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«So ein Amt macht man nicht des Geldes wegen»

«So ein Amt macht man nicht des Geldes wegen» «So ein Amt macht man nicht des Geldes wegen»

SVP-Politiker Othmar Büeler ist seit 250 Tagen als Gemeindepräsident von Schübelbach im Vollamt im Einsatz. Damit ist er der Erste im Kanton Schwyz. Im Interview spricht er über seine Beweggründe, Herausforderungen und seine Vision für die Gemeinde.

Sie sind seit 250 Tagen als Vollzeit-Gemeindepräsident im Amt. Wie ist Ihr Fazit? Bereuen Sie Ihren Entscheid? Nein, es war ein gut überlegter und bisher richtiger Entscheid. Die Möglichkeit, sich fundierter und direkter mit den komplexen Themen der grössten Märchler Gemeinde zu befassen, hilft in der Sache und macht den verkleinerten Gemeinderat effizienter.

Wie viel verdient man als Gemeindepräsident im Vollamt in Schübelbach? Dies wurde in der Abstimmung letztes Jahr transparent ausgewiesen und liegt bei 160’000 Franken im Jahr. Es ist ein ansprechender Lohn, jedoch verbunden mit gewissen Risiken. Denn man kann nach zwei Jahren bereits wieder abgewählt werden – und das war es dann. Aber so ein Amt macht man in erster Linie nicht wegen des Geldes, sondern für die Sache selbst. Es braucht Herzblut. Eine Bemerkung am Rande: Im Kanton St. Gallen kriegen die Gemeindepräsidenten im Vollamt in der Regel mehr als 200’000 Franken Lohn. Der eine oder andere wird sich jetzt denken, dass er den Job für diesen Lohn auch gerne machen würde. Was sind die Voraussetzungen, um dieses Amt ausüben zu können? Von der Qualifikation her gibt es Minimalanforderungen wie zum Beispiel, dass man im Kanton Schwyz wohnt und stimmberechtigt ist. Im Grunde kann sich aber jeder dafür bewerben. Es braucht aber einen breiten Ruck-sack und viel Erfahrung. Ich selber war vorher lange im Schwyzer Kantonsrat und am Schluss dessen Präsident 2019/20. Vieles kann man nicht einfach in einer Ausbildung lernen. Darum ist es halt häufig auch so, dass ältere Leute dieses Amt ausüben (lacht). Wichtig ist sicher auch, dass man gut vernetzt ist und mit den Leuten gut auskommt. Das Wichtigste für die Gemeinde ist aber vermutlich, dass man sein Herz am richtigen Fleck hat und nicht das Eigeninteresse im Vordergrund steht. Man muss sich auch bewusst sein, dass man manchmal auch angefeindet wird. Dafür kann man aber auch etwas bewegen und die Gemeinde vorwärtsbringen. Warum haben Sie sich für das Amt entschieden? Als Ur-Siebner bin ich mit Schübelbach stark verwurzelt. Wir ha-ben zwar keinen Seeanschluss und sind von der Lage im Schatten des Stockbergs nicht immer privilegiert. Aber die drei Dörfer von Schübelbach haben grosses Potenzial, sich positiv zu entwickeln. Hier möchte ich mit vol-ler Kraft und Engagement mitgestalten. Der Schatten ist in Zukunft vielleicht sogar ein Vorteil, wenn man bedenkt, dass es immer trockener wird (lacht). Sie sind der Erste im Kanton Schwyz, der eine Vollzeitstelle als Gemeindepräsident innehat. Sind Sie da auch ein wenig stolz? Stolz ist vielleicht das falsche Wort. Ich bin aber froh, dass die Abstimmung angenommen und ich als Präsident deutlich gewählt wurde. Ich freue mich auf jeden Fall und möchte die Bürger nicht enttäuschen. Haben sich schon andere Gemeindepräsidenten bei Ihnen gemeldet, die auch gerne im Vollzeitamt arbeiten würden? Ja, gemeldet schon, aber das Risiko einer Nicht-Wiederwahl nach jeweils zwei Jahren ist nicht von der Hand zu weisen – und so lässt die Begeisterung stark nach. Die Belastung der Exekutive in allen Gemeinden nimmt tendenziell zu: Hier wird es zu weiteren Veränderungen kommen. Wird die Vollzeitstelle oder das Hauptamt künftig das Milizsystem ablösen?

