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Flame, der tierische Filmstar

Flame, der tierische Filmstar Flame, der tierische Filmstar

Filmhundetraining – die besondere Art, seinen Hund zu beschäftigen

GINA GRABER

Sie sind im Fernsehen, in der Kinowerbung und auf Youtube allgegenwärtig: Hunde im Werbefilm. Die Werbebranche hat die Haustiere als Sympathieträger entdeckt und setzt sie in Werbespots erfolgreich ein, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Was in einer kurzen Filmsequenz spielend leicht aussieht, muss in gezielten Trainings mit viel Geduld erarbeitet werden.

Flame ist so ein Filmhund. Der langhaarige Belgische Schäferhund ist in einem aktuellen Werbespot des Nachrichtenportals «watson» in der Rolle eines Polizeihundes zu sehen. Wir haben den siebenjährigen Rüden und seine Besitzerin Sonja Rauchenstein in Schübelbach besucht, ihnen beim Training über die Schulter geschaut und uns nach den Karrieremöglichkeiten für Filmhunde erkundigt.

«Die Arbeit ist lässig!»

Flame – mit ganzem Namen «Flame du Château Royal» – ist im wirklichen Leben alles andere als ein «scharfer Hund». Der Tervueren, wie diese Rasse auch genannt wird, freut sich über den Besuch und strahlt in der Vorfreude auf Streicheleinheiten übers ganze Hundegesicht. Seit er ein Jahr alt ist besucht er Kurse bei Tiertrainerin Anita Ziegler, daneben arbeitet Sonja Rauchenstein mit ihm als Begleithund auf Stufe 3. «Ursprünglich wollte ich Flame einfach beschäftigen, ihn spielerisch fordern und fördern», erzählt die Tierbesitzerin und ergänzt: «Diese Art von Arbeit ist einfach lässig.» Die Filmhundetrainings finden in Schübelbach statt. Dort erteilt Tiertrainerin Anita Ziegler einerseits Kurse für tierische Filmstars, andererseits betreibt sie als Multimediaproduzentin und Kommunikationsplanerin auch die Filmtier-Agentur «filmtier. ch», wo Produktionsfirmen Tiere für professionelle Werbefilme buchen können: «Ich wollte Beruf und Hobby unter einen Hut bringen, deshalb kam ich auf die Idee mit der Filmtier-Agentur.» In ihrer Kartei befinden sich neben Hunden und Katzen auch andere Tiere wie Papageien und Hühner, momentan insgesamt etwa 100 Tiere. Wie wird ein Hund Filmstar?

Vorab: Schönheit allein reicht nicht, um ein tierischer Filmstar zu werden. Manchmal melden sich Hundehalterinnen bei Anita Ziegler und schwärmen von der Schönheit ihres Tieres. Aber es zeigt sich rasch, ob ein Hund auch die Gelassenheit hat, in der hektischen Situation eines Drehortes inmitten von vielen Menschen, umgeben von Kameras und Scheinwerfern, die gewünschten Signale auszuführen. Anita Ziegler meidet die Begriffe «Kommando » und «Befehl», weil damit oft Druck und Zwang verbunden werden. Sie organisiert für jeden Interessenten ein Probetraining in Lachen, wo sie an der belebten Seepromenade sofort sieht, wie sicher sich ein Hund verhält. «Arbeiten auf Distanz und unter Ablenkung üben die wenigsten Besitzer mit ihrem Hund», weiss sie aus Erfahrung. Dazu kommt, dass ein Drehtag lang werden kann. Wenn der Hund schon nach zehn Minuten lustlos oder gestresst abhängt, nützt ihm seine Schönheit für eine Karriere als Filmstar gar nichts.

Ansonsten gehts in der Filmtier- Agentur schon ein bisschen zu wie im Model-Business, das Aussehen ist für Produktionsfirmen das erste Kriterium für die Wahl eines Filmhundes. Rasse, Erscheinung und Charakter müssen zum beworbenen Produkt oder zum Werbethema passen.

Ob Rassehund oder Mischling spielt für den Einsatz als vierbeiniger Filmstar keine Rolle. Ein angehender Filmhund muss sich unter fremden Menschen und an fremden Orten grundsätzlich wohl fühlen. Diese Charaktereigenschaften kann er im Kurs nicht lernen, die muss er schon mitbringen.

«Bitte pinkeln» Produktionsteams verlangen in der Regel konkrete Handlungen vom Filmhund, zum Beispiel den Kopf auf den Boden zu legen, einen Gegenstand herumzutragen, spontan zu bellen oder zu einem bestimmten Ort hinzulaufen. Eine besondere Herausforderung war der Wunsch, der Hund solle auf Signal einen Gegenstand anpinkeln. Anita Ziegler kaufte ein kleines Thuja- Bäumchen, stellte es an den Wanderweg vor ihrem Haus und hängte ein Schild darüber: «Bitte anpinkeln.» Viele Gassigänger liessen ihren Hund das Geschäft an dem Bäumchen verrichten, so dass es am Schluss hundemässig gut roch. Die Pflanze kam als Requisit mit an den Dreh – der Filmhund erfüllte «Pinkeln auf Signal » mit Bravour.

Gehorchen auf Distanz Was zu Hause im Wohnzimmer immer gut funktioniert, kann am Filmset kläglich in die Hosen gehen. Im Werbespot ist nicht Herrchen oder Frauchen an unmittelbarer Seite des Hundes, sondern ein Schauspieler, ein fremder Mensch. Die Signale des Tierbesitzers kommen aus Distanz aus dem Hintergrund. Im Filmhunde-Training werden diese Situationen deshalb gezielt geübt, auch unter Einsatz von Kameras und anderen Ablenkungen. So zeigt sich mit der Zeit, ob ein Hund wirklich stressfrei als Filmstar eingesetzt werden kann. Für jeden Einsatz ist zudem eine Bewilligung des Veterinäramtes nötig.

Flame hat keinen Stress bei der Arbeit. Besitzerin Sonja Rauchenstein trainiert mit ihm seit jeher mit dem Klicker. Das kleine Hilfsmittel, das sie beim Training stets in der Hand hält, erzeugt per Daumendruck ein metallisch knackendes Geräusch, mit welchem sie Flame akustisch sofort bestätigen kann, wenn er eine Übung richtig durchgeführt hat, auch auf Distanz. Gewalt und Zwang haben bei der Ausbildung nichts zu suchen; das Training soll Mensch und Hund Spass machen. So besuchen auch Hundeteams die Filmhundekurse, die keine Ambitionen auf eine Filmkarriere haben, sondern einfach spielerische Herausforderung und Abwechslung in der Hundeausbildung suchen.

Infos und Videos, inklusive Werbespot für «watson»: www.filmtier.ch.

Flame posiert mit einem Körbchen – für den gut trainierten Filmhund eine einfache Übung.

Flame mit Schauspieler Nadim Elhady im anspruchsvollen Einsatz für den «watson»-Werbespot. QR-Code scannen, um den Youtubefilm: «Haltung zeigen.watson lesen.» zu sehen.

Foto: Anita Ziegler

Schrittweise wird mit dem Hund geübt, bestimmte Handlungen per Signal auf Distanz auszuführen.

Foto: Gina Graber

Flame soll die Schublade mit der Nase zuschieben: Hundetrainerin Anita Ziegler (links) gibt Tipps, Hundebesitzerin Sonja Rauchenstein (rechts) ist mit dem Klicker bereit.

Foto: Gina Graber

Flame du Château Royal ist ein Filmstar.

Foto: filmtier.ch

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