Gu(t)zzi

ZWISCHENLUEGETEN 3

MARTHA EMMENEGGER

Ich habe es wieder getan. Obwohl ich mir letztes Jahr hoch und heilig schwor, es niemals wieder zu tun. Ich liess mich von meinem Vorsatz abbringen. Ehrlich gesagt, es brauchte nicht viel. Salma, unsere Jüngste, schaffte es mit schrägem Dackelblick. Es geht ums vorweihnachtliche Ritual des «Guetzli-Backens». Ich nenne sie übrigens «Gutzi».

Nun ja, mein Vorsatz war eine Affekthandlung (wie auch meine Silvestervorsätze). Ohne Gewähr. Denn, ja, im Nachgang ist die Küche jeweils ein mehlbestäubtes, klebriges Schlachtfeld. Dem übervollen Abwaschtrog mit Ausstechformen, Schüsseln und Backgerätutensilien steht eine menschenleere Küche gegenüber. Abgesehen von mir, Mutter Martha. Aber das Vorher beim Guetzlen finde auch ich schön. Gemeinsames Vorbereiten. Dann, wenn Sterne, Engel und Co. im Ofen sind und sich unverkennbarer Geruch in der Wohnung breit macht, werden Kindheitserinnerungen nicht nur wach, sondern fühlbar. Das Herz geht auf. Und der Mund dann auch. Nichts Feineres als frische Gutzi.

Zurück zum Zeitpunkt meiner Zusage. Salma freute sich dermassen laut, dass Frowin und Samira in die Küche kamen. Auch deren Begeisterung war gross inklusive Bereitschaft bis zum Schluss mitzuarbeiten. Oh, Du Fröhliche. Ich Gutgläubige. Denkste, knapp eine Stunde und vier Teige mit ein paar Auswallungen später, war, analog einer Blume, der Zauber verblüht und die Kinder verduftet. Ich sozusagen (wieder) alleinguetzelnde Mutter. Wie letztes Jahr. Sie ahnen meine Gedanken? Hoch und heilig schwor ich mir, nächstes Jahr gibts kein Gutzi-Backen und gab, auf dass ich bald fertig werde, voll Guzzi.

* Martha Emmenegger, 45, wollte nachforschen, warum man «Guzzi geben» sagt, wenn es eilt. Jetzt weiss sie es: Moto Guzzi ist eine italienische Motorradmarke

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