Veröffentlicht am

«Ein Nein zum Einsiedlerhof ist ein Türöffner für eine ganzheitliche Betrachtung»

«Ein Nein zum Einsiedlerhof ist ein Türöffner  für eine ganzheitliche Betrachtung» «Ein Nein zum Einsiedlerhof ist ein Türöffner  für eine ganzheitliche Betrachtung»

Kritische Stimmen zum Einsiedlerhof sind nur vereinzelt zu hören. Die beiden SVP-Kantonsräte Daniel Kälin und Fredi Kälin sprechen sich dezidiert dagegen aus.

VICTOR KÄLIN

Daniel Kälin und Fredi Kälin haben am 17. September eine Initiative eingereicht (EA 74/21). Sollte der Souverän am 28. November Nein zum Verwaltungszentrum Einsiedlerhof sagen, fordern die beiden SVP-Kantonsräte den Bezirksrat für eine allfällig weitere Vorlage auf, dass der Einsiedlerhof grundsätzlich nicht mehr verkauft, sondern nur noch «dem meistbietenden Schweizer Investor im Baurecht veräussert» werden darf. – Der Einsiedler Anzeiger lud die beiden Politiker zum Gespräch ein rund um die Abstimmung vom 28. November.

Wo sieht die SVP Vorteile der Vorlage Verwaltungszentrum?

Fredi Kälin: Ich möchte vorwegschicken, dass Daniel Kälin und ich nicht für die Partei sprechen können. In erster Linie sitzen wir zwei hier, weil wir im September eine Initiative zum Einsiedlerhof eingereicht haben. Wir sprechen lediglich als Exponenten der Partei, aber nicht für die Partei an sich. Doch zur konkreten Frage: Das vorliegende Projekt spricht nicht nur eine Klientel an, sondern deckt verschiedene Bedürfnisse ab. Es ist breit abgestützt.

Daniel Kälin: Auch für mich ist die gemischte Nutzung ein Vorteil.

Und wo sehen Sie Nachteile?

Daniel Kälin: Ich frage mich, ob die Verwaltung tatsächlich auf den teuersten Boden gehört? Das ist für mich ein grosser Nachteil. Eine zweite Frage betrifft den Saal im Pfarreiheim. Dieser steht für mich in Konkurrenz zum Gemeindesaal und zum Saal im Zwei Raben. Wir haben in Einsiedeln bereits andere Säle, welche nicht rentieren …

Fredi Kälin: Ich habe drei Kritikpunkte. Das Verwaltungszentrum Einsiedlerhof ist ein Neubau. Dabei hätte der Bezirk die Möglichkeit, bereits bestehende Gebäude umzubauen. Zweitens hat die Pandemie gezeigt, dass wir nicht primär auf Gebäude angewiesen sind, sondern auf eine gut funktionierende Infrastruktur. Was wiederum für eine Dezentralisierung spricht. Und drittens macht mir die Finanzlage des Bezirks Sorgen. Die Finanzierung des Projekts ist zwar nicht unmöglich, doch es wird eng – gerade im Hinblick auf die vielen Begehrlichkeiten, welche derzeit im Raum stehen. Wir müssen uns fragen, ob wir es uns leisten können, sich derart zu binden?

Wo sollte die Verwaltung Ihrer Ansicht denn hin?

Daniel Kälin: In eine öffentliche Zone. Warum nicht ins Zwei Raben oder in das neue Bahnhofprojekt. Beides sind öffentliche Zonen, zentral gelegen und mit dem öffentlichen Verkehr gut erschlossen.

Fredi Kälin: Der Standort der Verwaltung ist am PC! Ich sehe keine Pflicht für eine gute Erreichbarkeit. Wie oft suchen Bürgerinnen und Bürger das Rathaus physisch überhaupt noch auf, wenn sich alles elektronisch erledigen lässt?

Weder ein Liegenschaftskonzept, noch die Potenzialanalyse Zwei Raben liegen vor. Was versprechen Sie sich von einer Kenntnisnahme?

Daniel Kälin: Für eine Diskussion wären solche Grundlagen absolut hilfreich. Gerade zur Liegenschaft Zwei Raben wissen die Stimmbürger nicht, was dort für wen und zu welchen Kosten realisiert werden könnte. Es wäre nötig, beide Liegenschaften miteinander zu betrachten.

Fredi Kälin: Ich denke, es gibt tatsächlich Überschneidungen, was die Nutzungsmöglichkeiten betrifft.

Was denken Sie: Warum hält der Bezirksrat die Potenzialanalyse Zwei Raben unter Verschluss?

Daniel Kälin: Für mich gibt es nur einen Grund: Der Bezirksrat hat Angst, dass die Meinung der Einsiedler und Einsiedlerinnen zum Verwaltungsgebäude beeinflusst werden könnte. Und so will er zuerst die Abstimmung ins Trockene bringen.

