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Wasserstand-Regulierung erfolgt «paketweise»

Was geschieht bei Hochwasser im Zürichsee und anderen Seen? Wie und wann wird der Wasserstand reguliert und welche Auswirkungen hat dies? Wer koordiniert das Ganze? Das Schwyzer Amt für Gewässer antwortet.

Weihnachten war heuer nicht weiss, sondern tropfnass. Nicht unerwartet, ist man versucht zu sagen, war doch die vorangegangene Woche bereits buchstäblich ins Wasser gefallen. Angesichts hoher Pegelstände in Seen, Flüssen und Bächen liegt die Frage nahe, wer denn eigentlich für die Regulation der verschiedenen Gewässer zuständig ist – hängen sie doch im Wasserschloss Schweiz mehrheitlich eng zusammen. So lässt sich die Abflussmenge aus dem Zürichsee nicht erhöhen oder vermindern, ohne dass dies auch Auswirkungen auf die Limmat und den Rhein hat. Koordination liegt beim Bund

Die erste Vermutung bestätigt sich: «Es ist komplex», wie Christian Bommer, Vorsteher des Schwyzer Amts für Gewässer einräumt. Die Koordination liege beim Bund, dieser sei für die Regulierung der grossen Seen zuständig und beziehe sich dabei auf Erkenntnisse, die in den Nuller-Jahren gewonnen wurden – prägend war dabei das Hochwasserjahr 2005. Seitdem hat sich viel getan. Eine Lehre, die man laut Bommer aus diesen Erkenntnissen gezogen hat: Wasser wird mittlerweile, wenn möglich, «paketweise » zum Abfliessen gebracht. Das heisst, die Seen öffnen ihre Wehre nicht gleichzeitig und las-sen das Wasser in grosse Flüsse wie Rhein und Rhone abfliessen. Dies geschieht koordiniert, gestaffelt und schrittweise. Bund und Kantone verbessern zudem den Hochwasserschutz laufend. Der Bund hat ausserdem das System für Hochwasserwarnungen und -vorhersagen ausgebaut – dafür ist das Bundesamt für Umwelt (Bafu) zuständig. Auf der Gemeinsamen Informationsplattform Naturgefahren (GIN) werden alle in der Schweiz verfügbaren Daten zu möglichen Naturgefahren zusammengetragen und in einer Karte dargestellt, darunter beispielsweise aktuelle Pegelstände, Messdaten zu Abflüssen, Wetter- und Gefahrenprognosen. Dies bietet den Verantwortlichen bei Bund, Kantonen und Gemeinden eine Entscheidungsgrundlage. Schwyz ist an verschiedenen Seen Anrainerkanton, verfügt aber über kein eigenes Wehr zur Regulierung des Wasserstands. An den meisten dieser Seen haben die betroffenen Kantone Konkordate gebildet.

Die Regulierung des Zürichsees beispielsweise wird über das Platzspitzwehr sichergestellt. Nimmt der Kanton Zürich dort eine Manipulation vor, werden die Verantwortlichen der Kantone Schwyz, St. Gallen und auch Aargau darüber informiert.

«Steht ein heikler Entscheid an, werden wir vorab auch angehört », betont Christian Bommer. Im Grundsatz gelte, dass sowohl oberhalb als auch unterhalb eines Wehrs liegende Kantone jeweils benachrichtigt werden. Sihlsee als Retentionsbecken

Bei Stauseen seien nicht die Kantone, sondern primär die Konzessionärin für die Regulierung zuständig. Beim Einsiedler Sihlsee gebe es heute zur Hochwassersicherheit einen Vertrag zwischen der Etzelwerk-Betreiberin SBB und dem Kanton Zürich. Dieser wird abgelöst, sobald der Entlastungsstollen Thalwil fertig gebaut ist. Die Sihl birgt für die Stadt Zürich ein grosses Schadenspotenzial, da sie unter dem Hauptbahnhof hindurchfliesst. Besteht aufgrund der Wetterprognose die Gefahr eines Hochwassers, kann der Kanton Zürich verlangen, dass der See vorsorglich abgesenkt und so Platz geschaffen wird. Er erfüllt so die Funktion eines Retentionsbeckens, das grosse Wassermassen vorsorglich zurückhält. Dies dient dem Hochwasserschutz.

Beim Wägitalersee auf dem Gebiet der Gemeinde Innerthal gestaltet sich die Situation laut Bommer ein wenig anders. Hier seien die beiden Konzessionärinnen Axpo und das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) zuständig. «Die Staumauer im Schräh ist als Zweijahresspeicher ausgebildet, sodass der See die gesamte lokale Regenmenge von zwei Jahren fas-sen kann», so Bommer. Regulationen wegen Hochwasser seien hier in der Regel nicht nötig.

Walensee ohne Wehr

Angesprochen auf den Walensee, über den Linth-Kanal ein wichtiger Wasserzuträger in den Zürichsee, weist Bommer darauf hin, dass dieser über kein Wehr zur Wasserstandsregulation verfüge. Der See diene seit dem Bau des Linth-Werks vor 200 Jahren als Retentionsbecken für die Glarner Linth, die vormals direkt in den Zürichsee floss.

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