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Papi-Urlaub braucht Anlaufzeit

Seit Anfang des Jahres 2021 gilt der bezahlte Vaterschaftsurlaub, im Kanton Schwyz nutzten 471 Männer das Angebot.

FLURINA VALSECCHI

Die Emotionen gingen hoch, als darüber diskutiert wurde, ob Männer ein Anrecht auf einen bezahlten Vaterschaftsurlaub haben sollen. Im Kanton Schwyz wurde die nationale Vorlage im September 2020 mit fast 58 Prozent Nein bachab geschickt, doch schweizweit fiel das Resultat mit 60,3 Prozent Ja-Stimmen schliesslich deutlich aus. Per Anfang Januar 2021 trat die Vaterschaftsentschädigung in Kraft, seither können Väter in der Schweiz innerhalb von sechs Monaten ab Geburt des Kindes zwei Wochen bezahlten Urlaub beziehen. Nun ist ein Jahr vergangen und eine erste Bilanz möglich.

Die grösste Übersicht übers Thema hat die Ausgleichskasse Schwyz, sie ist für rund zwei Drittel der Firmen im Kanton Schwyz zuständig. Daneben gibt es mehrere Dutzend weitere Ausgleichskassen und Verbände.

Im Jahr 2021 verzeichnete die Schwyzer Ausgleichskasse 471 Anmeldungen für den Vaterschaftsurlaub, es wurden insgesamt 6212 Tage ausbezahlt. Das sind im Schnitt 13 Taggelder, möglich wären pro Vater maximal 14. Kostenpunkt: rund 1,07 Millionen Franken.

Interessant: Im gleichen Zeitraum haben sich fast fünfzig Prozent mehr Frauen für den Mutterschaftsurlaub angemeldet, nämlich 701. Sie haben Anspruch auf maximal 98 Tage (14 Wochen), was in der Folge einen viel grösseren Betrag ausmacht, nämlich gut 8,4 Millionen Franken. Anspruch auf bezahlten Mutterschaftsurlaub haben berufstätige Mütter. Es gibt genug Geld im Fonds

Ist der bezahlte Vaterschaftsurlaub nun ein Renner oder nicht? Das kann Andreas Dummermuth, Geschäftsleiter der Schwyzer Ausgleichskasse, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen. Es fehlen die Mehrjahresvergleiche. Er sagt aber: «Erfahrungsgemäss braucht es bei allen neuen Leistungen eine gewisse Anlaufzeit.» Andernorts, zum Beispiel bei der Zürcher Sozialversicherungsanstalt, hiess es kürzlich, dass die Zahl der Anmeldungen mit 2800 im ersten Jahr noch unter den Erwartungen liege. Man beobachte, dass Väter sich zwar nach ihrem Anspruch erkundigen würden. Manche seien jedoch besorgt, da ihre Arbeitgeber dem Vaterschaftsurlaub gegenüber kritisch eingestellt seien.

Dummermuth weist darauf hin, dass die Zahl der Anträge noch etwas ansteigen könnte. Denn die Entschädigung kann auch noch rückwirkend angemeldet werden. Die finanziellen Mittel für die Vaterschaftsentschädigung seien ausreichend vorhanden, sagt Dummermuth mit Blick in die Kasse des Fonds der Erwerbsersatzordnung (EO). Der Fonds, aus dem unter anderem auch der Vaterschaftsurlaub bezahlt wird, war im Jahr 2020 mit 1,3 Milliarden Franken sehr gut gefüllt.

Die zwei Wochen werden geschätzt Das Verfahren funktioniert so: Die erwerbstätigen Väter können sich bei ihrer Ausgleichskasse – also dort, wo der Arbeitgeber die AHV abrechnet – für die Vaterschaftsentschädigung anmelden. Für die Arbeitgeber übrigens, welche den neuen Papi-Urlaub gewähren, ist es gemäss Dummermuth finanziell sinnvoll, die Vaterschaftsentschädigung auch tatsächlich anzumelden. Denn die Arbeitgeber bezahlen ohnehin EO-Beiträge, sie werden paritätisch zu je fünfzig Prozent von den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern getragen.

Der bezahlte Vaterschaftsurlaub, der seit dem Jahr 2021 in Kraft ist, kommt bei den Arbeitnehmenden gut an. Bei der Schwyzer Kantonalbank ha-ben alle frischgebackenen Väter, es sind rund zehn pro Jahr, den Urlaub in Anspruch genom-men. Der Vaterschaftsurlaub werde sehr geschätzt. Teilweise würden die zehn Tage nicht am Stück bezogen. Bereits längere Zeit vor Einführung des Gesetzes hat die Kantonalbank ihren Mitarbeitern zehn Tage bezahlten Vaterschaftsurlaub bewilligt.

Ähnlich tönt es bei der Victorinox: Auch hier beziehen die meisten Väter die bezahlten zwei Wochen Vaterschaftsurlaub. Vor der gesetzlichen Regelung erhielt der Mitarbeitende fünf bezahlte Tage von Victorinox und musste zusätzlich fünf Ferientage beziehen. So kam er zu zwei Wochen Vaterschaftsurlaub. Vaterschaftsurlaub etabliert sich als Standard «Da sich für uns grundsätzlich wenig geändert hat, machen wir gute Erfahrungen», sagt Sprecherin Claudia Mader. «Die Mitarbeitenden wissen den zweiwöchigen, bezahlten Vaterschaftsurlaub zu schätzen.» Und im Spital Schwyz gingen im vergangenen Jahr zwei Väter – unter den insgesamt 700 Mitarbeitenden – in den Vaterschaftsurlaub. Beide bezogen die vollen zwei Wochen. Vor dem neuen Gesetz waren im Spital fünf Tage erlaubt.

Bei der kantonalen Verwaltung bezogen seit Anfang des vergangenen Jahres 34 Männer einen Vaterschaftsurlaub. Zwar habe man keine systematischen Entwicklungen festgestellt, man gehe aber davon aus, dass sich der Vaterschaftsurlaub entsprechend rasch als Standard etabliert habe.

Es kam erst einmal vor, dass ein Vater den Vaterschaftsurlaub nicht in Anspruch nahm, wobei dessen Beweggründe dem Personalamt nicht bekannt sind. Vor der Einführung des neuen Gesetzes gewährte der Kanton den Vätern einen bezahlten Urlaub von drei Tagen.

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