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«Uns fehlt das fussballerische Winkelried-Gen»

«Uns fehlt das fussballerische  Winkelried-Gen» «Uns fehlt das fussballerische  Winkelried-Gen»

Am letzten Samstag fand auf dem Rappenmöösli das letzte Spiel der Vorrunde des Fanionteams des FC Einsiedeln statt. Im Gespräch mit unserer Zeitung analysierte der Trainer der 1. Mannschaft, Philippe Rechsteiner, die vergangenen Monate.

RENÉ HENSLER

Am letzten Dienstagabend war für die 1. Mannschaft das letzte gemeinsame Training vor der Winterpause. Im Anschluss folgte das Vorrundenabschlussessen im Clubrestaurant. Im Anschluss erhielt der Einsiedler Anzeiger die Gelegenheit, mit dem Trainer auf die Vorrunde zurückzublicken.

«Einsiedeln gehört zu den Topteams in der Einsiedlergruppe», war Ihre Ansage Anfang Saison. Wie sieht das Resümee nun aus? Zu Beginn haben wir dominiert, bei den Testspielen und den ers-ten beiden Begegnungen konnten wir als Sieger vom Platz gehen.

Zwei Spiele, zwei Siege. Was ist dann passiert? Das Spiel gegen Horgen ist passiert. Dort gerieten wir schnell in Rückstand mit drei Gegentoren und die Mannschaft ver-stand die Welt nicht mehr. Die Mannschaft kämpfte sich aber noch an ein 2:3 heran. Dennoch verloren wir das Spiel gegen einen Aufsteiger. Ich kann nicht in die Köpfe der Spieler schauen, aber es löste wohl ungute Gefühle aus. Daraus resultierte auf einmal eine unsichere Spielweise und jeder hatte das Gefühl, er müsse das Schicksal der Mannschaft alleine zum Guten wenden. Darunter litt das Zusammenspiel. Ich hätte mir gewünscht, dass sich die Spieler diese Bürde nicht aufgeladen hätten und ganz normal und einfach weitergespielt hätten. Ein Mal einen Pass mehr spielen, einen Spielzug mehr und ein erfolgreicher Abschluss wäre möglich gewesen. Das Tor hätte dann ein anderer gemacht, aber, alles wäre der Mannschaft zugute gekommen.

Die diesjährige Mannschaft ist fast dieselbe wie im letzten Jahr. Warum wurden nicht mehr Zuzüge gemacht? Im Sommer verliessen uns vier qualitativ sehr gute Spieler. Auch in der jetzigen Mannschaft ha-ben wir gute fussballerische Qualitäten. Die Zuschauer vermissen Routiniers. Warum fehlen «gestandene Fussballer» im Kader? Eine Person alleine macht noch kein gutes Spiel. Aber im Moment fehlen uns effektiv die erfahrenen Spieler. Doch woher nehmen, wenn die eigenen früh aufhören und sich nicht mehr zur Verfügung stellen. Eigene mit viel Qualität wohlverstanden. Wir haben viele Junge, die auf einem guten Weg sind, diese Lücke zu schliessen. Aber das dauert halt noch ein bisschen. Warum sah das Publikum nie eine beständige Stammmannschaft?

Der Grund ist ganz simpel: In den 18 Monaten, seit ich Einsiedeln trainiere, standen mir nie zwei Spiele hintereinander dieselben Spieler zur Verfügung. Immer wieder gab es Absenzen infolge von Verletzungen oder persönlichen Abwesenheiten. So ist es schwierig, eingespielt zu sein und den Mitspieler besser einsetzen zu können. Die zweite Halbzeit war durchs Band schwach. Was fehlte dem Team? Ich glaube, uns fehlt das «Winkelried- Gen». Sich mal aufzuopfern für die Mannschaft. Mal einen Ball einfach wegzuschlagen, auch wenn es nicht schön aussieht. Mal einen Spielunterbuch zu provozieren und sich vielleicht auch mal eine gelbe Karte abzuholen. Wie gesagt, sich für den Sieg zu opfern. Ich glaube auch, dass wir sehr genügsam sind. Dass es uns reicht, wenn wir immer noch ein 0:0 spielen oder gar eine Führung herausgespielt haben. Und so brauchte es nur einen Fehler und schon war der sicher mögliche Sieg weg. Auch wurde nicht mehr um jeden Ball gekämpft, damit ein Sieg wieder möglich gewesen wäre. Oft mühte sich ein Spieler mit einem Gegenspieler ab und die restliche Mannschaft schaute zu.

