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Niemand interessiert sich fürs elektronische Patientendossier

Niemand interessiert sich fürs elektronische Patientendossier Niemand interessiert sich fürs elektronische Patientendossier

Seit dem 1. Januar können auch Schwyzerinnen und Schwyzer ein elektronisches Patientendossier eröffnen. Regierungsrat Damian Meier will mit gutem Beispiel vorangehen. Doch es harzt, wie Nachbarbeispiele zeigen.

In anderen Ländern existiert das elektronische Patientendossier bereits seit vielen Jahren. So führte es beispielsweise Dänemark bereits vor 20 Jahren ein. In der Schweiz wurde das Gesetz 2017 eingeführt und seit 2022 kann ein Elektronisches Patientendossier (EPD) in einzelnen Kantonen eröffnet werden, darunter Zürich und Zug. Kliniken, Pflegeheime und Geburtshäuser sind seither verpflichtet, sich dem EPD anzuschliessen. Seit dem 1. Januar 2024 kann auch im Kanton Schwyz ein EPD eröffnet werden. Hierzu arbeitet der Kanton mit der Post Sanela Health AG zusammen.

Aufwand zu gross

Das Interesse am EPD scheint aber klein zu sein. Per 1. Dezember 2023 waren es 33’619 Personen in der Schweiz, die ein solches eröffnet haben. Die meis-ten davon in der Romandie, wie der Beobachter schreibt. Viele der Pflegeheime und Kliniken kämen ihrer Pflicht nicht nach. Ivo Lötscher, Vorsteher Amt für Gesundheit und Soziales des Kantons Schwyz, hat eine Vermutung, wieso es bisher haperte mit dem EPD: «Die vertragliche Anschlusspflicht der Kliniken und Altersheime bedingt nicht, dass die stationären Leistungserbringer das EPD auch aktiv in ihrem täglichen Betrieb nutzen und ihren Patienten anbieten müssen.» Die Integration des EPD in die internen Prozesse sei finanziell und zeitlich aufwendig. «Der Aufwand für den digitalen Umbau für die Leistungserbringer steht noch in keinem Verhältnis zum Nutzen.» Der Ärzteverband kritisiert, dass die Patienteninformationen aus dem Praxissystem nicht direkt in das System des EPD übernommen werden können. Das führe zu einem Mehraufwand. Ausserdem sei das EPD in der jetzigen Form kompliziert und wenig intuitiv und biete keine Suchfunktion für ein schnelles und selektives Lesen. Man erhofft sich mehr Effizienz

Mit einer Gesetzesänderung, die bei einer Annahme frühestens 2028 in Kraft treten würde, will der Bundesrat eine flächendeckende Einführung des EPD in der gesamten Bevölkerung erreichen. Institutionen, die sich nicht daran halten, sollen saftig gebüsst werden können. Privatpersonen, die kein EPD möchten, sollen bei ihrem Wohnkanton Einspruch erheben können.

Problematisch sieht Lötscher, dass von den Patienten ein gewisses Niveau an technischem Verständnis, Geduld und ein Smartphone der neueren Generationen vorausgesetzt wird, um ein EPD eröffnen zu können. Die Idee eines elektronischen Dossiers an sich findet er aber sehr gut: «Ein Röntgenbild wird ein Mal im EPD abgelegt und kann für alle nachfolgenden Untersuchungen den Ärzten durch den Patienten zur Verfügung gestellt werden.» Das sorge dafür, dass kostspielige Doppelspurigkeiten vermieden werden. «Der Patient wird weniger Röntgenstrahlen ausgesetzt und der Arzt kann schneller arbeiten, weil er alle Unterlagen zentral zur Hand hat.» Je mehr Gesundheitsversorger und Patienten sich dem EPD anschlössen, desto grösser werde der Nutzen ausfallen. Viel technisches Verständnis vorausgesetzt Auch Regierungsrat Damian Meier unterstreicht die Vorteile: «Das Elektronische Patientendossier erhöht die Patientensicherheit und trägt zu einer Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen bei.» Er selbst habe bereits ein Dossier eröffnet. Meier betont aber auch: «Damit das EPD seine Wirkung voll entfalten kann, ist auf allen Ebenen und bei allen Akteuren noch viel Arbeit notwendig. Das braucht Zeit. Ich bin überzeugt, dass es gut kommt.» Ivo Lötscher macht den Bund mitverantwortlich für die Anlaufschwierigkeiten des EPD: «Die (Projekt-)Kommunikation vom Bund war nicht immer optimal, was dazu führte, dass die Kantone und Leistungserbringer verunsichert waren.» Hinzu kam, dass die Zertifizierung der Stammgemeinschaften (technische Anbieter für das EPD) «komplexer und zeitaufwendiger als gedacht war». Dadurch sei es zu massiven zeitlichen Verzögerungen gekommen.

Webseite noch nicht angepasst Für Schlagzeilen sorgte die grösste EPD-Betriebsgesellschaft Axsana (heute Post Sanela Health) 2021, weil sie in finanzielle Schieflage geraten war. Dies, obwohl sie für den Aufbau 8,5 Millionen Franken an Subventionen erhalten hatte. Grund war die Zeitverzögerung gewesen, wodurch das Unternehmen keine Einnahmen generieren konnte. Der Bund griff der Stammgemeinschaft damals unter die Arme, und im September 2022 hat die Post die Mehrheit des Unternehmens erworben und dieses umbenannt.

Mit eben dieser Post Salena Health arbeitet auch der Kanton Schwyz zusammen. Obwohl es offiziell seit 1. Januar möglich sein sollte, als Schwyzerin oder Schwyzer ein EPD zu eröffnen, hat die Stammgemeinschaft ihre Webseite noch nicht angepasst. Noch immer steht unter «Voraussetzungen » für die Eröffnung eines EPD: «Wohnhaft in einem der beteiligten Kantone: Basel-Stadt, Bern, Schaffhausen, Solothurn, Zug oder Zürich.»

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