Veröffentlicht am

«Unser Team hat perfekt funktioniert!»

«Unser Team hat perfekt funktioniert!» «Unser Team hat perfekt funktioniert!»

Franziska Schönbächler blickt zufrieden auf die Grönland-Expedition zurück

Während zwei Jahren gehörte die 25-jährige Franziska Schönbächler dem SAC-Expeditionsteam an. Eine fast fünfwöchige Expedition in Grönland bildete den würdigen Abschluss. Für die Landschaftsgärtnerin nimmt der Alpinismus im Leben eine zentrale Rolle ein.

WERNER BÖSCH

Mit dem Gewinn der Bronze-Medaille an den Weltmeisterschaften im Eisklettern und der Durchsteigung der weltberühmten Eiger- Nordwand hat sich die in Willerzell aufgewachsene Alpinistin in der Szene einen Platz weit vorne erkämpft. Dass sie vor zwei Jahren den Sprung ins SAC-Expeditionsteam geschafft hat, erstaunt wenig. Sechs junge Frau-en aus der ganzen Schweiz zwischen 20 und 25 Jahren konnten in dieser Zeit ihre Fertigkeiten am Berg weiterentwickeln. Es fiel immer wieder auf, dass sich diese «Berg-Freaks» in einem oder mehreren Bereichen – technisch, aber auch sozial oder mental – durch ganz unterschiedliche Fähigkeiten auszeichneten. Hoch waren die Erwartungen aller an diesen finalen Event, eine vom 8. Juli bis 14. August 2022 stattfindende Expedition in Südgrönland, in einer Gegend, die allen gänzlich unbekannt sein sollte. Mit einer Crowd-funding-Aktion wurde Geld für die Reise in den knapp 4000 Kilo-meter entfernten autonomen Teilstaat innerhalb des Königreichs Dänemark gesammelt.

Basislager am Kangikitsaq-Fjord Am Freitag,8. Juli,flog das achtköpfige Team via Island zur 170-Einwohner- Siedlung Narsarsuaq am Südzipfel Grönlands. Inzwischen war die Equipe von sechs auf fünf Bergsteigerinnen geschrumpft; begleitet wurde die Gruppe von einer Ärztin, von Bergführer Beni Bühler aus Grabs SG sowie einem Fotografen. Fragt man Franziska nach dem Ziel dieser Expedition, bringt sie es kurz und bündig auf diesen Nenner: «Viel von unserem Können in einem unbekannten Gebiet anwenden.» Zum Gepäck: Pro Person waren zwei Taschen à 20 Kilogramm sowie ein Stück Handgepäck «erlaubt », dazu etwas Verpflegung. Mit einem Schiff, auf dem der Platz eher knapp war, ging es dann weiter nach Nanortalik, das man – mit über 1000 Einwohnern – schon fast als Stadt bezeichnen darf. Hier ging das Team auf «Shopping-Tour», galt es doch, für die kommenden gut vier Wochen genügend Lebensmittel ins stationäre Basislager mitzunehmen. Die benötigten Kalorien sollten dabei eine nicht unwichtige Rolle spielen.

Nach einer fünfstündigen Fahrt im Kangikitsaq-Fjord stieg der Adrenalin- Spiegel erstmals deutlich, war man doch nur gerade rund 500 Meter vom Basislager entfernt, wo ein grösseres Koch- und Aufenthaltszelt sowie – in etwas grösserer Distanz – die Stoffbehausungen der Teilnehmerinnen aufgebaut wurden. Zu dieser Distanz gibt Franziska ein Stichwort: Eisbären. Es sei vorweggenommen: Diese verhielten sich dem Expeditionsteam gegenüber zurückhaltend und verzichteten gänzlich auf unliebsame Begegnungen.