Fredi Kälin: Ich kann mir auch keinen anderen Grund vorstellen. Ich hoffe einfach, dass wir in zehn Jahren dann nicht den verpassten Synergien nachtrauern.

Kann sich Einsiedeln wirklich erlauben, auch diese Vorlage Einsiedlerhof abzulehnen?

Fredi Kälin: Wieso nicht? Wir konnten das bereits dreimal und wir können das auch jetzt. Die Zeit darf in dieser Diskussion kein Faktor sein.

Die SVP ist sich (ebenfalls) einig: Die Leidensgeschichte des Projekts Einsiedlerhof soll ein Ende haben. Bloss wie? Was schlägt die Partei vor?

Fredi Kälin: Wie gesagt, wir können hier nicht für die ganze Partei sprechen. Warten wir den 28. November ab. Bei einem Ja ist Ihre Frage beantwortet. Bei einem Nein müssen alle Beteiligten die Köpfe zusammenstecken. Ich betone: Die SVP ist nicht per se gegen das Projekt; sie hat lediglich Stimmfreigabe beschlossen. Dennoch ist aus meiner Sicht ein Nein keine Katastrophe, sondern ein Türöffner für eine ganzheitliche Betrachtung der Liegenschaften des Bezirks.

Daniel Kälin: Bei einem Nein sind auch wir zwei bereit, uns an einer Lösung zu beteiligen.

Ein Wort noch zu Ihrer Einzelinitiative. Darin fordern Sie eine Abgabe nur noch «im Baurecht, dem meistbietenden Schweizer Investor». Warum sollte das besser sein als jetziger Teil-Verkauf?

Daniel Kälin: Das Areal Einsiedlerhof ist ein prädestiniertes Grundstück, sozusagen das «beste Pferd im Stall». Und dieses sollen wir verkaufen? Unser Boden wächst nicht. Was weg ist, ist weg. Für einen Neubau ist meiner Ansicht ein Verkauf nicht zwingend. Ein Baurecht ist da nachhaltiger.

Dreimal hat der Souverän Vorlagen «im Baurecht» in den letzten sieben Jahren abgelehnt. Ist das nicht eine Zwängerei von Seiten SVP, eine Missachtung des Volkswillens?

Daniel Kälin: Es ist keine Zwängerei, da das Baurecht in den alten Vorlagen sich nicht vergleichen lässt. Der Bezirk hätte bei allen drei Vorlagen keinen dem Wert des Grundstücks entsprechenden Baurechtszins erhalten. Ich bin überzeugt, dass sich aber auch dafür ein Investor finden lässt. Gerade in der heutigen Zeit liegt in der Schweiz enorm viel schlecht genutztes Geld auf der Seite, was eine Investition in Immobilien attraktiv macht. – Die jetzige Vorlage ist eine modifizierte Variante des (abgelehnten) Projekts von Richard Schönbächler. Das kann man durchaus ebenso als Zwängerei interpretieren.

Fredi Kälin: Die Alternative zu den dreimal Nein wäre es, die grüne Wiese zu belassen.

Ist Ihre Einzelinitiative letztlich nicht einfach Stimmungsmache gegen den Einsiedlerhof?

Fredi Kälin: Stimmungsmache wäre ein klares Nein von unserer Seite. Wir präsentieren aber einen lösungsorientierten Vorschlag und sagen nicht einfach Nein. Wir haben eine Idee und haben diese rechtzeitig präsentiert.

Hätte die Partei ehrlicherweise nicht einfach Nein zur Vorlage sagen sollen?

Daniel Kälin: Es liegt nicht an uns beiden, den Entscheid einer Versammlung zu kommentieren.

Fredi Kälin: Ich finde eine Stimmfreigabe ehrlich.

Wird die Partei im Vorfeld der Abstimmung aktiv werden?

Daniel Kälin: Die Partei selbst wird nicht aktiv. Fredi und ich haben jedoch ein Kontra-Komitee ins Leben gerufen. Es besteht aus Vertretern aus Politik und Wirtschaft und wird mit Plakaten und Inseraten für ein Nein werben.

Und was ich sonst noch sagen wollte … Daniel Kälin: Vom Bezirksrat erwarte ich ein stärkeres unternehmerisches Denken – gerade im Umgang mit den eigenen Liegenschaften. Dem Bezirk gehören viele alte Gebäude ohne Lösung. Und gleichzeitig baut man jetzt ein Neues.

Fredi Kälin: Das Verwaltungsgebäude ist zwar begehrenswert, aber nicht notwendig.

«Ein neues Verwaltungsgebäude ist zwar begehrenswert, aber nicht notwendig»: die beiden Einsiedler SVP-Kantonsräte Daniel Kälin (links) und Fredi Kälin vor dem Einsiedlerhof.

Foto: Victor Kälin

Share
LATEST NEWS