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«Ihm fehlt eigentlich nix!»

«Ihm fehlt eigentlich nix!» «Ihm fehlt eigentlich nix!»

Skisprunglegende Toni Innauer über die Vierschanzentournee und die Chancen des Einsiedlers Killian Peier

Noch nie hat ein Schweizer Skispringer die Vierschanzentournee gewinnen können. Walter Steiner und Simon Ammann wurden in der Vergangenheit jeweils zweimal Zweite. Doch wie stehts mit Killian Peier? Ziemlich gut, wenn es nach Toni Innauer geht.

WOLFGANG HOLZ

Um es vorwegzunehmen: Auch der Bregenzerwälder Toni Innauer, der in den 70er-Jahren den «roten Adlern» der österreichischen Skisprung-Equipe voranflog, hat die Vierschanzentournee nie gewonnen. Zweimal rangierte der heute 63-Jährige im Gesamtklassement als Vierter – er, der ja 1980 in Lake Placid auf der Normalschanze Olympiasieger wurde, und vier Jahre zuvor in Innsbruck die Silbermedaille holte.

«Das liegt wohl daran, dass ich zu wenig oft an der Vierschanzentournee gestartet bin – irgendwann hätte ich wohl schon noch gewonnen», sagt er mit dem Unterton eines tirolischen Schmähs.

Vergleichbar mit Olympia

Dabei hat die Vierschanzentournee in Innauers Einschätzung einen sportlich hohen Stellenwert und sei vergleichbar mit Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. «Allerdings ist die Vierschanzentournee ein anderes Format. Sie findet im Unterschied zu Olympia und Weltmeisterschaften jedes Jahr statt und ist eben eine reine Skisprungveranstaltung. » Ausserdem könne man die Vierschanzentournee gewinnen, ohne bei einem der vier Springen auf Platz eins zu landen. «Andererseits: Verhaut man einen der acht Sprünge – und schon ist die Chance auf den Titel weg», verdeutlicht der gebürtige Vorarlberger.

Gefordert sei deshalb eine stabile Wettkampfhärte, möglichst keine Ausreisser nach unten, konstant weite Sprünge sowie die Fähigkeit, sich flexibel auf sich plötzlich verändernde Schanzenverhältnisse einstellen zu können.

Für den Österreicher, der fürs ZDF die Vierschanzentournee mitmoderiert, ist es deshalb nicht überraschend, dass so ein cooler Typ wie der Finne Janne Ahonen schon fünfmal die Vierschanzentournee gewinnen konnte. «Für die Finnen ist die Tournee fern der Heimat nicht so wichtig, sie können ohne Druck springen – im Gegensatz zu den Deutschen und den Österreichern, die auf ihren Schanzen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen enorm unter Publikumserwartungen stehen», sagt Innauer. Gerade die Deutschen stellten ein Phänomen dar, weil sie seit 20 Jahren auf einen neuen Vierschanzentournee-Sieger warten. Und das trotz eines Giganten im Team in Gestalt von Karl Geiger.

«Kompakt und komplett» Und was ist mit Killian Peier? Welche Chancen hat der aufstrebende Einsiedler in den Augen von Innauer auf einen Erfolg als erster Schweizer Skispringer? «Es freut mich zunächst einmal sehr, dass Killian Peier nach seinem Kreuzbandriss schon wieder so erfolgreich springt», sagt der frühere Bezauer. Das sei generell ein erfreuliches Zeichen für alle Sportler, die sich nach einer Verletzung zurückkämpfen müssten. «Es zeigt aber auch, dass er vieles richtig gemacht hat.» Für ihn gehört der 26-Jährige im Augenblick neben Ryoyu Kobayashi und Karl Geiger zu den «komplettesten und kompaktesten » Springern im Weltcup – und das nicht nur wegen dessen zwei vierten Plätzen jüngst in Engelberg. «Ihm fehlt eigentlich nix! Er springt wirklich sehr stabil», ist er überzeugt.

Peier verfüge über einen guten Absprung, sei ein guter Flieger. Sprich: Der Schweizer habe ein ausgeklügeltes Flugsystem entwickelt, erhalte gute Haltungsnoten und habe zuletzt hervorragende Landungen gezeigt. Laut Innauer kann Peier also mit den Besten im Weltcup sowie mit Klasse-Springern Lanizek, Kraft und Eisenbichler absolut bei der Vierschanzentournee mithalten. Er weise auch keine grossen Schwankungen auf. «Er muss vielleicht bloss noch das entsprechende Zutrauen für so eine Topposition fassen.» Wobei aus Sicht des österreichischen Skisprungexperten, der beruflich eine Sportagentur betreibt, bei der auch Nachwuchsskispringer wie Aschenwald und Tschofenig unter Vertrag stehen, wohl Kobayashi der ganz grosse Tournee-Favorit ist.

Wäre ein anderes Team besser?

Dabei stellt sich theoretisch auch die Frage, ob der Einsiedler, der bei der WM 2019 ja schon Dritter wurde, nicht längst mehrere Weltcup-Springen gewonnen hätte, wäre er Teil eines grösseren und kompetitiveren Teams – wie etwa der Mannschaft von Deutschland, Österreich oder Polen. Toni Innauer stimmt zu, dass so eine Umgebung sich für Peier möglicherweise schon sehr «dynamisch und motivierend» auswirken könnte. «Da spricht vieles dafür – in der Schweiz hat er allerdings mehr Ruhe.» Nach den Festtagen geht’s los in Oberstdorf. Innauer selbst, der erst bei den Springen in Garmisch und Innsbruck fürs ZDF co-moderieren wird, feiert jetzt zunächst mal «ganz ruhig » Weihnachten. Zu Hause im verschneiten Tirol.

«Er springt wirklich sehr stabil.»

Toni Innauer, Skisprung-Legende und ZDF-Moderator

Er traut Killian Peier bei der Vierschanzentournee viel zu: Toni Innauer. Foto: Clemens Fabry

Jüngst zweimal Vierter im Weltcup: Killian Peier. Foto: Wolfgang Holz

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