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Von Bergstürzen bis Überschwemmungen – die heftigsten Schwyzer Naturereignisse

Von Bergstürzen bis Überschwemmungen – die heftigsten Schwyzer Naturereignisse Von Bergstürzen bis Überschwemmungen – die heftigsten Schwyzer Naturereignisse

Unwetter, aber auch langfristige klimatische Veränderungen haben das Leben der Menschen im Kanton Schwyz geprägt. Immer wieder mussten sie sich den Wetterbedingungen anpassen.

Mit seinen vielfältigen Landschaften, angefangen von den majestätischen Bergen bis hin zu den idyllischen Seen, ist der Kanton Schwyz ein Ort, der von den Launen der Natur geprägt ist. Seit Jahrhunderten ha-ben die Menschen in dieser Region mit den unterschiedlichsten Wetterbedingungen zu kämpfen gehabt.

Kaum ein Ereignis verdeutlicht dies so eindrucksvoll wie der Goldauer Bergsturz vom 2. September 1806. An diesem vermeintlich friedlichen Spätsommertag löste sich gegen fünf Uhr am Abend eine Felsschulter des Rossbergs. Was zunächst nur langsam begann, nahm innert kürzester Zeit gewaltige Ausmasse an. Bereits nach wenigen Minuten donnerten zwischen zehn und vierzig Millionen Kubikmeter Geröll, Schutt und Erde ins Tal. Ganz Goldau, die Hälfte von Lauerz, einige Weiler und ein Sechstel des Lauerzersees wurden verschüttet.

Die dabei entstandene Druckwelle löste eine Flutwelle aus und überschwemmte Teile des am Ostufer gelegenen Seewens. Die Bilanz der Katastrophe war verheerend: Mehr als 400 Menschen und über 300 Stück Vieh starben. 111 Wohnhäuser, 220 Scheunen sowie vier Kirchen und Kapellen wurden zerstört.

Regen als Auslöser für den Goldauer Bergsturz Der Goldauer Bergsturz war das Ergebnis von lang anhaltenden Niederschlägen, die die Stabilität des Berges beeinträchtigten. Das Regenwasser durchdrang verschiedene geologische Schichten wie Sandstein, Nagelfluh und Mergel und wirkte an den steilen Hängen wie ein Schmiermittel. Nachdem es bereits in den beiden Jahren zuvor stark geregnet hatte und sich einige unterirdische Wasserkammern gebildet hatten, gab der niederschlagsreiche Sommer im Jahr 1806 den endgültigen Ausschlag.

Ganz unerwartet trat die Katastrophe jedoch nicht ein. Bereits einige Jahre vor dem Bergsturz bestieg der Luzerner Topograf Franz Ludwig Pfyffer den Rossberg, um für sein Relief der Urschweiz zu recherchieren. Dabei stellte er an der Steinerbergfluh eine tief klaffende, mit Wasser gefüllte Spalte fest und erkannte, dass sich hier ein Unglück anbahnen könnte.

Dass die Bevölkerung Goldaus trotz dieser Warnzeichen nicht wegzog, mag auf zwei Gründe zurückzuführen sein. Einerseits verfügten die wenigsten über eine Alternative, wo sie hätten hinziehen können. Wie der Soziologe Wolfgang Sofsky andererseits zu bedenken gibt, überstieg die Wucht des Ereignisses jegliche Vorstellungskraft der Zeitgenossen.

Eine Welle der Solidarität

Das Ereignis sorgte weit über die Schwyzer Kantonsgrenzen hinaus für Betroffenheit. Dementsprechend gross war die Unterstützung. Hilfsmannschaften aus anderen Kantonen halfen bei den Aufräumarbeiten, und dank Spendenaufrufen im In- und Ausland konnten gegen 80’000 Gulden gesammelt werden.

Allerdings vermochte man mit dem Geld nur die Verkehrswege und Bachläufe wiederherzustellen. Eine längerfristige Unterstützung für jene Betroffene, die ihre Existenzgrundlage verloren hatten, gab es nicht. Rund fünfzig Überlebende sahen sich da-her gezwungen, ihr Leben an einem anderen Ort weiterzuführen. Heftige Unwetter in Oberiberg

Der Bergsturz von Goldau ist nur eines von vielen Beispielen, die zeigen, wie sehr das Wetter das Leben – und Sterben – der Schwyzer Bevölkerung im Laufe der Geschichte mitbestimmt hat. Das Unwetter, das am 24. Juni 1906 über Oberiberg zog, ist ein weiteres: Aufgrund des ausserordentlich starken Regenfalls traten damals die Bergbäche über die Ufer. Hagel sorgte für zusätzlichen Schaden.

Am verheerendsten waren aber die Erdrutsche, die sich von den wassergetränkten Hängen lösten und die Felder unter Schutt und Schlamm begruben. Der Schaden belief sich insgesamt auf 50’000 Schweizer Franken. Umgerechnet auf heute entspricht dies beinahe zwei Millionen Franken. In Anbetracht dieser hohen Summe kam es auch hier zu Solidaritätsbekundungen, und ein Hilfskomitee rief im «Boten der Urschweiz» zu einer Gabensammlung auf.

Religiöse und weltliche Gefahrenprävention Erdrutsche, Überschwemmungen oder Trockenheit waren folglich seit jeher Wetterphänomene, welche die Schwyzerinnen und Schwyzer immer wieder vor grosse Herausforderungen stell-ten. Entsprechend vielfältig sind die Ansätze zur Bewältigung die-ser Bedrohungen.

In der Frühen Neuzeit spiel-te die Religion eine zentrale Rolle, wenn es darum ging, Unwettern vorzubeugen. So beschloss der Schwyzer Landrat am 22. April 1622, dass in den folgenden Tagen die drei Heiligen Agatha, Sebastian und Antonius verehrt werden sollten.

Während der heilige Sebastian vor der Pest und der heilige Antonius vor Viehseuchen schützen sollte, erhofften sich die Gläubigen von der heiligen Agatha, vor Blitzschlag, Feuer und Hungersnot bewahrt zu bleiben.

Neben diesen religiösen Massnahmen gab es aber immer auch weltliche: Nach einer grossen Überschwemmung sprach sich die Landsgemeinde im Jahr 1452 dafür aus, einzelne Personen mit der Überwachung der Gewässer zu beauftragen. Auch bauliche Massnahmen an den Flüssen, die der Abwehr von Gefahren dienten, wurden bereits früh durchgeführt.

Eine einschneidende Massnahme war schliesslich die Errichtung des im Jahr 1827 vollendeten Linthkanals, der vor Überschwemmungen schützen und zusätzliche Anbauflächen generieren sollte. Vor dem Hintergrund des anthropogenen Klimawandels muss sich der Kanton Schwyz wohl auch zukünftig damit auseinandersetzen, wie er klima- und wetterbedingte Katastrophen vorbeugen beziehungsweise meistern kann.

Foto: «Bote der Urschweiz», 27. Juni 1906


Das Gebiet von Goldau nach dem Bergsturz, vom Lauerzersee aus gesehen. Im Hintergrund regnet es in Strömen. Foto: Franz Xaver Triner; graviert von Lory, zirka 1806–1810 / Staatsarchiv Schwyz

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