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«Das Chinderhus platzt aus allen Nähten»

«Das Chinderhus platzt aus allen Nähten» «Das Chinderhus platzt aus allen Nähten»

Carmen Hanke, Leiterin des Chinderhorts und des Chinderhus Einsiedeln, zieht eine erste Bilanz zum neu lancierten Mittagstisch an der Schmiedenstrasse: «Im Schnitt besuchen 20 bis 25 Schülerinnen und Schüler den Mittagstisch.»

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie fällt Ihre Bilanz nach zweieinhalb Jahren in der Leitung des Chinderhorts und des Chinderhus in Einsiedeln aus? Sie fällt sehr gut aus: Wir haben die Zahl der betreuten Kinder in dieser Zeit verdoppelt. Während im August 2020 17 Kinder die Kita besuchten und 20 Schüler den Hort, sind es zwei Jahre später 33 Kinder im Chinderhus und 40 Schülerinnen und Schüler im Chinderhort. Im Sommer 2020 waren 17 Mitarbeiterinnen im Chinderhus und im Chinderhort zusammen beschäftigt: Wir hatten damals ein Total von 1130 Stellenprozenten. Heute sind es 25 Mitarbeiterinnen und 1540 Stellenprozente.

Wie hat sich die Einführung des Mittagstisches an der Schmiedenstrasse entwickelt? Seit dem letzten Sommer führen wir neben demjenigen im Chinderhort einen separaten Mittagstisch, der auch gut besucht ist. Im Schnitt besuchen 20 bis 25 Schülerinnen und Schüler den Mittagstisch an der Schmiedenstrasse 10 in Einsiedeln, der in den Räumen der Freien Evangelischen Gemeinde (FEG) untergebracht ist. Wie entwickeln sich die Belegungszahlen im Chinderhus? Das Chinderhus an der Mythenstrasse platzt wieder einmal aus allen Nähten: Wir führen an vier von fünf Tagen bereits eine Warteliste. Derzeit stehen vier Kinder auf der Warteliste: Deren Eltern bleibt nichts anderes übrig, als eine Tagesfamilie zu suchen oder für ihr Kind eine Krippe an einem anderen Ort zu finden. Wie steht es um die finanzielle Situation rund um den Chinderhort?

Der Bezirk übernimmt seit Januar grosszügig die Mietkosten der Räume für den Mittagstisch an der Schmiedenstrasse. Um die anfallenden Kosten an der Fuchsenstrasse heuer decken zu können, unterstützt uns der Bezirk Einsiedeln in diesem Jahr mit einem einmaligen Betrag in der Höhe von 60’000 Franken. Dazu kommen noch 50’000 Franken aus der bisherigen Leistungsvereinbarung zwischen dem Bezirk und dem Verein für Jugend- und Familienberatung.

«Unsere finanziellen Reserven sind aufgebraucht – dies wurde uns vom Bezirk vorgegeben.»

Sind denn Projekte in Sicht, mit denen das familienergänzende Angebot ausgebaut werden soll?

Wir würden das sehr gerne tun – zum Beispiel wäre ein Ausbau des Chinderhus Einsiedeln ein Gebot der Stunde, wo wir ja bereits Eltern abweisen beziehungsweise auf die Warteliste setzen müssen, weil es keinen Platz mehr hat, um weitere Kinder aufzunehmen. Aber wir können nicht – uns sind die Hände gebunden: Unsere finanziellen Reserven sind aufgebraucht, dies wurde uns vom Bezirk vorgegeben. Ein Ausbau des Betriebes sowie neue Projekte sind nur mit zusätzlichen finanziellen Mitteln möglich. Wie ist die Umfrage in Sachen schulergänzende Betreuung in den Vierteln ausgefallen? Der Rücklauf war von mässigem Erfolg gekrönt: Etwa ein Drittel der angefragten Personen hat geantwortet. Die Nachfrage nach einem Mittagstisch ist auch in den Vierteln vorhanden. Während die Kinder in Bennau und Willerzell einen Mittagstisch besuchen können, fehlt es in den Vierteln Egg, Tachslau, Euthal und Gross an den passenden Angeboten. Da uns die finanziellen Ressourcen sowie die Räumlichkeiten fehlen, können wir aktuell nichts zur Lösung beitragen.

«Wir sind überzeugt, dass wir uns mit der Qualität unserer Arbeit bewähren können.»

Wie kommt bei Ihnen die am Ende des Jahres 2021 eingereichte FDP-Initiative zur Einführung von Betreuungsgutscheinen an? Beim Verein für Jugend- und Familienberatung wird ein Systemwechsel – von der Objekt- zur Subjektfinanzierung – zu einschneidenden Konsequenzen führen. Doch wir sind überzeugt, dass wir uns mit der Qualität unserer Arbeit bewähren können. Konkurrenz belebt das Geschäft – wir nehmen die Herausforderung an. Und es wäre ja auch ganz gut, wenn es in Einsiedeln weitere Kitas geben würde. Der Verein für Jugend- und Familienberatung hat bereits im Jahr 2015 gemeinsam mit dem Bezirk die Initiative der Betreuungsgutscheine lanciert, die vom Volk damals leider abgelehnt wurde. Daher begrüssen wir die Initiative respektive den damit verbundenen Systemwechsel der Finanzierung weiterhin.

Wird denn mit der FDP-Initiative dasselbe bezweckt wie mit dem Kinderbetreuungsgesetz? Mit dem Kinderbetreuungsgesetz, das ab dem 1. Januar 2024 im Kanton Schwyz in Kraft treten soll, wird die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit verbessert. Das ist eine gute Sache: Das vom Schwyzer Kantonsrat verabschiedete Gesetz geht in der Tat in dieselbe Richtung wie die Einsiedler FDP-Initiative. Das neue Kinderbetreuungsgesetz sieht vor, dass sich die Gemeinden und der Kanton Schwyz je zur Hälfte an den Kosten der Kinderbetreuung beteiligen. Damit können Eltern bei der familienergänzenden Kinderbetreuung finanziell entlastet werden.

Was ändert sich mit der neuen Regelung konkret für die Eltern?

Eltern sollen eine einkommensabhängige finanzielle Unterstützung erhalten, was die Kinderbetreuung bis Ende Primarschule betrifft. Absehbar ist damit, dass Eltern mit einem höheren Einkommen in Zukunft tiefer in die Taschen greifen müssen als bis anhin, um die schulergänzende Betreuung zu bezahlen. Im Einzelfall können die Unterschiede beträchtlich ausfallen: Eltern zahlen heutzutage zwanzig Franken für ein Mittagessen am Mittagstisch pro Kind – in Zukunft könnten es fünfzig Franken sein. Für den Verein für Jugend- und Familienberatung Einsiedeln ändert sich naturgemäss auch einiges: Weil die Ausgestaltung des Kinderbetreuungsgesetzes noch of-fen ist und zudem der Bezirk Einsiedeln die Möglichkeit hat, teils bei der Objektfinanzierung zu verbleiben, ist eine Planung der Finanzierung derzeit unmöglich.


Bis zu 25 Schülerinnen und Schüler speisen am Mittagstisch des Chinderhorts, der in den Räumen der Freien Evangelischen Gemeinde in Einsiedeln untergebracht ist. Fotos: Magnus Leibundgut

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