Veröffentlicht am

Deutlicher Anstieg von rassistischer Diskriminierung – das sind die Gründe

Die kantonale Anlaufund Beratungsstelle für Diskriminierungsschutz hat im vergangenen Jahr zwanzig Fälle betreut, das sind 14 mehr als im Vorjahr.

Kürzlich haben die Organisation humanrights.ch und die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus ihren Auswertungsbericht zum Thema Rassismus vorgelegt. 708 Fälle wurden schweizweit dem Beratungsnetz im vergangenen Jahr gemeldet – das ist ein Anstieg von 78 Fällen. Es wird gewarnt: Die Zahlen des nationalen Rassismusberichts 2022 sind in allen Lebensbereichen konstant hoch. Es müssten dezidierte Gegenmassnahmen ergriffen werden. Auch Komin, das Kompetenzzentrum für Integration im Kanton Schwyz, verzeichnet einen deutlichen Anstieg. Die Anlauf- und Beratungsstelle für Diskriminierungsschutz hat im Jahr 2021 6 Fälle aus dem Kanton Schwyz betreut, im letzten Jahr waren es bereits 14 Fälle mehr. «Die Dunkelziffer ist sicherlich noch sehr viel höher» Hinzu kamen im vergangenen Jahr fünf Fälle aus dem Kanton Uri, die aufgrund einer Leistungsvereinbarung betreut wurden, sowie ein Fall, der aus dem Kanton Zug übernommen wurde.

Die meisten Fälle im Kanton Schwyz betrafen den Arbeitsbereich sowie die Schule, dies entspricht übrigens auch den schweizweiten Beobachtungen. Die Gründe sind vielseitig. Komin- Geschäftsleiterin Enisa Bleiker erklärt, dass die Bekanntheit der Beratungsstelle gestiegen sei.

Die Betroffenen würden sich heute mehr getrauen, über ihre Erlebnisse zu sprechen. Auch hätten die Zentralschweizer Kantone in diesem Jahr erstmals eine Aktionswoche zum Thema Rassismus durchgeführt und so aufs Thema aufmerksam gemacht. Aber für Bleiker ist klar: «Die Dunkelziffer der Anzahl Fälle ist sicherlich noch sehr viel höher.» Diskriminierung ist nicht immer offensichtlich Die Betroffenen würden oftmals wegen anderer Themen in die Beratung kommen, sagt Bleiker. Erst im Gespräch werde ihnen klar, dass es sich bei ihren Erfahrungen tatsächlich um rassistische Diskriminierung handle. In den Gesprächen gehe es darum, die Geschehnisse einzuordnen, die Probleme der Betroffenen ernst zu nehmen und sie über ihre Rechte aufzuklären. Eine Intervention wird sorgfältig mit betroffenen Personen geplant. Wenn immer möglich, versuche man zu vermitteln, sagt Bleiker.

Im vergangenen Jahr gab es einen Fall, bei dem es tatsächlich zu einer Klage kam: Eine Familie wurde von einem Mann über längere Zeit rassistisch beschimpft. Sie sei unter anderem von ihm aufgefordert worden, das Land zu verlassen.

Diskriminierung ist nicht immer offensichtlich. Es geschehe oft in subtilen Formen, indem zum Beispiel allgemein zugängliche Angebote oder Informationen verweigert würden, oder indem Gestik und Mimik eingesetzt würden.

Diskriminierung betrifft auch Personen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind. «Es genügt nur schon der Name, die Religion oder die ursprüngliche Herkunft der Person», sagt Bleiker. Thema ist im Kanton Schwyz «stark tabuisiert» Im Kanton Schwyz sei das Thema nach wie vor «stark tabuisiert ». «Man verortet Rassismus im politisch rechten Lager, und anerkennt nicht, dass Rassismus an vielen Orten im Alltag stattfindet», sagt die Expertin. «Es braucht eine stärkere Sensibilisierung in der Gesellschaft, besonders im Arbeitsbereich und in der Schule gibt es grossen Handlungsbedarf.»

Fallbeispiele aus dem Alltag – Beschimpfungen, Schikanen

Enisa Bleiker, Geschäftsleiterin von Komin, nennt ein paar Beispiele aus ihrem Beratungsalltag. Am Arbeitsplatz: Ein Mitarbeiter wird von den Arbeitskollegen mit dem N-Wort beschimpft oder muss sich rassistische Sprüche anhören. Eine Person wurde vom Vorgesetzten schikaniert, indem sie die gleiche Aufgabe mehrmals wiederholen musste. Frauen mit Migrationshintergrund wurden von der gemeinsamen Pause mit dem Team ausgeschlossen.

In der Schule: Kinder sind von Kameraden mit dem N-Wort beschimpft worden. Lehrpersonen konnten darauf nicht angemessen reagieren, wodurch sich die Situation für diese Kinder verschlechterte. Ein neu zugewanderter Schüler wurde von einem Klassenprojekt ausgeschlossen, die Schulkameraden hätten ihn nicht dabeihaben wollen.

Im öffentlichen Raum: An einer Bushaltestelle wartete eine schwarze Person auf den Bus, ihr wurde gesagt, sie gehöre nicht hierher und solle verschwinden. In einem anderen Fall wollte sich eine schwarze Person im Bus zu einem anderen Fahrgast setzen, da sagte man ihr, sie dürfe sich nicht auf den freien Platz setzen.

Bei den Behörden: Einem jungen Erwachsenen, der in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist, stellte die Einbürgerungskommission während des Einbürgerungsverfahrens sehr verletzende Fragen. Der Haushalt einer Familie, in der sich der Vater im Einbürgerungsverfahren befand, wurde an einem Sonntagmorgen früh von der Polizei inspiziert. Die Familie empfand das Vorgehen als sehr unverhältnismässig und diskriminierend.

Share
LATEST NEWS