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«Wir nehmen Junge und Frauen mit auf dem synodalen Weg»: Heute lesen, was morgen im EA steht.

«Wir nehmen Junge und Frauen mit auf dem synodalen Weg»: Heute lesen, was morgen im EA steht. «Wir nehmen Junge und Frauen mit auf dem synodalen Weg»: Heute lesen, was morgen im EA steht.

Am Sonntag hat Bischof Joseph Maria Bonnemain Jugendliche zu einem Treffen im Klosterdorf eingeladen. Dieses Treffen soll die Initialzündung zum synodalen Prozess im Bistum Chur geben, der im Jahr 2023 in die Bischofssynode mündet.

Magnus Leibundgut

Wie ist das Treffen mit den Jugendlichen am Sonntag ausgefallen?
Ich bin vollends überwältigt: Gut hundert junge Leute aus dem Bistum Chur sind an das Treffen gekommen und haben aufgezeigt, dass sie in grossem Engagement bereit sind, mitzutragen. Das stimmt mich sehr zuversichtlich: Diese Jugend gibt viel Hoffnung für die Zukunft der Kirche.

Auf welche Art und Weise ist das Projekt eines Jugendrats angelaufen?
Ich bin überrascht, dass am Sonntag ganze 35 Leute ihre Bereitschaft erklärt haben, künftig in diesem Jugendrat mitarbeiten zu wollen und mir als Bischof ihre Ideen und Visionen zu präsentieren. Die Idee des Jugendrats ist es, dass die Jugend den Bischof berät. Das ist doch bemerkenswert, dass ein Drittel der Jugendlichen, die da waren, mitmachen wollen. Die Jugendlichen haben gemerkt: Nur wenn sie aktiv werden, ergibt sich die Möglichkeit, dass sich etwas verändert in der Kirche. Der Jugendrat ist denn auch das Neue am Ganzen: Den Priesterrat und den Rat der Laientheologen und Diakonen gibt es ja bereits.

Können Sie ein Wort verlieren über die Visionen der Jugendlichen?
Zuallererst ging es bei den Visio­nen um eine Gemeinschaft der Gläubigen, um eine geschwisterliche Kirche und um Solidarität mit den Randständigen in unserer Gesellschaft, mit den Leidtragenden, vom Leben Distanzierten und Flüchtlingen. Dabei haben die Jugendlichen auch offen «heisse Eisen» angesprochen wie einen Umgang mit LGBTQ, Frauen in der Kirche, Zölibat oder Transparenz.

Welche Ziele setzt sich der synodale Weg?
Fürs Erste sind die Gläubigen und Kirchenmitglieder weltweit aufgerufen, bis Ende November Antworten auf einen umfangreichen Fragenkatalog zu geben – diese erste Etappe erfolgt auf Bistumsebene. Es soll sich von «unten» her herauskristallisieren, was die Anforderungen an eine zukunftsfähige Kirche sind. Um den Prozess zu vereinfachen und den Überblick zu behalten, haben die Bistümer Basel, Chur und St. Gallen beschlossen, den Weg gemeinsam zu gehen und Synergien zu nutzen.Wie wird der synodale Prozess 2022 weitergeführt?
Zunächst werden die Daten der Umfrage ausgewertet. Es gibt einen Bericht über die Erwartungshaltungen und Ideen des Kirchenvolkes. Bis Ende Januar erfolgt eine Versammlung im Bistum Chur, in der die Räte und Landeskirchen Einsitz nehmen. Dann verfassen die Bischöfe der Schweiz einen weiteren Bericht, der nach Rom geschickt wird. In einer zweiten Phase diskutieren die Kontinente nachfolgend die Ergebnisse, die wiederum nach Rom geschickt werden, wo dann im Herbst 2023 während dreier Wochen die Synode über die Bühne geht.

Wer nimmt an der Weltsynode 2023 in Rom teil?
Neben den Bischöfen, der Kurie im Vatikan und Ordensleuten nehmen auch Laienorganisationen an der Synode teil. Diese steht überdies unter der Beobachtung von anderen Religionen. Insgesamt nehmen 350 bis 400 Leute an der Synode teil.