Für Gemeindepräsidenten in grossen Gemeinden wäre es sicher prüfenswert. Die Schwierigkeit liegt dabei im Berufsleben. Neben dem Job noch ein politisches Amt auszuüben, ist für viele nicht mehr attraktiv. Hier findet meiner Meinung nach eine Zeitenwende statt. Denn die «Frei»-Zeit wird vor allem bei den jungen Generationen als sehr wertvoll erachtet. Das Milizsystem ist diesbezüglich unter Druck. Das merkt man unter anderem auch in den Vereinen. Es machen zwar noch viele mit, den Vorstand besetzen will aber kaum noch einer. Corona, Energiekrise und Flüchtlingsstrom – was sind oder waren die grössten Herausforderungen?

Bei allen drei Themen steht die Gemeinde am Schluss der Verantwortungskette und muss vielfach die anderswo angerichtete Suppe auslöffeln. Die Flüchtlings- und Migrationskrise ist aber vielleicht die grösste Herausforderung, da diese noch lange nicht ausgestanden ist und die Gemeinde in sehr vielen Punkten übermässig beansprucht. Beispielsweise stellt sich dabei die Frage, wo man all diese Menschen unterbringt.

Hat man als Gemeindepräsident nun eine andere Sicht auf die Asylpolitik als noch als reiner SVP-Politiker? Die Sicht auf die Grosswetterlage in der Asylpolitik ändert sich nicht, aber in der Gemeinde stehen die Sachpolitik und notwendige konkrete Umsetzungen im Fokus. Wo sind die grössten «Baustellen » der Gemeinde?

Mit dem grössten Bevölkerungswachstum im Kanton Schwyz von beinahe zwei Prozent und einem Ausländeranteil von 31,7 Prozent sind grundsätzliche Rahmenbedingungen vorgegeben. Zwar klingen die zwei Prozent im ersten Moment nicht nach viel – dass aber eine Gemeinde verdaubar wachsen kann, sollte man nicht über ein Prozent kommen. Alles darüber bringt auf Dauer Probleme mit sich: Verkehr und Wasserversorgung etwa könnten zum Beispiel an ihre Grenzen kommen. Wir sind zudem die grösste Gemeinde in der March. Bis im Jahr 2025 werden über 10’000 Menschen bei uns wohnen. Die dadurch dringend benötigten Infrastrukturausbauten wie etwa Schulen, Altersheim, Autobahnanschluss et cetera müssen deshalb zeitnah vorangetrieben werden. Was braucht es, um das umsetzen zu können?

Wir sind, als heute noch sehr ertragsschwache Gemeinde, auf einen starken und zielgerichteten neuen Finanzausgleich angewiesen. Das Problem in der Gemeinde: Viele Investitionsprojekte haben sich angestaut, und jetzt kommt alles miteinander – entsprechend auch die Kosten. Beispielsweise wollen wir die Dörfer besser an den Bahnhof anschliessen. Die Auswirkungen im Dorf Siebnen mit dem Individualverkehr werden aber eine grosse Herausforderung. Was passiert eigentlich im Fall der drei illegal abgerissenen Häuser in Siebnen? Das unabhängige Strafverfahren in diesem Fall läuft noch. Darauf haben wir keinen Einfluss. Unabhängig davon wurde die Baubewilligung mit Auflagen erteilt. Der konkrete Baubeginn ist in der Verantwortung des Bauherrn und kann eigentlich erfolgen. Sofern Sie immer wieder gewählt werden: Wie lange möchten Sie dieses Amt ausüben? Die grossen anstehenden Projekte und Entwicklungsfortschritte für die Gemeinde bedürfen Kontinuität und Beharrlichkeit. Deshalb ist mein Ziel, mich für die nächsten zehn Jahre vollumfänglich für das Amt bereitzustellen. Wichtig ist aber, dass man es nicht zu lange macht, damit auch wieder neue Kräfte nachkommen können. Maximal sollte man das zwischen zehn und zwanzig Jahren machen – auf keinen Fall länger. Ich glaube, mit der Zeit wird man selbstgefällig. Was ist Ihre Vision für die Gemeinde Schübelbach? Meine Vision ist, dass wir finanziell weniger vom Finanzausgleich abhängig sind und die angestiegenen Steuerunterschiede wieder kleiner werden. Und: Dass wir einen Steuerfuss haben, der für Familien, aber auch für Gutverdienende tragbar ist, dass wir vernünftige Mieten haben und vor allem, dass die Menschen gerne hier wohnen. Für diese Vision braucht es beispielsweise gute Schulhäuser. Deshalb ist es eine Schande, dass wir den Unterricht etwa beim Schulhaus Sunnehügel in Containern abhalten müssen. Es braucht endlich nachhaltige Lösungen.

Foto: Martin Bruhin

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