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Güllen ist vollends im Umbruch

Güllen ist vollends im Umbruch Güllen ist vollends im Umbruch

Im kommenden Jahr werden neue Vorschriften zum Lagern und Ausbringen von Gülle eingeführt

Wer sich über Güllengestank ärgert, kann auf bessere Zeiten hoffen: Mit dem Schleppschlauch ausgetragene Gülle stinkt weniger. Dank der Luftreinhalteverordnung wird eine emissionsarme Ausbringung von Gülle obligatorisch. Auf die Bauern kommen derweil mit der Anschaffung der Schläuche hohe Kosten zu.

MAGNUS LEIBUNDGUT

In diesem Jahr sei es zu einer einzigen Beanstandung im Bezirk Einsiedeln gekommen, die in Zusammenhang mit dem Güllen steht, berichtet Stefanie Wermelinger, Leiterin des Fachbereichs Umwelt und Energie beim Bezirk Einsiedeln: «Ein Anwohner zeigte sich besorgt, dass die Gülle eines Bauern aufgrund der Niederschläge in einem nahegelegenen Bach landen könnte.» Wermelinger rückte aus und begutachtete den Fall: «Es war nicht so, dass der Landwirt den Abstand zum Gewässer beim Ausbringen der Gülle nicht eingehalten hätte. Grundsätzlich hatte der Bauer die Sache im Griff.» Der Bauer sei aber darauf aufmerksam gemacht worden, dass aufgrund des starken Niederschlags zusätzlich darauf geachtet werden müsse, dass die Gülle nicht weggeschwemmt werde. Bauern müssen mit Kürzungen der Direktzahlungen rechnen Bemerkenswert sei, dass es heuer keine Reklamationen von Anwohnern gegeben habe, die sich über Güllengestank geärgert hätten, schildert Wermelinger: «Womöglich hat dieser Umstand damit zu tun, dass witterungsbedingt weniger Leute draussen waren – beziehungsweise der Gestank vom Winde verweht wurde.» Mario Bürgler, Vorsteher des Schwyzer Amts für Landwirtschaft, bestätigt, dass die neuen Vorschriften zum Lagern und Ausbringen von Gülle bereits im kommenden Jahr zur Anwendung kommen: «Ab dem 1. Januar wird eine emissionsarme Ausbringung im Kanton Schwyz obligatorisch – zumindest aktueller Stand heute.» Es sei noch offen, ob der Bundesrat die Einführung der neuen Vorschriften vertage.

«Klar ist hingegen, dass es, wenn ein Landwirt ohne Schleppschlauch güllen würde, ab dem Jahr 2023 zu Kürzungen der Direktzahlungen kommen wird», schildert der Amtsvorsteher: «Mit Bestimmtheit ist der Schleppschlauch eine gute Sache: Er schützt die Umwelt und sorgt für geringere Geruchsemissionen. » Es habe in diesem Jahr nicht ausserordentlich viele Fälle von Gesetzesübertretungen gegeben im Kanton Schwyz, bei denen Gewässer durch Gülle verschmutzt worden seien: «Es ist wie beim Autoverkehr – es kann immer einen Unfall geben», führt Bürgler aus.

«Schleppschläuche sind sehr teuer» Bei Florian Kälin, Präsident des Bauernvereins Einsiedeln, hält sich die Begeisterung über die neuen Vorschriften mit der Schleppschlauch-Pflicht in Grenzen: «Es wäre besser gewesen, wenn Ausbringen der Gülle mit Schleppschläuchen wie bis anhin freiwillig bleiben würde.» Auf die Landwirte kämen nun hohe Investitionskosten zu, «denn diese Verteiler sind sehr teuer». Zudem sei nicht einmal geklärt, ob überhaupt ausreichend Maschinen und Geräte in der Schweiz zur Verfügung stehen würden, die es für ein emissionsarmes Ausbringen brauche.

