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Die Titanic vom Walensee

Der historische Roman «Der Untergang des Delphin» steht im Mittelpunkt des Abends

Diesen Donnerstag lädt der Fram-Club zu seiner letzten Veranstaltung des Jahres ein: Zu einer Lesung mit Oscar Sales Bingisser und einem Gespräch mit Emil Zopfi.

wkä. Das tragische Unglück «bei einem der heftigsten Windstösse, die je erlebt wurden», wie es in einer Zeitungsnotiz hiess, forderte in der Adventszeit des Jahres 1850 dreizehn Todesopfer.

Die Namen der Passagiere und der Besatzungsmitglieder auf dem Postschiff Delphin sind im Staatsarchiv St. Gallen aktenkundig. Aber der Zürcher Schriftsteller Emil Zopfi wollte mehr über sie und die Katastrophe wissen und hat «in Archiven, Bibliotheken, Zeitungen und Publikationen aus jener Zeit» recherchiert.

Was aus den Dokumenten nicht ersichtlich war, hat er sich ausgemalt, sich vorgestellt, was die Frauen und Männer auf der Fahrt hätten reden und denken können. Über seine Arbeitsweise und seinen Alltag gibt Zopfi im Gespräch mit Walter Kälin Auskunft.

Tote zum Leben erweckt Als Leserinnen und Leser begegnen wir in diesem Roman ganz unterschiedlichen Leuten, einem Schirmflicker mit seinem Bub, einem ungehobelten Viehhändler, einer frommen Frau aus guter Familie, italienischen Seidenhändlern, einem Angestellten der Post und natürlich dem Steuermann, dem Heizer und den Matrosen.

Die einen sehnen sich da-nach, bald wieder zu Hause zu sein, andere freuen sich auf Weihnachten, der kleine Joschi trauert um seine Mutter, die er vor Kurzem verloren hat, und nicht wenige haben dunkle Vorahnungen, schon bevor sie in Walenstadt das Schiff nach Weesen besteigen.

Wer das Buch liest oder der Lesung im Museum Fram zuhört, lernt aber nicht nur die Umstände der Katastrophe und ihre Opfer kennen, sondern wird auch in die Zeit kurz nach der Gründung des schweizerischen Bundesstaates zurückversetzt: Es ist eine Epoche des Aufbruchs und der Hoffnung, aber auch eine, in der Armut und Krankheit den Alltag vieler prägen.

Bei Benziger publiziert

Oscar Sales Bingisser liest, eingebettet in das Gespräch mit dem Autor, ausgewählte Passagen aus der Unglücksgeschichte, die Emil Zopfi letztes Jahr veröffentlicht hat.

Der historische Roman ist ein literarisches Genre, das ihm liegt, genauso wie Literatur, bei der Berge im Zentrum stehen. In Einsiedeln besonders bekannt dürfte der Bildband «Die Mythen – im Herzen der Schweiz» sein.

Eine Beziehung zu Einsiedeln hat der Autor aber auch in einem ganz anderen Zusammenhang: In den 80er-Jahren kamen mehrere Bücher im Benziger Verlag heraus, darunter «Cooperativa oder Das bessere Leben», «Der Computerdieb» und «Musettina, das Kätzchen».

Wie so vielen anderen Schweizer Schriftstellerinnen und Schriftstellern bot ihm der hiesige Verlag, der leider schon lange nicht mehr existiert, eine wichtige Startrampe ins literarische Leben.

Die Titanic vom Walensee. Donnerstag, 15. Dezember, 20 Uhr, Museum Fram, Eisenbahnstrasse 19, Einsiedeln. Eintritt: 10 Franken (für Mitglieder des Fram-Clubs gratis).

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