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«Es ist extrem schwierig, die Ausgelernten zu halten»

Ein Vakanzen-Report hat gezeigt: Die Schweiz braucht mehr Handwerker. Warum es an Fachkräften dieser Berufsgruppe mangelt und was man dagegen tut, verraten Verbände des Kantons Schwyz.

ERIKA UNTERNÄHRER

Es mangelt an Lehrkräften, an Pflegepersonal – und an Handwerkern: Dies hat der neuste Vakanzen- Report von Jobportal ergeben. Auf Platz zwei der Berufe, die schweizweit am meisten auf Jobportalen ausgeschrieben sind, steht eine Tätigkeit des Elektrohandwerks: Der Elektromonteur. Ganze 4711 Stellen sind für diesen Beruf ausgeschrieben. Auf Platz sechs befindet sich mit 2647 Jobangeboten der Schreiner, auf Platz acht mit 2400 Stellen der Sanitärinstallateur.

Diverse Möglichkeiten und Image-Problem «Es ist schwierig, Ausgelernte über mehrere Jahre zu halten. Die wenigsten Elektromonteure sind heute noch über dreissig Jahre alt», sagt Werner Grossmann, der Sprecher des Verbands für Elektroinstallationsgewerbe EIT, Sektion Zentralschweiz.

Der Grund: Die jungen Fachkräfte bilden sich nach wenigen Jahren weiter und verlassen den Beruf oder gar das Gewerbe. Auf Temporärfachkräfte greife Grossmann für seinen Betrieb nicht gerne zurück. Er meint: «Oft macht man schlechte Erfahrungen.» Und während Randkantone von Grenzgängern profitieren können, ist es für den Kanton Schwyz im Landesinneren schwierig, ausländische Fachkräfte mit anerkannter Ausbildung anzuwerben.

Wer denkt, dass Ausgelernte aufgrund der Löhne ins Büro wechseln, liegt falsch. Zumindest, was das Baugewerbe betrifft. Als Sanitärinstallateur verdiene man in der Regel besser als im Aussendienst oder in der Sachbearbeitung.

Warum also Werkzeuge gegen den Bildschirm austauschen? «Bauhandwerk-Berufe haben ein Image-Problem», sagt Markus Weibel vom Verband für Gebäudetechnik suissetec. Er ist Präsident der Sektion Zürichsee- Schwyz-Glarus: «Wer in der Schule nicht nachkommt, geht eben auf den Bau oder wird sonst irgendein Handwerker», ist das gängige Vorurteil, mit dem viele Fachkräfte dieser Branchen zu kämpfen hätten.

Das Bauhandwerk werde dadurch total verkannt, sagt Weibel: «In technischen Berufen muss man gut mit Zahlen umgehen können.» Nichts also für Schüler, die in der Mathematik nicht nachgekommen sind.

Bei den Schreinern fehlt sogar der Nachwuchs Schlaue Schüler braucht es auch für den Schreinerberuf. Hier besteht das Problem nicht nur darin, die Fachkräfte zu halten, sondern auch, guten Nachwuchs zu finden. Das Problem ist auch hier das Image.

«Mit der Digitalisierung hat sich der Beruf gewandelt, und die Anforderungen sind gestiegen», erklärt Heinz Steiner. Er ist der Präsident der Sektion Schwyz des Schweizerischen Schreinermeister und Möbelfabrikanten Verbands (VSSM): Anders als früher verarbeite der Schreiner heute nicht mehr nur Holz, sondern auch andere Materialien.

Des Weiteren erstrecke sich der Kompetenzbereich vom bauphysikalischen Wissen bis hin zum Programmieren und Bedienen von CC-Technologien. Dadurch, dass der Schreiner heute als Allrounder gilt, wandern die Fachkräfte auch zu Jobs in der Hauswartung oder im Storenbau ab. «Und», so fügt Heinz Steiner noch an, «der Kanton Schwyz ist ein Kanton, in dem es viele Holzbearbeitungsbetriebe gibt – es braucht also mehr Arbeitskräfte als in gewissen anderen Regionen der Schweiz.» Verbände suchen Lösungen

Die zunehmende Digitalisierung schafft mehr Arbeitsplätze vor dem Computer. Dadurch würde die Lust am Handwerksberuf schwinden, meint Weibel.

Also muss man mit der Entwicklung mitgehen – und ebendies tue der Verband für das Elektroinstallationsgewerbe: «Wir haben einen neuen Lehrgang entwickelt, der eine Kombination aus Elektro-Handwerk und Informatik ist.» In diesem Lehrgang werden junge Menschen zum Gebäudeinformatiker ausgebildet. «Die Fachkräfte führen gewisse Arbeiten am Computer, andere vor Ort mit dem Werkzeug aus.» Winwin sozusagen: Der Beruf bringt Abwechslung in den Berufsalltag und rückt Handwerker in ein anderes Licht.

Wandelt sich die Zeit, verändern sich die Bedürfnisse – mehr Abwechslung, mehr Freiheiten, mehr Flexibilität in den Arbeitsmodellen. Neun Monate durcharbeiten und mit dem Ersparten dann drei Monate auf Reisen gehen – das sei vor allem den jungen Schreinern ein Bedürfnis, erklärt der VSSM-Präsident.

Gedanken mache sich der Verband aber auch über zeitgenössische Arbeitsmodelle, sprich Teilzeitarbeit: «Ich sehe keinen Grund, warum eine 60-Prozent-Stelle nicht möglich sein sollte. Planen kann man auch mit Teilzeit-Fachkräften», so Steiner.

Der Tenor der Fachverbände: DieGesellschaftsensibilisieren– auf die Wichtigkeit, die Möglichkeiten und den Wandel der Handwerkerberufe. Denn es ist klar: Auch wenn die Digitalisierung die Handarbeit in vielen Bereichen durch Maschinen ersetzt hat, hat Handwerk nach wie vor goldenen Boden.

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