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Betroffenen das Gefühl geben, nicht alleine zu sein

Betroffenen das Gefühl geben,  nicht alleine zu sein Betroffenen das Gefühl geben,  nicht alleine zu sein

Ein unglaublich wichtiges, aber auch trauriges Thema ist der Tod eines Kindes. Für die Trauerarbeit mit Eltern von Sternenkindern setzt sich Alessia Gatti aus Einsiedeln ein. Sie möchte ein regelmässiges Sternensofa in Einsiedeln aufgleisen.

ANGELA SUTER

Statistisch gesehen waren 2021 von 1000 Geburten 0,44 Prozent Totgeburten, somit total 395 Totgeburten. Von Tausend Babys stirbt seit einigen Jahren ungefähr jedes Dritte vor dem ersten Lebensjahr, 280 Babys alleine 2021. 675 Sternenkinder gab es somit im vergangenen Jahr. Wobei die Zahl eigentlich viel höher ist, da bei dieser Statistik nur Kinder ab der 22. Schwangerschaftswoche oder ab 500 Gramm zählen. Dieses – leider immer noch tabuisierte – Thema betrifft deshalb sehr viele. Jemand, der sich dafür einsetzt, dass darüber gesprochen wird, ist Alessia Gatti.

Sie ist fest davon überzeugt, dass das Thema von grossem Interesse ist und ein Bedürfnis zum Austausch besteht: «Ich persönlich hätte mir vor sechs Jahren, nach dem Tod meines Sohnes, sehr gewünscht, dass es das Angebot eines Sternensofas gegeben hätte.» Denn das einzige, was ihr damals wirklich Kraft und Zuversicht geschenkt habe, sei einzig und alleine der Austausch mit anderen Betroffenen gewesen. Auch in ihrer Arbeit als Trauerbegleiterin erscheint ihr das als essenziell.

Seit fünf Jahren befasst sie sich nun mit dem Thema Sternenkinder. So werden Kinder genannt, die vor, bei oder kurz nach der Geburt versterben. Sie engagierte sich im Verein Regenbogen, einer Selbsthilfevereinigung, die sich mit dem Tod eines Kindes beschäftigt. Aktuell setzt sie sich beim Verein Himmelskind für Akuthilfe und Trauerbegleitung ein – und leitet in Horgen alle zwei Monate das Sternensofa. Immer wieder hörte sie, dass es schade sei, dass es in unserer Region nichts Ähnliches gäbe.

Verein Himmelskind unterstützt Sternenkinder-Eltern Hinter dem Verein Himmelskind stehen acht engagierte Frauen – alle Mamas von Sternenkindern. Unter anderem eben die Einsiedlerin Alessia Gatti. «Wir haben erfahren, was es heisst, wenn die Welt stehen bleibt und nichts mehr ist, wie es einmal war. Wir alle haben uns auf den Weg durch unsere Trauer gewagt, haben uns mit ihr angefreundet und erfahren, dass sie letztendlich Liebe ist – bedingungslos und grenzenlos. Das möchten wir gerne weitergeben», so die Leitgedanken des Vereins.

Aus diesem Grund wurde von Himmelskind am vergangenen Samstag die zweite Gedenkfeier in Einsiedeln organisiert. Für alle, die um ein Kind trauern – Eltern, Angehörige und auch Freunde. Der Feier wohnten rund 60 Betroffene bei, von überall aus der Schweiz. Das Himmelskind- Team gestaltete die Feier mit Regenbogenfarben, denn die Trauer ist nicht nur dunkel. «Es war sehr schön! Wir haben mit den unterschiedlichsten Farben stellvertretend für alle möglichen Emotionen gearbeitet. Denn während der Trauer gibt es auch farbige Momente!», erzählt Alessia Gatti nach dem Anlass. Der anschliessende Apéro diente dann vor allem zum Austausch und lebte von gemeinsamen, auch schönen Erinnerungen an die Sternenkinder.

Einige Projekte am Start Der Wunsch, ein Sternensofa in Einsiedeln zu realisieren, ist bei Alessia Gatti gross: «Aus eigener Erfahrung weiss ich, wie wichtig es ist, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.» Ein solches Sternensofa soll einen geschützten Rahmen bieten, in welchem alle Gefühle und Emotionen Platz haben dürfen. «Es soll den Betroffenen ein gutes Gefühl geben und das Wissen, dass man nicht alleine ist und verstanden wird», erklärt die dreifache Mutter.

Der erste Versuch im November fand leider zu wenig Anklang. Ein solcher Austausch sollte mit einer bestimmten Anzahl Teilnehmer stattfinden, damit jeder etwas von den Erfahrungen der anderen profitieren könne. «Mir ist bewusst, dass es Mut braucht, sich zu öffnen, sich in eine Gruppe zu begeben und sich auch auf die Trauer einzulassen», so Alessia Gatti. Aber sie möchte ermutigen dazu, es sei sehr heilsam, schön und auch berührend. So wird sie bald wieder einen Versuch wagen. «Ich wünsche mir mehr Raum und einen offenen Umgang mit dem Thema», führt Alessia Gatti aus, «und dass unsere Sternenkinder nie vergessen gehen, denn sie gehören zu uns!» Das nächste Projekt, bei welchem die 39-Jährige involviert ist, ist eine Sternenkindergrabstätte auf dem Friedhof Einsiedeln: «Ich freue mich sehr, dass ein solches Grab neben Schwyz nun endlich auch bei uns umgesetzt wird. Wir hinken da anderen Kantonen hinterher. Nähere Infos dazu wird es bald geben.»

Infos zu zukünftigen Sternensofas und Hilfe für Betroffene gibt es unter: www.himmelskind.ch

Alessia Gattis gemütlicher Raum in Einsiedeln, in welchem sie Begleitungen von Schwangerschaft, über Geburt aber auch Kindsverlust anbietet.

Fotos: zvg

Alessia Gatti setzt sich seit dem Tod ihres Sohnes aktiv für das Thema Sternenkinder ein.

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