Veröffentlicht am

Ab nach New York

IDA OCHSNER

Ja, das waren schwere Zeiten, um 1900. Auch damals: Viel Regen, nasser Boden, in dem die Gumel verfaulten. Was aber gedieh, war die Grossfamilie, erzählte mir meine Grossmutter voller Stolz. Sie war das 16. und letzte Kind der Urgrosseltern und zeigte mir das Foto mit allen Geschwistern. Da drüben aber, über dem grossen Teich, in den USA, brauchte man Bauern und Handwerker zuhauf. Aus der Not heraus verschifften meine Ahnen die Ältesten acht Kinder in die USA, dass sie dort ihr Glück fänden.

Die Ansicht des riesigen Dampfers für 3000 Leute nahm einem fast den Atem. Meine Vorfahren schauten den Offizieren und dem Kapitän zu, wie die Vorratskammern, Bäckereien und Konditoreien gefüllt wurden. Die Gemüsekammer, die Schinkenkammer, die Bierkammer mit 400 Fässern, viel Obst und Käsevorräte und vieles mehr musste an Bord. An diesem Tag war ein so grosses Durcheinander, dass man ohne Probleme das ganze Schiff besichtigen konnte.

Ohne Scheu gingen sie zuerst auf das oberste Deck mit dem Kommando- und dem Kartenhaus. Auf dieser Ebene wohnten auch die Offiziere. Es gab einen Wintergarten (!) des Ritz-Carlton-Restaurants, einen Rauchersalon sowie ein Treibhaus mit Gärtner!

Auf dem B-Deck waren die Gesellschaftszimmer und ein Schreibzimmer und verschiedene andere Restaurants. Oft sassen sie auf dem Promenadendeck. Aber man sah dort nur die Rettungsboote und der Wind pfiff aus allen Richtungen. Sprachlos waren sie, als die lauten Motoren anfingen zu arbeiten. Das ganze Schiff zitterte, die Anker wurden eingeholt. Die Neue Welt erwartete sie … * Ida Ochsner (62), verlobt mit dem Weinbauern Heiri Strohmayer aus der Steiermark. Dieser las einige Briefe aus hauchdünnem Papier von Idas Grossvater. So viele Lebensgeschichten gibts, dachte er …

Share
LATEST NEWS