Was haben Sie gegen den Verliererfrust unternommen? Ich weiss nicht, ob wirklich jeder Spieler einen solchen Frust erlebte oder einfach glücklich war, im Team und «dabei» zu sein. Denn in den Trainings war die Stimmung gut und meist wurde auch gut trainiert. Vor den Spielen in der Matchbesprechung zog ich allerdings alle mir zur Verfügung stehenden Register: Zitate, Anekdoten, motivierende Ansprachen. Doch irgendwann kann man den Worten «dass es gut sei und dass es gut komme, wenn wir hart genug arbeiten » vielleicht einfach nicht mehr glauben. Beim Spiel gegen Bülach verzichtete ich auf «motivierende Worte» und bat sie nur, sich nicht hängen zu lassen. Es resultierte ein Unentschieden. Gab es noch weitere Massnahmen, die unternommen wurden?

Seit August führten wir montags immer Fördertrainings mit ausgewählten A-Junioren und Spielern der zweiten Mannschaft durch. Dort konnten sich die jungen Spieler empfehlen und sich durch die technisch-taktischen Trainings weiterentwickeln. Mit guten Leistungen wurden sie dann auch für Spiele der ersten Mannschaft aufgeboten. Aber auch hier galt: Die fussballerische Qualität und Leistung muss vorhanden sein. Im Regionen Cup ist die erste Mannschaft des Fussballclubs Einsiedeln erfolgreich. Warum konnte hier der Drive nicht in die Meisterschaft mitgenommen werden?

Hier hatten wir Losglück, uns wurden unterklassige Mannschaften zugelost und es war kein Vergleich zur Meisterschaft. Auch wenn diese Spiele nicht einfach waren gegen elf Gegner zu verteidigen. Von uns wurde erwartet, dass wir diese Mannschaften wegputzen. Da wurden dann diese knappen Siege eher negativ ausgelegt. Das Spiel gegen Siebnen war zwar gegen eine unterklassige Mannschaft, doch sie kamen um mitzuspielen. Es entwickelte sich ein gutes Spiel, in dem wir wieder zu viele Geschenke machten. Aber wir überwintern im Cup und das ist alles was zählt. In der Meisterschaft befindet sich die Mannschaft auf einem Abstiegsplatz. Was sind die Pläne, um auf einen Ligaerhalt-Platz zu kommen?

Das Ziel ist der Ligaerhalt. Ob wir dafür noch den einen oder anderen Spieler ins Kader holen, wird sich zeigen. Aber sicher ist, dass wir wieder mehr Leidensbereitschaft zeigen müssen. Jeder muss auf dem Platz alles für das Team geben und seine Prioritäten überdenken. Am 18. März 2023 ist der Start der Rückrunde. Wie sieht dann die Mannschaft aus? Im Grossen und Ganzen wird sie aussehen wie jetzt. Es ist durchaus möglich, dass noch weitere Junioren ins Kader kommen. Aber auch ich halte meine Augen immer nach weiteren Spielern of-fen, welche uns weiterbringen. Wie lautet Ihre Prognose für die Rückrunde? Die Situation ist ähnlich schwierig wie letzte Saison. Die Spieler müssen sich am Matchtag für die Mannschaft «zerreisen», dann sind Erfolge und auch ein Ligaerhalt möglich. Es kann sein, dass die Jungen, Hungrigen, welche nachrutschen, die Älteren verdrängen könnten. Wir werden sehen. Schön wäre es aber, wenn wir in der Rückrunde wieder vermehrt auch von den Rängen positive Energie bekommen würden! Denn unsere Jungs spielen für Einsiedeln, für ihr Dorf, ihre Familien und wollen die Farben unseres Vereins vertreten. Und sie machen das so gut sie können.

Der Trainer der ersten Mannschaft, Philippe Rechsteiner, zieht ein Fazit. Foto: Conny BIrchler

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