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«Noch mit einem blauem Auge davongekommen»

«Noch mit einem blauem  Auge davongekommen» «Noch mit einem blauem  Auge davongekommen»

Am Sonntagnachmittag zog ein heftiges Unwetter über Einsiedeln. Innerhalb von zwei Stunden liefen zig Keller mit Wasser voll, Strassen wurden zeitweise völlig unpassierbar. Besonders eine Unterführung im Klosterdorf verwandelte sich quasi in ein «Eisbassin».

WOLFGANG HOLZ

Hat es in Einsiedeln etwa geschneit? Sommerschnee mitten im Juli? Wer gestern Morgen durchs Klosterdorf fuhr, rätselte zunächst angesichts der weissen Flächen, die da und dort auf den Wiesen im frühen Sonnenlicht glänzten. Wer dann die zerrupften Hecken und Büsche am Strassenrand sowie manche Einsiedler, die mit Schaufel und Besen ihre Hauseinfahrten säubern, sieht, hat schnell begriffen, dass ein heftiges Hagelgewitter auf Einsiedeln heruntergeprasselt sein muss.

300 Schadensmeldungen Es war sicher kein Hochwasser- Unwetter wie in Deutschland, wo vor gut zwei Wochen ganze Häuserzeilen von der Regenflut mitgerissen wurden und wo Hunderte von Toten und Vermissten zu beklagen sind. Doch ein krasses Unwetter war es allemal, das am Sonntagnachmittag auf Einsiedeln niedergegangen war.

Wie die Kantonspolizei Schwyz berichtet, war das Gewitter am Sonntagnachmittag um 12.30 Uhr vom Bezirk Küssnacht über die Bezirke Einsiedeln und March in Richtung Ostschweiz gezogen. Bei der Einsatzzentrale der Kantonspolizei gingen während zwei Stunden mehr als 300 Schadensmeldungen ein.

Keine Verletzten

«Die meisten Notrufe zwischen 12.35 und 14.45 Uhr betrafen Wassereinbrüche in Gebäude sowie überflutete oder gesperrte Strassen und über die Ufer getretene Bäche und kamen aus den Ortschaften Küssnacht, Immensee, Einsiedeln, Galgenen, Siebnen, Buttikon, Schübelbach und Reichenburg», sagt Florian Grossmann, Kommunikationschef der Kantonspolizei. Meldungen über Verletzte würden bis jetzt nicht vorliegen. In einigen Ortschaften stünden die Feuerwehren und Strassenunterhaltsdienste nach wie vor im Einsatz. 64 Feuerwehrleute im Einsatz

Auch in Einsiedeln war die Feuerwehr mit Mann und Maus im Einsatz. Insgesamt 64 Feuerwehrleute kämpften von 13.15 bis 23 Uhr gegen Hagel und Hochwasser. «Auch wenn man das Gewitter und den Starkregen nicht mit den Vorkommnissen in der March und mit den Unwettern in Deutschland vergleichen kann, ist es schon ein recht aussergewöhnliches Unwetter gewesen», stuft Einsiedelns Feuerwehrkommandant das drastische Wetterereignis am Tag danach ein.

«An einen derartigen Hagelsturm kann ich mich an jenen von 2010 zurückerinnnern. Wir sind in Einsiedeln aber sicher noch mit einem blauen Auge davon gekommen», meint Zehnder. Als kritisch müsse der Übertritt des Johannisbächlis eingestuft werden, welches zeitweise zusätzlich über die Hauptstrasse und Schwanenstrasse floss, ohne jedoch grössere Schäden anzurichten.

Einen Meter unter Wasser Aber auch andere neuralgische Punkte waren vom Hochwasser laut Aussage der Feuerwehr betroffen. Insbesondere die Wasenmattstrassenunterführung lief mit Hochwasser und Hagel voll und war zeitweise für den Verkehr gesperrt. «Ein Radlader musste den Hagelberg wegräumen, der sich dort rund einen halben Meter hoch aufgeschichtet hatte», berichtet Zehnder.

Insgesamt wurden der Feuerwehr Einsiedeln 40 Schadensfälle gemeldet. Dabei musste die Feuerwehr zu 30 Einsatzorte mit Wasser in Liegenschaften ausrücken. Der grösste Einsatzort war an der Etzelstrasse in einem Mehrfamilienhaus, wo Tiefgarage und Kellerräume rund einen Meter unter Wasser standen. Ein Hubrettereinsatz zugunsten einer Partnerorganisation wurde geleistet sowie fünf Strassenbeeinträchtigungen gemeldet.

Vor allem das Rabennest beziehungsweise die Umfahrungsstrasse (Geröll und Schmutz), die Schnabelsbergstrasse (teils von Schmutz betroffen), die Hauptstrasse und die Schwanenstrasse waren vom Hochwasser und vom Hagel betroffen. Marcel Zehnder: «Mehrheitlich wurde das Klosterdorf durch den Starkregen in Mitleidenschaft gezogen.» Zu einzelnen Schadensmeldungen sei es auch in Egg, Schnabelsberg, Bennau und Willerzell gekommen.

«Sonne» unter Wasser Das Wasser stieg in Einsiedeln teils so schnell, dass auch die Feuerwehr nicht mehr rechtzeitig kommen konnte. Wie etwa im Hotel Sonne am Klosterplatz. «Bei uns sind innerhalb von wenigen Minuten die Terrasse und das Restaurant 15 bis 30 Zentimeter hoch mit Wasser voll gelaufen», sagt Inhaber Qamil Berisa. Er musste das Hotel und Restaurant am Sonntag schliessen. Vor dem Lokal hatte er Sandsäcke deponiert. Insgesamt haben Berisa rund 20 Leute geholfen, das Restaurant und die Keller vom Wasser wieder zu befreien – teils mit Hilfe einer eigenen Pumpe. Selbst ist der Mann.

Die Hauptstrasse wurde zum Hauptstrassenfluss. Foto: zvg

Der Klosterplatz zerfliesst: Webcam des Bezirks Einsiedeln.

Am Tag danach ist es nicht zu übersehen: Einige Hänge sind gerutscht – wie hier in der Holzrüti. Foto: Franz Kälin

Die Feuerwehr stand rund zehn Stunden im Einsatz. Foto: lsc.

Hagelfalle: Wasenmattstrasse-Unterführung. Foto: Lukas Schumacher «Es ist schon ein recht aussergewöhnliches Unwetter gewesen.»

Marcel Zehnder, Kommandant Feuerwehr Einsiedeln

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