Unter welchem Motto steht die Weltsynode 2023?
Das Thema der Weltsynode 2023 wird Synodalität sein: Eine Synodalisierung der katholischen Kirche ist für Papst Franziskus ein Herzensanliegen. Man kann das Motto der Synode unter drei Schlagwörtern zusammenfassen: Communio, Partizipation und Sendung.

Wie kann man Synodalität ernst nehmen, aber zwischen vorsyno­daler und synodaler Phase unterscheiden?
Es gibt eine «vorsynodale Phase» eigentlich gar nicht: Vielmehr wurde die Weltsynode in drei Etappen unterteilt, ist aber in sich ein Ganzes. Die Synode wurde am 10. Oktober vom Papst in Rom lanciert und startete am 17. Oktober im Bistum Chur mit den Jugendlichen im Klosterdorf Einsiedeln.

Erfolgt auch eine synodale Einladung an die «Allianz Gleichwürdig Katholisch»?
Es ist nicht auszuschliessen, dass wir auch diese neue reformkatholische Organisation mit ins Boot holen. Wir nehmen Junge und Frauen mit auf dem synodalen Weg. Ich sehe kein Problem darin, auch die «Allianz Gleichwürdig Katholisch» zum synodalen Prozess einzuladen.

Diese Allianz will den synodalen Prozess mitgestalten und Bischöfe befragen, wo diese die Probleme der Kirche sehen. Werden sich die Bischöfe diesen Fragen stellen?
Ich sehe keinen Grund, wieso die Bischöfe das nicht tun sollten. Die Frauen stellen vollends berechtigt den Anspruch, sich aktiv an der Kirche zu beteiligen, mitentscheiden zu können. Die Synode selber wird kaum Anlass sein können, zum Beispiel das Frauenpriestertum einzuführen: Aber sie bietet die Grundlage für umfassende Veränderungen in der katholischen Kirche nach der Synode.

Vieles scheint von Papst Franziskus abzuhängen. Wird sein Nachfolger versuchen, das Rad in der katholischen Kirche wieder umzudrehen?
Ich glaube nicht, dass sich der heilige Geist mit Papst Franziskus einen Scherz erlaubt hat (lacht): Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kirche wieder in alte Muster zurückfällt. Die Stossrichtung, die Papst Franziskus jetzt vorgibt, wird beibehalten

Was muss sich Ihrer Meinung nach in der Kirche ändern?
Oh, ganz vieles. Christus sollte wieder viel stärker in der Welt erkennbar, spürbar werden. Das liegt zuallererst an den Menschen selber: Das Engagement der Kirchenmitglieder ist schliesslich für das Christentum entscheidend. Das Interesse für Spiritualität muss geweckt, die Bedeutung der Religion erkannt werden. So entsteht auch wieder eine Überzeugung vom und für das Christentum.

Halten Sie es für möglich, dass die Anliegen des Kirchenvolkes wieder in Schubladen verschwinden?​
Es liegt an den Kirchenmitgliedern selber, dass die Anliegen nicht in den Schubladen verschwinden: Sie müssen dafür sorgen, dass die Kirche nicht einschläft. Es ist wie bei den sexuellen Übergriffen und Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche: Ich bin froh darüber, dass die Journalisten dafür sorgen, dass die Kirche bei diesem Thema wach bleibt.

Wird Papst Franziskus beim Ad-limina-Besuch der Schweizer Bischöfe im November in Rom von den Reformanliegen erfahren?
Mit Bestimmtheit: Die Schweiz mit ihrem dualen System könnte Vorbild sein für die römisch-katholische Kirche und positive Impulse auslösen: Die Kirche sollte sich gerne vom Schweizer Milizsystem und der Schweizer Demokratie inspirieren lassen. Damit ist auch die Frauenfrage angesprochen: Denn wenn alle mitbestimmen können sollen, dann selbstverständlich auch die Frauen.

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