeitbedingten Vorstellungswelt der Bibel gehören können».

Das Christentum habe aber «dieses fragwürdige Erbe gepflegt und gehegt» und damit «die Frohbotschaft vom Gottesreich in eine Drohbotschaft vom Teufel verkehrt». Haag beschäftigte sich mit der Versuchung, mit dem Bösen, der Sünde und meinte: «Nicht ein Satan von aussen her ist es, sondern unser eigenes Herz, von dem die Sünde kommt. Nicht der Teufel ist der Feind, sondern unsere eigene Ichhaftigkeit, unsere Selbstsucht.» 1987 kommt wieder etwas «Einsiedlisches» ins Spiel Mit dem «Abschied vom Teufel» setzten sich wohl nur die Theologen auseinander und ganz sicher nicht die Fasnächtler in Einsiedeln. Während man früher die Anzahl der Teufel beim traditionellen «Sühudiumzug» an einer Hand abzählen konnte, wird es bald eine Hundertschaft sein, die den Umzug anführt. Auch so lässt sich der Teufel oder mindestens die Angst vor ihm austreiben.

Dieter Bitterli bringt im Jahr 1987 wieder etwas «Einsiedlisches » ins Spiel, indem er den «Reichen» von einer Horde von Teufeln in die Hölle holen lässt. Klar, das Welttheater spielt in der Epoche des Barocks, die Kostüme passen zu einer Zeit, in welcher der Teufel nicht nur im Detail steckte, sondern überall vermutet wurde.

«Es sei leichter, etwas Böses darzustellen» Aber im Stück von Calderón kam er nicht vor. Der Spanier bevölkerte sein Auto sacramental auch nicht mit Engeln, weder mit singenden noch mit tanzenden. Jetzt also beleben Engel und Teufel das Spiel. Und ein Ehepaar verkörpert gleich beide Pole. Während Kalli Kälin als Teufel mitwirkt, gibt ihr Mann Peter, der spätere Präsident der Welttheatergesellschaft, einen Engel. Gegenüber einer Zeitung findet sie, «es sei leichter, etwas Böses darzustellen», was er bestätigt: «Nicht nur einen Engel spielen, sondern sich in einen Engel versetzen, das sei wichtig.»

Das Schwyzer Heft Nr. 115 «100 Jahre Welttheater in 100 Geschichten » ist erhältlich in der Buchhandlung Benziger, im Spielbüro des Welttheaters und unter kulturfoerderung. afk@sz.ch.

Foto: zvg

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