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Fredy ist sogar ein Medienstar

Fredy ist sogar ein Medienstar Fredy ist sogar ein Medienstar

Seit mehr als zehn Jahren residiert eine Katze vor einer Einsiedler Herberge

Fredy ist quasi der Hausportier für Gäste des Hotels Allegro. Aber nicht nur das. Der Kater schreibt sogar seine eigenen Kolumnen in der Hauspostille. Eigentlich ist er bekannt wie ein bunter Hund.

WOLFGANG HOLZ

Um gleich für klare Verhältnisse zu sorgen. Nicht jeder Kater ist ein Kater. Und Fredy, vor mehr als zehn Jahren aus der Nachbarschaft im Lincoln dem Hotel Allegro zugelaufen, ist kein Mann. Fredy ist eine Sie.

«Die Katze ist ein Maidli », klärt die Mitarbeiterin an der Rezeption auf und lacht. Ob Fredy, die rund 17 Jahre alte Katzendame, dieses Gender- Mimikry braucht, um ihr Alter vor den Gästen zu verschleiern, ist nicht zu eruieren. Tägliche Streicheleinheiten

Fredy miaut Gäste einfach mit ihrem brüchigen Stimmchen jedes Mal liebevoll an, sobald sich die elektrische Schiebetür des Hotels öffnet, und ein neuer Gast heraustritt. Der Trick klappt immer. Die meisten Gäste und Passanten beugen sich sofort zu Fredy in seinem mit einem Flokati-Teppich ausgelegten Körbchen hinunter und kraulen ihn. Pardon, sie.

Die betagte Katzendame gönnt sich diese permanenten Streicheleinheiten nicht nur aus Eitelkeit. Sie hat sie auch verdient. Denn vom langen Katzenleben etwas mitgenommen, ist ihr Fell doch schon sehr löchrig und struppig. Und einen Schwanz hat sie auch keinen mehr. «Den hat sie vor Jahren in einer Garage eingeklemmt », lässt die freundliche Dame an der Rezeption wissen – ein Fan von Fredy.

Aber nicht nur sie liebt Fredy. Alle scheinen diesen Portier auf Pfoten, diesen miauenden Welcome-Botschafter, sofort ins Herz zu schliessen. Und umgekehrt. «Nur Kinder mag sie nicht so, weil diese ihr manchmal an den Ohren herumzupfen», sagt die Hotelangestellte. Dass Fredy sein Dasein vor dem Hotel Allegro geniesst, hat aber auch noch andere Gründe. Fredy ist im Alter versorgt. Ihr Fressnapf neben der Rezeption wird mit Trockenfutter gefüllt, wenn er leergefressen ist. Im kalten Winter kann sie drinnen schlafen und nächtigen. Ja, und sogar ein Plakat über ihrem Körbchen, draussen vor der Tür, stellt klar, dass sie quasi unter Artenschutz steht. «Bitte geben Sie ihm nichts zu essen», steht da fettgedruckt zu lesen, «auch wenn er sie lieb darum bittet. Er verträgt nicht alles.» Doch Fredy frönt eben nicht nur dem leiblichen Wohl. Die Katze scheint irgendwie ihren intellektuellen Idolen, wie Fritz the Cat, Kater Mikesch oder Garfield, nachzueifern. Fredy ist nämlich Kolumnistin. Und zwar seit Jahren. In der hauseigenen «Allegro- Post» ist vierteljährlich die rechte Randspalte unter dem Titel «Fredys Welt» auf der letzten Seite reserviert.

Die Sache mit dem Ghostwriter

Zwar hat die Katzendame seit Jahren einen Ghostwriter – Roman Anderau, Hotelier und Geschäftsführer. Doch das weiss ja keiner ausser ihr. Allerdings ist es ungewiss, wie lange Fredy noch seine Kolumnen schreibt, denn sein Ghostwriter hat sich jüngst vom «Allegro » verabschiedet.

In der aktuellen Sommer-Ausgabe macht sich Fredy jedenfalls so seine Gedanken über diesen nassen und entbehrungsreichen Sommer. «Es gibt nichts Schöneres, als sich die Sonne auf den Pelz scheinen zu lassen und sich Streicheleinheiten abzuholen. So geht ein Katzenleben für Pensionierte! » Wie recht doch Fredy hat. Und weil auf die wärmende Sonne erst seit Juni Verlass gewesen sei, so wurde Ende Juni geschrieben, «musste sich Fredy seinen Pelz eben an der Heizung wärmen lassen und auf bessere Tage hoffen». Das geht uns allen irgendwie so.

Die Mieze hat auch eine eigene Kolumne in der «Allegro-Post».

Fredy hat von seinem Körbchen aus den totalen Überblick über alle Gäste. Fotos: Wolfgang Holz

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