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«Es kam zu Kündigungen in Schlüsselpositionen»

«Es kam zu Kündigungen in Schlüsselpositionen» «Es kam zu Kündigungen in Schlüsselpositionen»

Els Dockx, Präsidentin der Personalkommission im Spital Einsiedeln, steht Red und Antwort: «Die Stimmung bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist schlecht.» Es fehle an einem respektvollen Umgang mit Patienten und Personal im Ameos Spital Einsiedeln.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie geht es Ihnen in diesen turbulenten Zeiten?

Mir geht es nicht so gut. Ich bin kürzlich trotz Impfung an Corona erkrankt, arbeite jetzt aber wieder im Spitallabor. Das Labor verzeichnet seinerseits einige krankheitsbedingte Ausfälle. Und das in einer Zeit, in der viel Arbeit anfällt. Das Spitallabor wertet derzeit en masse Corona-Tests aus: Wir machten im Tag fünfzig bis hundert Corona- Tests. Das kommt zu der sonstigen Routinearbeit oben drauf. Es gibt kaum noch ein Wochenende ohne irgendeinen Einsatz – und das seit Langem. Können Sie einschätzen, wie zufrieden das Personal im Ameos Spital Einsiedeln ist? Die Stimmung bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ameos Spital Einsiedeln ist schlecht. Corona macht uns müde – wie überall. Wir sind knapp an Personal – und das nicht nur in der Pflege. Zudem muss durch viele Krankheitsausfälle ständig eingesprungen werden. Als wäre das alles nicht schon schwer genug, fehlt es nun auch noch an Wertschätzung – und das ist nicht gut für die Motivation. Wie kommt die mangelnde Wertschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Ausdruck? Es hat in der vergangenen Zeit ein paar Kündigungen gegeben, die uns richtig schockieren. Klar steht es Ameos frei, aus Spargründen Stellen abzubauen. Es fällt aber auf, dass es vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Schlüsselpositionen betrifft, die sehr mit der Region verbunden sind und sich mit grossem Engagement und Sozialkompetenz für das Spital und sein Personal eingesetzt haben. Das verunsichert und macht uns traurig.

Wo drückt der Schuh konkret?

Es fehlt an einem respektvollen Umgang mit Patienten und Personal im Ameos Spital Einsiedeln. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlecht behandelt werden, gestresst und unzufrieden sind, schlägt sich das nicht zuletzt auch auf das Befinden der Patientinnen und Patienten nieder. Unserem CEO Michael Mehner mache ich keine Vorwürfe: Der Spitaldirektor bemüht sich sehr für die Integration in unsere schweizerische Kultur. Wo liegt denn der Hund begraben?

Seit der Integration von Ameos Schweiz in Ameos Süd werden leider viele Entscheidungen nicht mehr bei uns gefällt. Das ist schade: Denn die Verantwortlichen treffen ihre einsamen Entscheidungen weit weg von Einsiedeln und ohne Kenntnis der Umstände im Klosterdorf vor Ort.

Wie kommen die Verhandlungen rund um den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) voran? Die Verhandlungen über den GAV sind gar nicht erst aufgenommen worden und liegen dementsprechend auf Eis. Ob sie jemals aufgenommen werden, steht in den Sternen geschrieben. Fakt ist: Ohne GAV gibt es keinen Sozialplan. Die Frage stellt sich, ob denn eine Sozialpartnerschaft auch ohne GAV funktionieren könnte. Welche Veränderungen bei den Arbeitsbedingungen haben sich durch die Übernahme von Ameos für das Spitalpersonal in Einsiedeln ergeben? Auf den 1. Januar wird ein neues Personalreglement eingeführt: Dank diesem erhalten die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Ferien. Zudem gibt es neu vier freie Tage als Kompensation für die Umkleidezeit. Die Dienstjubiläumsgeschenke sind grosszügiger. Das sind also gewichtige Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen für das Personal. Auf der anderen Seite verschlechtern sich durch das neue Reglement die Umstände bei den Sozialabgaben. Sind die freien Stellen in der Pflege unterdessen wieder besetzt worden?

Im ganzen Land herrscht beim Pflegepersonal ein Notstand: Es fehlt nicht nur in Einsiedeln an Fachkräften in der Pflege. Im Spital Einsiedeln sind in anderen Bereichen Arbeitsplätze abgebaut worden, was uns sehr schmerzt: Mit den Sparmassnahmen will Ameos in die schwarzen Zahlen kommen. Diese Massnahmen zeigen auf, dass der Stellenwert des Personals leidet.

Wie sehen Sie die Zukunft des Spitals Einsiedeln und seines Personals? Das Spital in Einsiedeln hat eine lange Geschichte und bereits vieles erlebt: Es hat schon viele Veränderungen gegeben. Aber im Grundsatz waren wir immer ein Spital mit Dienstleistungen für die Region, mit einer Kultur von Wertschätzung, in der ein Einbeziehen von allen Kräften, ein Miteinander-Lösungen-Finden und ein gegenseitiges Motivieren im Vordergrund gestanden sind. Ich hoffe sehr, dass wir den Weg dahin wieder finden. Schliesslich hat sich auch die Bevölkerung in Einsiedeln mit einem Ja für die Finanzierung für diese Werte ausgesprochen. Ameos führt zahlreiche Rehaund psychiatrische Kliniken. Ist es möglich, dass das Spital Einsiedeln dereinst in eine Reha- Klinik umgewandelt wird? Das halte ich für ausgeschlossen: Denn mit der Stiftung Krankenhaus Maria zum finstern Wald wurde vertraglich abgemacht, dass in Einsiedeln mit dem Betrieb eine Grundversorgung der Bevölkerung im Fokus stehen soll. Und für eine Grundversorgung kann nur ein Spitalbetrieb garantieren.

Els Dockx, Präsidentin der Personalkommission im Ameos Spital Einsiedeln, arbeitet im Spitallabor. Foto: zvg

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