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Rosmarie Müller-Hotz war zwölf Jahre für die Schweizer Berghilfe unterwegs

Rosmarie Müller-Hotz war zwölf Jahre für die Schweizer Berghilfe unterwegs Rosmarie Müller-Hotz war zwölf Jahre für die Schweizer Berghilfe unterwegs

Die Schweizer Berghilfe unterstützt seit 80 Jahren die Schweizer Berglandwirtschaft und wirkt so der Abwanderung entgegen. Rosmarie Müller-Hotz hat dem Einsiedler Anzeiger Einblick in ihre langjährige Tätigkeit als Betriebsexpertin für den Kanton Schwyz gewährt.

«Nun werde ich mit 75 Jahren zum zweiten Mal pensioniert», resümiert Rosmarie Müller-Hotz heiter. Als Betriebsexpertin und Fachexpertin Bildung der Schweizer Berghilfe ist sie seit 2011 für verschiedene Regionen der Schweiz zuständig. Mitte 2023 gibt sie ihr Ehrenamt endgültig an ihren Nachfolger ab. In ihrer über elfjährigen Tätigkeit hat sie viele zukunftsgerichtete Projekte von Menschen im Berggebiet begleitet; seit 2016 war sie als Gebietsexpertin für den Kanton Schwyz unterwegs.

Berghilfe-Beiträge kommen allen zugute Als Berghilfe-Expertin prüft Rosmarie Müller-Hotz jedes Gesuch vor Ort in den Bergen. In all den Jahren beurteilte sie insgesamt etwa 235 Landwirtschafts-, Tourismus- und Gewerbeprojekte sowie zusätzlich zirka 65 Bildungsprojekte. Im Kanton Schwyz werden im Durchschnitt etwa 20 bis 24 Anträge pro Jahr eingereicht. In den Gemeinden Einsiedeln, Unter- und Oberiberg, Alpthal sowie Rothenthurm waren es 2020 acht, 2021 zehn und im vergangenen Jahr vier realisierte Projekte.

Achtzig Prozent aller Gesuche betreffen landwirtschaftliche Vorhaben, dazu kommen einige Bildungsprojekte. Mittlerweile spricht die Schweizer Berghilfe vermehrt auch finanzielle Beiträge für die Bereiche Tourismus, Hotellerie, Gastronomie sowie für Dorfläden und das Gewerbe. Ziel ist in jedem Fall, der Bergbevölkerung eine sichere Zukunft mit attraktiven und nachhaltigen Beschäftigungsmöglichkeiten zu gewährleisten und dadurch der Abwanderung entgegenzuwirken. Jedes von der Schweizer Berghilfe unterstützte Projekt dient somit nicht nur dem begünstigten Betrieb, sondern auch dem Gemeinwohl.

Die Beträge, die jährlich von der Schweizer Berghilfe gesprochen werden, sind beachtlich. Im Jahr 2022 unterstützte die Non-Profit-Organisation mit rund 24,5 Millionen Franken insgesamt 474 Projekte aus den verschiedensten Bereichen schweizweit. An die vier letztjährigen Projekte im Bezirk Einsiedeln steuerte die Schweizer Berghilfe rund 180’000 Franken bei. Konkret handelte es sich um finanzielle Unterstützung für An- und Neubauten auf Gehöften sowie für einen regionalen Gewerbebetrieb.

Keine Sozialhilfe, sondern Restkostenfinanzierung Rosmarie Müller-Hotz betont, dass es sich bei den Beiträgen der Schweizer Berghilfe nicht um Sozialhilfe, sondern um eine Restkostenfinanzierung handelt: «Die Schweizer Berghilfe ist bei jeder Realisierung nur als Teilpartnerin dabei.» Bevor die Stiftung als Geldgeberin einsteigt, erfolgt zum Beispiel bei jedem landwirtschaftlichen Projekt eine landwirtschaftliche Betriebsberatung. Diese klärt ab, wie hoch die Eigeninvestitionen sind, ob Subventionen und/oder Investitionskredite der öffentlichen Hand oder Hypotheken von Banken gesprochen werden können. Erst dann reichen die Antragsstellenden ihr Gesuch mit allen zur Prüfung benötigten Informationen wie Steuererklärungen, Jahresrechnungen und betriebswirtschaftliche Berichte auch an die Schweizer Berghilfe ein.

Die erfahrene Betriebsexpertin benennt das aufwendige Prozedere salopp aber treffend beim Namen: «Die Gesuchstellenden müssen die Hosen herunterlassen, bevor es Geld gibt.» Umso wichtiger ist es zu wissen, dass alle Anträge absolut vertraulich bearbeitet werden und die Privatsphäre respektiert wird. Deshalb werden in diesem Beitrag auch keine regionalen Berghilfe-Empfängerinnen und -Empfänger namentlich genannt.

Bildung ist das A und O Mit dem fortschreitenden Klimawandel verändern sich die Bedingungen für die voralpinen Betriebe, dies stellt junge Bauernfamilien vor neue Herausforderungen. Einerseits steigen die Auflagen und Anforderungen sei-tens der öffentlichen Hand, was Investitionen zur Folge hat. Andererseits stellen Wasserknappheit wegen Trockenheit, Hangrutschungen und Bodenerosionen neue Herausforderungen dar.

Rosmarie Müller-Hotz rät allen Jungbauern und insbesondere den jungen Bäuerinnen, sich stetig weiterzubilden. «Bildung ist das A und O! Nur wer sich in der zunehmenden Digitalisierung zurechtfindet und auch fähig ist, einem einträglichen Nebenerwerb nachzugehen, ist fit für die Zukunft in einem Bergbauernbetrieb», macht die erfahrene Betriebsexpertin und Fachexpertin Bildung der Schweizer Berghilfe deutlich. Den jungen Bäuerinnen rät sie, eine Bäuerinnenausbildung zu machen und sich vom Betrieb anstellen zu lassen. Dadurch sind sie fähig, bei Bedarf den Hof selbstständig zu führen und sie haben Anspruch auf Sozialleistungen. Langfristig lohnt sich das finanziell für den ganzen Betrieb und gibt zusätzliche Sicherheit.

Architektur-Professorin mit Bodenhaftung Rosmarie Müller-Hotz war gerne unterwegs zu den Antragsstellenden und ihren Familien und fühlte sich bei den Bauernfamilien und Gewerbetreibenden immer herzlich willkommen. Als Tochter einer grossen Baarer Unternehmerfamilie, die einen Mühlebetrieb mit Mischfutterherstellung besass, hatte sie schon früh Kontakt mit der Landwirtschaft. Die Gespräche am Familientisch drehten sich nicht sel-ten um die Anliegen der Landwirte, die ihren Weizen zum Trocknen und Vermahlen brachten. Rosmarie Müller-Hotz studierte Architektur und ist emeritierte Professorin für Städtebau. Neben ihrer Lehrtätigkeit und dem Büroalltag betreute sie unter anderem auch Auslandprojekte in Südamerika und Afrika als Senior- Expertin bei Swisscontact, einer führenden Organisation in der Umsetzung internationaler Entwicklungsprojekte.

Ihr guter Draht zur Bauernschaft und das Verständnis für die Anliegen der ländlichen Bevölkerung waren ihr von grossem Vorteil während ihrer Tätigkeit als Betriebsexpertin der Schweizer Berghilfe: «Ich bin dankbar, so einen schönen freiwilligen Job ausführen zu dürfen. Es war mir immer eine Herzensangelegenheit.

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