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Krux des neuen Einbürgerungsrechts

Bei Einbürgerungsverfahren soll es keine einzelnen «Killerkriterien» geben, die bei ansonsten erfolgreicher Integration ein Einbürgerungshindernis darstellen. Wie aber sieht dies in der Praxis aus?

fko. Die Regierung verortet in Bezug auf die Erfüllung der Einbürgerungskriterien ein Problem an der Schnittstelle zwischen Bundesrecht und kantonalem Recht, wie sie in einer Antwort auf die Interpellation der SP-Kantonsrätinnen und -Kantonsräte Carmen Muffler (Pfäffikon), Elias Studer (Oberarth) und Martin Raña (Küssnacht) schreibt. Die Interpellanten verweisen auf ein Urteil des Bundesgerichts aus dem Jahr 2019, das festhält, dass bei der Beurteilung der Integration im ordentlichen Einbürgerungsverfahren immer eine Gesamtwürdigung aller relevanten Kriterien im Einzelfall vorgenommen werden muss. Es dürfe darum auf kantonaler oder Bundesebene keine einzelnen «Killerkriterien » geben, die bei ansonsten tadelloser Integration eine Einbürgerung verunmöglichen. Dies würde übergeordnetes Recht verletzen.

Der Fall Die Antwort des Regierungsrats stützt sich auf die Analyse eines konkreten Falls eines gestoppten Einbürgerungsverfahrens. Eine im Kanton Schwyz einbürgerungswillige Person erhielt im Juli 2020 das Gemeindebürgerrecht. Einen Monat später wurde der ansonsten gut integrierte Gesuchsteller wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand zu einer bedingten Geldstrafe mit einer zweijährigen Probezeit verurteilt. Das Departement des Innern teilte ihm daraufhin mit, dass aufgrund des Strafregistereintrags eine Weiterbehandlung des Einbürgerungsgesuchs nicht möglich sei. Erst nach Ablauf der gesetzlichen Frist von fünf Jahren – sprich nach der Probezeit und einer Wartezeit von drei Jahren, könne das Gesuch weiterbearbeitet und beim zuständigen Staatssekretariat für Migration (SEM) die Erteilung der Einbürgerungsbewilligung des Bundes beantragt werden. Dies ist in der kantonalen Bürgerrechtsverordnung (KBüV) aus dem Jahr 2012 so vorgesehen.

Verwaltungsgericht widerspricht Das Verwaltungsgericht aller-dings hat eine Beschwerde des Gesuchstellers im März 2021 teilweise gutgeheissen. Es wies das Departement des Innern dazu an, das besagte Einbürgerungsgesuch bis zum Ablauf der Probezeit im August 2022 zu sistieren und danach weiterzubearbeiten – ohne dreijährige Wartefrist. Denn es sei nicht Sache des Kantons, die Voraussetzungen für die Einbürgerungsbewilligung des Bundes zu prüfen. Auch wenn das SEM dafür eine Wartefrist vorsieht. Denn diese Wartefrist sei für das kommunale und kantonale Bürgerrecht «nicht relevant». Zudem beurteilte das Verwaltungsgericht auch auf kantonaler Ebene eine Wartefrist von insgesamt fünf Jahren als unverhältnismässig. Denn ein einmaliger und zudem fahrlässiger Fehltritt solle sich nicht negativ auf die ansonsten überaus erfolgreiche Integration auswirken – sofern sich der Gesuchsteller in der Probezeit bewähre.

Das Departement des Innern kam in der Folge der Anweisung des Verwaltungsgerichts nach und überwies das Gesuch ans SEM. Dieses hielt aber mit Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von 2021 und 2023 fest, dass es dem Einbürgerungsgesuch derzeit nicht stattgeben könne, da die Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration aufgrund eines «getrübten strafrechtlichen Leumunds» nicht erfüllt sei. Während der Kanton im Einzelfall eine Gesamtwürdigung aller massgeblichen Kriterien vornehme, müssen diese auf Bundesebene kumulativ, das heisst in ihrer Gesamtheit, erfüllt sein. Straffälligkeit bedeutet in diesem Fall ein Einbürgerungshindernis an sich. Zwar entscheidet der Kantonsrat über die Erteilung des Kantonsbürgerrechts – nach der Erteilung des Gemeindebürgerrechts. Allerdings nur, wenn eine eidgenössische Einbürgerungsbewilligung vorliegt. Das bedeutet, dass letzten Endes der Bund in Sachen Einbürgerung das letzte Wort hat. Gemeinden werden informiert

Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts sei nicht ersichtlich, dass die KBüV übergeordnetem Recht widersprechen würde, schreibt der Regierungsrat weiter. Das zuständige Departement des Innern beschäftige sich mit der Frage einer Teilrevision der KBüV. Dabei müsse aber nicht nur dem Entscheid des Verwaltungsgerichts Beach-tung geschenkt werden.

In diesem Monat findet zudem ein Erfahrungsaustausch zwischen den Bürgerrechtssekretariaten der Gemeinden und Eingemeindebezirken sowie der Abteilung Personenstand/Bürgerrecht des Departements des Innern statt. Dabei sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts zentrales Thema.

Zudem sei ein «Handbuch Bürgerrecht» in Arbeit, das diese Thematik aufnehme. Aktuell seien im Kanton Schwyz sechs Gesuche von der neuen Rechtsprechung betroffen – vier davon seien bereits ans SEM weitergeleitet worden.

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