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«Wir wollen gerne helfen»

«Wir wollen gerne helfen» «Wir wollen gerne helfen»

Interview mit Christine Kelkel (38) und Dominique Kelkel (32) über ihre rechtliche Beratungsarbeit in Einsiedeln

Im April gründeten die Kelkel-Geschwister Dominique und Christine Kelkel eine medizinale Rechtsberatungsfirma in Einsiedeln. Dass zwei junge Frauen eine eigene Firma gründen, ist nicht alltäglich. Wir fragten im Interview, was sie dazu bewogen hat.

WOLFGANG HOLZ

Wie lange sind Sie schon in Einsiedeln?

Dominique Kelkel (DK): Wir leben jetzt schon seit neun Jahren in Einsiedeln. Unser Vater ging hier früher ins Klosterinternat. Christine und ich sind beide in Zürich aufgewachsen. Schon als Kinder sind wir immer wieder hier gewesen, weil mein Vater hier seine Kindheit verbracht hat. Vor neun Jahren sind wir nach Einsiedeln gezogen und wohnen am Schnabelsberg.

Wie gefällt es Ihnen hier – Sie wohnen ja auch hier? DK: Sehr gut. Am Anfang dachten wir, dass es ein grosser Wechsel sein würde, von Zürich nach Einsiedeln zu ziehen. Aber Einsiedeln ist wirklich ein kleines Juwel, ein Kraftort. Eine Wohlfühloase. Wir wurden hier gut aufgenommen und haben inzwischen einen kleinen Freundeskreis.

Christine Kelkel (CK): Es ist wunderschön hier. Und obwohl man in Einsiedeln dezentral lebt, ist man schnell in Chur, Zürich und Rapperswil. Man lebt naturverbunden. Wenn man hierher kommt, fühlt man sich wie in den Ferien.

Sie sind zwei Schwestern, die beide Jura studiert haben. Das ist durchaus speziell. Wie kommts? DK: Eigentlich stammen wir aus einer Ärztefamilie. Unsere beiden Eltern sind Zahnärzte. Da unser Vater lange Zeit als Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für rekonstruktive Zahnmedizin fungierte und dabei als Gutachter für Versicherungen arbeitete, hatte er auch mit Rechtsfragen zu tun. Auf diese Weise sind wir in Kontakt gekommen mit dem Medizinrecht. CK: Die Verbindung zwischen Recht und Medizin hat uns fasziniert. So haben wir uns entschieden, nach unserem Jurastudium einen Zusatzmaster mit Fachspezialisierung Medizinrecht an der Westfälischen Universität in Münster zu absolvieren. Meine Schwester und ich sind keine Zwillinge – wofür wir oft irrtümlich gehalten werden – aber wir waren schon immer nicht nur Schwestern, sondern auch stets beste Freundinnen. Ich bin 38 Jahre alt, meine Schwester Dominique ist 32 Jahre alt. Wir sind zwar sehr unterschiedlich, ergänzen uns aber permanent – bei der Arbeit und auch privat. Und deshalb haben wir entschieden: Wir machen das zusammen.

Was fasziniert Sie an der Rechtswissenschaft? DK: Die Juristik ist eine pragmatische Sache. Sie ist wie ein Schachspiel. Sie ist klar und logisch aufgebaut. Für einen Fall sucht man unter verschiedenen Lösungen die beste – wobei es am Ende immer eine Frage der Argumentation ist. Wir finden das wahnsinnig interessant. CK: Andererseits braucht die Rechtswissenschaft auch viel Feingefühl, Empathie und Fingerspitzengefühl. Es kommen Menschen mit realen Problemen und Schicksalsschlägen zu einem. Meine Schwester und ich wollen mit unserer medizinischen Rechtsberatung deshalb anderen Menschen am Ende einfach helfen. Dieses Helfersyndrom ist uns schon in die Wiege gegeben worden.