Rund ein halbes Dutzend Erstbegehungen Wenn man Franziska Schönbächler nach dem Funktionieren des Teams fragt, kommt die Antwort spontan: «Übers Ganze eigentlich perfekt. Einmal gab es ein kleines Streitchen wegen des Essens. Halb so schlimm!» Das fünfköpfige Kletter-Team organisierte die Zubereitung der Mahlzeiten sowie die Touren selbständig, Bergführer Bühler half höchstens mit, wenn es «heikle» Entscheidungen zu treffen galt. Franziska dazu: «Wir Frauen sind da eher etwas kompliziert.» In der Nähe des Basecamps gab es unzählige Klettermöglichkeiten, wobei die Wände viel bes-ser zu begehen waren als die Grate, welche sehr viel loses Gestein aufwiesen. In die-sen Wänden wurde bis zum Schwierigkeitsgrad 7a+ geklettert, durchschnittlich so etwa 6a. Die Routenlängen bewegten sich zwischen 5 und 10 Seillängen. Franziska schätzt, dass doch etwa sechs bis sieben Erstbegehungen realisiert werden konnten. Sie meint, auf einem Berg sei wohl noch niemand gewesen. Und hätten sie eine Bohrmaschine dabeigehabt, wären gar noch grössere Schwierigkeiten drin gelegen. Die grönländischen Granitberge ähneln den Schweizer Gebirgen, es gibt viel Platten- und Risskletterei. Doch bot sich in dieser Zeit auch die Möglichkeit, kombinierte Touren – mit Steigeisen und Pickel – anzugehen. Das Motto lautete: «Wir gehen unseren alpinistischen Gelüsten nach!» Einmal kehrte das Duo Franziska Schönbächler/Jill Schmid nicht ins Basislager zurück, sondern biwakierte am Berg, dies mit dem unerfreulichen Nebeneffekt, dass am Morgen – im dichten Nebel – beide pflotschnass aufwachten! Das sind Erfahrungen, welche auf einer derartigen Expedition einfach dazugehören. Im Nachhinein lacht Franziska darüber herzhaft!

Spannende Grönland-Wochen Wenn Franziska Schönbächler Bilanz zieht, führt sie schnell die technischen Schwierigkeiten ins Feld: «Ich wäre gerne häufiger auf schönen Graten geklettert und hätte lieber mehr kombinierte alpine Schwierigkeiten gemeistert. » Den Anteil von je einem Drittel Bouldern (Klettern ohne Seil und Klettergurt an Felsblöcken), Klettern und Hochtouren geht für sie vollkommen in Ordnung. Die grönländischen Berge haben Franziska gefallen, auch wenn sie unseren Bergen oft sehr ähnlich sind. Noch mehr schwärmt sie von den tollen Fjorden mit den wuchtigen Eisbergen. Auch das Team hinterlässt in ihr einen nachhaltigen Eindruck. Zum einen oder anderen Mitglied wird der Kontakt sicher weiterbestehen. Mit der 20-jährigen Bernerin Jill Schmid – sie hat im Winter mit Franziska Schönbächler die Eiger-Nordwand durchstiegen – wird es bestimmt wieder die eine oder andere Tour nach sich ziehen. Alles in allem möchte die Technikerin HF Garten- und Landschaftsbau (Fachrichtung Bauführung) die Erfahrungen im SAC-Expeditionsteam nicht missen. Die Teilnahme in dieser Gruppe öffnet den jungen Alpinistinnen und Alpinisten neue Perspektiven in ihrem tollen Metier. Man nimmt es Franziska Schönbächler ab, wenn sie beim Erzählen über diese fünf Grönland-Wochen meint, sie werde noch oft an dieses einmalige Erlebnis zurückdenken.

Gletscher, Wände und Grate: Was für eine faszinierende grönländische Bergwelt! Fotos: Franziska Schönbächler, Beni Bühler und Nadine Grossniklaus

Mit einem Kopf-Netz gegen die lästigen Mücken.

Unterwegs in kombiniertem Gelände. Was für ein Kontrast!

Franziska Schönbächler «turnt» elegant an einem mächtigen Granitfelsen. Sicherheit an erster Stelle!

Franziska bewältigt den steilen Riss in lockerer Art.

Franziska in ihrem Element. Je steiler der Fels – desto wohler fühlt sie sich.

Share
LATEST NEWS