«Ein Hauptproblem besteht darin, dass es in der Landwirtschaft im Bezirk Einsiedeln sehr viele Parzellen gibt, die zu klein sind und sich nicht mit schweren Fässern des Lohnunternehmers befahren lassen oder schlichtweg zu weit weg sind, so dass sie sich auch fürs Verschlauchen nicht eignen », sagt Kälin: «Überbetriebliche Maschinen sind meist grösser und schwerer, so dass sich das Problem der Bodenverdichtung einstellt.» Es gebe schliesslich bessere Lösungen, um Ammoniak einzusparen, findet der Präsident: «Der Bundesrat müsste die Weidehaltung der Kühe draussen stärker fördern – mit Weideund RAUS-Beiträgen.»

Neue Vorschriften stossen auf wenig Begeisterung

Reklamationen von Anwohnern über stinkende Gülle seien selten in Einsiedeln, gibt Florian Kälin zu bedenken: «Hier auf dem Lande gibt es noch ein Verständnis der Leute für die Landwirtschaft. » Wesentlich sei, dass nicht bei grosser Hitze oder auf vollends durchnässten Wiesen gegüllt werde – weil dann die Gülle nicht vom Boden aufgenommen werden könne und abfliesse oder verdunste.

Thomas Reinhard, Projekte und Support bei den Schweizer Milchproduzenten (SMP), sagt, dass die neuen Vorschriften bei den Landwirten auf ein unterschiedliches Echo stossen – je nach Region: «Bauern, die bereits mit den neuen Geräten güllen, begrüssen die neuen Vorschriften.» Hingegen stossen diese bei Landwirten in hügeligen Regionen mit kleineren Parzellen auf wenig Begeisterung, weil dort das Ausbringen der Gülle mit Schleppschläuchen keine einfache Sache sei.

«Milchbetriebe müssen sich gut vorbereiten»

«Zudem lohnt sich die Investition bei Bauern kaum, die in zwei oder drei Jahren ihren Betrieb aufgeben», konstatiert Reinhard: «Landwirte müssen mit Investitionskosten zwischen 20’000 und 80’000 Franken rechnen.» Es gebe eine sehr grosse Nachfrage bezüglich der neuen Maschinen, sodass diese kaum rechtzeitig geliefert werden könnten.

«Das in der Luftreinhalteverordnung festgehaltene Obligatorium für emissionsarme Ausbringung von Gülle auf Hangflächen mit weniger als 18 Prozent Neigung und das Abdecken von Güllelagern gilt auch für Milchproduktionsbetriebe », schreiben die Schweizer Milchproduzenten (SMP) in einer Medienmitteilung: «Milchbetriebe müssen sich gut vorbereiten, um keine Überraschungen zu erleben. Hilfe dabei können die regionalen und kantonalen Organisationen leisten.» «Kapitalintensive Investitionen» sind im Fokus Die Umsetzung der Verordnung werde kantonal unterschiedlich umgesetzt, wodurch es schwierig sei, den Überblick zu behalten, betont der Zentralverband: «Trotzdem gilt es, sich gemeinsam mit den kantonalen Organisationen rechtzeitig und gut vorzubereiten. » Gerade bei Umsetzungsschwierigkeiten sei es zentral, dass getroffene Massnahmen dokumentiert und mit den Behörden abgesprochen würden: «So werden zum Beispiel Fristverlängerungen möglich», heisst es in der Medienmitteilung weiter.

«Investitionen in gesetzlich zugelassene emissionsarme Gülleausbringverfahren sind kapitalintensiv », teilt der Veband mit: Vor diesem Hintergrund sei es sehr wichtig, dass diese auf die gesetzlichen Vorgaben abgestimmt sind. «Bevor die kantonalen Vorgaben und Umsetzungspläne nicht genau bekannt sind, ist es schwierig, die richtigen Investitionen zum richtigen Zeitpunkt zu tätigen», schreiben die Schweizer Milchproduzenten: «Das Einholen aller notwendigen Informationen ist deshalb das zentrale Instrument, um betriebswirtschaftlich zu investieren. » Es seien auch die Möglichkeiten der überbetrieblichen Zusammenarbeit oder der Güllung im Auftrag zu prüfen.

Im kommenden Jahr wird die bandförmige Ausbringung der Gülle mit Schleppschlauchverteilern obligatorisch. Das Obligatorium zum emissionsarmen Güllen gilt für Betriebe mit mehr als drei Hektaren Fläche, die weniger als 18 Prozent Hangneigung aufweisen.

Foto: zvg

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