Dass zwei junge Frauen eine eigene Firma gründen, ist auf dem Land noch nicht unbedingt alltäglich. Was hat Sie zu dem Schritt bewogen? DK: Wir haben uns nach der juristischen Ausbildung auf dem Arbeitsmarkt umgeschaut und nach einer passenden Stelle gesucht. Es gibt natürlich vor allem Anwaltskanzleien in Zürich, die sich mit Medizinrecht beschäftigen. Meine Schwester und ich sind aber Juristinnen. CK: Und unsere Philosophie ist es ja, durch Mediationen zu verhindern, dass es überhaupt zu Gerichtsprozessen kommt. Wir suchen also nach juristischen Lösungen vor einem eventuellen Prozess. Deshalb haben wir uns gesagt: Lass uns selbstständig machen – entsprechend unserem juristischen Credo. Und wir haben uns dabei gern für Einsiedeln entschieden. Es ist menschlich und herzlich hier und eben nicht anonym. Indes – es gibt zwar ein Spital und zahlreiche Ärzte in Einsiedeln. Aber befürchten Sie für Ihre Medical Legal Consulting AG, die sich mit spezieller Beratung im nationalen und internationalen Medizinrecht befasst, nicht, dass es unterm Strich etwas dünn sein wird, was die Kundennachfrage angeht? CK: Wer uns finden will, findet uns. Die Kunden müssen ja nicht immer ins Büro kommen. Wir bieten Haus- und Firmenbesuche an. Man kann zudem telefonisch viele Fälle abklären. Einsiedeln ist so ein schöner Arbeitsort, wir sind umgeben von Restaurants, wir sind gleich auf dem Wanderweg, dass es gar nicht zur Debatte stand, unsere Firma woanders zu gründen.

Kann man sagen, dass Sie eigentlich ein Familienunternehmen im traditionellen Sinn sind – Ihr Vater, der eine Zahnarztpraxis in Zürich hatte, ist ja Verwaltungsratspräsident? CK: Ja, das kann man sagen. Wir waren früher schon im Familienunternehmen tätig – und nachdem unser Vater seine Praxis verkauft hat, haben wir die Familiendynastie auf diese Weise fortgesetzt. In der Familie kann man sich gegenseitig aufeinander verlassen und einander vertrauen.

Sie wollen in Streitfällen unter anderem zwischen Ärzten und Patienten vermitteln, um per Mediation teure Gerichtsprozesse zu vermeiden. Ist denn das Verhältnis zwischen Arzt und Patient heutzutage so konfliktär geworden, dass man dafür extra eine Consulting AG braucht? DK: Nein, und dies ist nur ein Teilaspekt unserer Arbeit. Es geht nicht darum, nur Konflikte zwischen Ärzten und Patienten zu schlichten, sondern wir stehen auch Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten zur Seite, um sich juristisch abzusichern und um sie zu beraten. Auch Spitälern, Pflegeheimen und Krankenkassen helfen wir zu medizinrechtlichen Fragen. Weiter im tiermedizinischen Bereich und im Futtermittelrecht, um zu unterstützen. Wir arbeiten mit verschiedenen Tierorganisationen zusammen. Die juristische Reglementierung im Medizinbereich ist so komplex geworden, dass man froh sein sollte, in diesem Gesetzesdschungel auf kompetente Beratung zählen zu dürfen.

Wollen Sie auch bei Gerichtsprozessen selbst juristisch aktiv werden? CK: Nein, wie gesagt, wir sind Juristinnen und keine Rechtsanwälte. Wir wollen verhindern, dass es zu Prozessen kommt und vorher juristische Lösungen finden. Für den Fall, dass der Prozess unumgänglich ist, stehen wir im Kontakt mit zwei sehr guten Anwälten, die unsere Klienten gerne vor Gericht vertreten – wenn sie dies wünschen. Wir selbst beraten und begleiten unsere Kunden gerne bis zum Prozess. Wo wollen Sie in fünf Jahren mit Ihrer Firma sein? CK: Wir wünschen uns weiterhin hier zu sein. Für unsere Arbeit ist es irrelevant, ob wir in Zürich, in Einsiedeln oder in Lugano arbeiten. Wir bevorzugen es, dort zu bleiben, wo wir uns wohl fühlen. Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Glauben Sie, dass gutes Aussehen … DK ( lacht herzhaft) … in Ihrem Beruf als Juristin hilft? DK: Danke fürs Kompliment! Wir haben uns immer gesagt: Als Juristinnen hilft gutes Aussehen sicher nicht. Ich würde sagen, ganz gleich, in welchem Beruf man tätig ist, es gibt immer Vorurteile, Missgönner und ähnliches. Am Ende des Tages zählt aber sicher, wie fleissig man ist und welche Arbeitsmoral man hat. Wenn man zu uns kommt, spielt das sicher überhaupt keine Rolle. Das hoffe ich zumindest. (Inserat erschienen)

«Rechtswissenschaft braucht auch viel Feingefühl, Empathie und Fingerspitzengefühl. Es kommen Menschen mit realen Problemen und Schicksalsschlägen zu einem.»

Dominique Kelkel

«Es geht nicht darum, nur Konflikte zwischen Ärzten und Patienten zu schlichten, sondern wir stehen auch Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten zur Seite.»

Christine Kelkel

Zwei Schwestern: Dominique Kelkel (links) und Christine Kelkel in ihrem Einsiedler Büro.

Foto: zvg

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