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«Pöstler zu sein, war mein Kindheitstraum»

«Pöstler zu sein, war mein Kindheitstraum» «Pöstler zu sein, war mein Kindheitstraum»

Sein Berufsleben lang war Christoph Stillhard Pöstler; die letzten zehn Jahre in Einsiedeln. Ende März wird er pensioniert. Er blickt zurück – aber auch nach vorne.

Christoph Stillhard wuchs als zweitjüngstes von sieben Kindern im Toggenburg auf und er ist stolz darauf, dass man das bis heute hört. Schon früh war es sein Traum, als Pöstler zu arbeiten, obwohl keiner in seiner Familie diesem Beruf nachging. Als mittelmässiger Schüler blieb ihm das leider zuerst verwehrt und er erlernte den Beruf des Galvaniseurs. Doch da-nach klappte es glücklicherweise und er durfte 1982 die einjährige Lehre als «uniformierter Postbeamter» in Uznach absolvieren. Er erinnert sich: «Pöstler zu werden, war schon früh ein Traum von mir, ich hatte schon immer gerne Kontakt zu anderen Leuten.» Er blieb anschliessend bis 1985 in Uznach und wechselte dann für zwei Jahre nach Uster. Ein Umzug nach Siebnen brach-te ihn in den Kanton Schwyz – via Schübelbach, Buttikon und Reichenburg kam er von 1990 bis 2013 zur Post nach Siebnen. Durch einen Zufall kam er nach Einsiedeln: «Ich wollte eine Veränderung und meldete mich auf eine Vertretungsstelle.» Und er blieb dem Dorf Einsiedeln treu – mit einem kurzen Abstecher nach Oberiberg. Der Pöstler als Kontaktperson

Der 64-Jährige schätzt an seiner Arbeit die Vielseitigkeit: «Draussen sein und der Kontakt mit Menschen gefällt mir sehr. Auch die Arbeitszeiten sind super – ich stehe zwar früh auf, aber dafür habe ich auch früher Feierabend! » Ans früh Aufstehen gewöhne man sich und in jungen Jahren habe er dann halt manchmal vor Arbeitsbeginn das Bett gar nicht erst gesehen. Und er ergänzt: «Ich kann aber auch gut umstellen. Wenn ich frei habe, schlafe ich aus!» Auch heute noch sei man als Pöstler, insbesondere auf dem Land, eine wichtige Kontaktperson: «Vielen Menschen kann ich die Post persönlich in die Hand drücken und ihnen damit eine Freude bereiten. » Aber der Beruf als Pöstler habe sich verändert. Der Druck werde stets grösser, es müssen mehr Aufgaben übernommen werden und so bleibe kaum mehr Zeit für den Kontakt mit Menschen. Diese Veränderung zeigte sich bei Stillhard 2016 in einem Burnout und er fiel eine Zeit lang aus. «Dank meinem neuen Chef konnte ich dann wieder einsteigen. Aber ich kann heute nicht mehr gut mit Stress umgehen.» Auch die Digitalisierung sei für ihn schwierig gewesen, aber dank der guten Unterstützung in seinem Team klappt das heute auch ganz gut.

Zehn Jahre lang in Einsiedeln «Die Einsiedler sind ein freundliches Volk. ‹Guettag› hört man den ganzen Tag!», erzählt Still-hard über die tolle Zeit in Einsiedeln. Vor allem die Hauptstrasse, welche er seit 2013 bedient, hatte es ihm angetan. Vom Arzt bis zum Architekten, vom Verkaufsgeschäft bis zu Privatpersonen, die Vielfalt sei gross: «Und ich freue mich sehr, dass mich viele mit Namen kennen!» 10 bis 14 Kilometer umfasst die Route von Stillhard, meistens zwischen 9 und 13 Uhr bedient er so rund 1000 Haushaltungen.

«Als ich in Einsiedeln anfing, hatte ich schon meine Mühe mit all den Kälins», gibt der Traditionsliebhaber zu. Aber oft werden falsche Einwürfe von den Kunden selber ans richtige Ort gebracht, daher gab es kaum Reklamationen. Er erlebt die Rückmeldungen fast nur positiv: «Ich bin aber auch Weltmeister im Komplimente machen, so wird man schon beliebt!» Allen könne man es sowieso nie recht machen.

Erinnerungen an 41 Jahre

Mit all seinen Erlebnissen hätte Christoph Stillhard ein Buch füllen können. Zum Thema Hundebisse erzählt er: «Ich bin in den 41 Jahren noch gut weggekommen. Ich wurde nur fünfmal gebissen und musste dreimal zum Arzt.» In den letzten Jahren kam das aber sowieso viel seltener vor. In den Anfangszeiten als Pöstler erlebte er viele spannende Geschichten: Von Wäsche abhängen, bei Sorgen zuhören, über Taschen hochtragen bis zu Getränkeharassen ins Gasthaus bringen. Diese Dienstleistungen wurden früher einfach nebenbei gemacht, das könne man sich heute gar nicht mehr vorstellen. An eine Geschichte erinnert er sich lachend: «Ich half einmal einer älteren Frau beim Hausputz – ich durfte in ihr Schlafzimmer und half ihr, die beiden Matratzen zu drehen!» Tatsächlich unvorstellbar in der heutigen Zeit. Aber bis heute hält Stillhard manchmal bei der Postübergabe einen kurzen Schwatz. Und so wird es in der kommenden Woche zu unzähligen Abschieden kommen, denn am 31. März wird Christoph Still-hard frühpensioniert. Und dann widmet er sich in den Sommermonaten einer anderen grossen Leidenschaft: dem Sömmerungsbetrieb «Sagenweid» seiner Partnerin in Euthal, wo man den Pöstler Christoph auch seit 25 Jahren kennt. Unter dem Jahr freut er sich darauf, das Leben zu geniessen und vermehrt zu reisen. Auch möchte er seinen Hobbys Schwingen, Wandern und dem FC St. Gallen mehr Zeit widmen. Und da ihm in den letzten zehn Jahren Einsiedeln ans Herz gewachsen sei, werde er bestimmt wieder einmal die Hauptstrasse hoch schlendern und an verschiedenen Türen anklopfen.

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