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«Ich bin der letzte Schreiber in Alpthal, der gewählt worden ist»

«Ich bin der letzte Schreiber in Alpthal, der gewählt worden ist» «Ich bin der letzte Schreiber in Alpthal, der gewählt worden ist»

Nach zehn Jahren im Dienst nimmt der 61-jährige Franz Müller, Gemeindeschreiber in Alpthal, den Hut: «Über mangelnde Arbeit musste ich mich wahrlich nicht beklagen. Ich hatte bisweilen Arbeitstage von 7 bis 23 Uhr.»

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie fällt Ihre Bilanz aus zu Ihrer Amtszeit als Gemeindeschreiber in Alpthal?

Ich habe es nie bereut, diese Arbeit vor zehn Jahren in Angriff genommen zu haben. Es war eine sehr spannende Tätigkeit. Nach 23 Jahren Engagement in der Korporation Oberägeri war es an der Zeit, im Jahr 2011 etwas Neues zu wagen. Wie kommt es dazu für Sie, die Kantonsgrenzen von Zug zu Schwyz zu überschreiten? Unser Haus in Morgarten ist zehn Meter von der Kantonsgrenze entfernt. Von daher ist es nur ein Katzensprung bis in den Kanton Schwyz. Fakt ist: Ich bin ein sehr politischer Mensch. Und weil ich als CVP-Kantonsrat im Zuger Parlament abgewählt worden bin, kam es mir nicht ungelegen, den Kanton zu wechseln.

Gemeindeschreiber sind an sich eher unpolitische Leute. Wie kam Ihre politische Gesinnung an in Alpthal? Ich war der erste «fremde» Gemeindeschreiber, der in Alpthal gewählt wurde. Allerdings kandidierte ich als Parteiloser und setzte mich gegen zwei Kandidaten durch. Die Gemeinde Alpthal ist speziell, weil es hier gar keine Parteien gibt. Das funktioniert hier gut ohne Parteien, weil Alpthal so klein ist. Ich habe dann weiterhin als Parteiloser und als GLP-Kandidat versucht, in den Zuger Kantonsrat gewählt zu werden.

Welche Höhepunkte haben Sie in Alpthal erlebt?

Da ist sicherlich das 1000-Jahr-Jubiläum von Alpthal zu nennen, das 2018 gefeiert werden konnte. Zu diesem Anlass konnte ich viel Organisatorisches beisteuern. Was ist Ihnen besonders nahe gegangen? Zu Beginn meiner Amtszeit gingen schwere Unwetter in Alpthal nieder. Nach einem heftigen Gewitter mussten Häuser evakuiert werden. Hat Sie der Kirchenstreit in Alpthal aufgewühlt?

Ich stamme aus einer sehr konservativen Familie, bin aber kirchlich betrachtet ein eher liberaler Geist. Auch mich hat der Pfarradministrator Rabeneck enttäuscht, obwohl er sicherlich auch gute Sachen gemacht hat. Wie würden Sie die Alpthaler beschreiben? Manche Leute meinen, die Alpthaler seien Hinterwäldler. Das stimmt aber gar nicht: Ich habe die Alpthaler als überaus offenes Volk erlebt. Die Alpthaler fallen zuallererst durch ihren speziellen Dialekt auf. Was macht das Leben in dieser Gemeinde aus? Auch Alpthal hat sich verändert: Innerhalb von zehn Jahren ist die Bevölkerung um zehn Prozent gewachsen. Einige Neuzuzüger haben sich gut integriert und besuchen sogar die Gemeindeversammlung. Das Dorfleben ist intakt, auch wenn es wenig Vereine gibt und jüngst das Postcafé, der Treffpunkt im Dorf, geschlossen worden ist. Was sehr schade ist.

Ist es korrekt, dass der Gemeindeschreiber der eigentliche König im Dorf ist? Nein, für mich trifft das ganz bestimmt nicht zu (lacht). Ein Gemeindeschreiber in Alpthal muss vor allem aufpassen, dass er sich nicht verzettelt, weil die meisten Sachen über ihn laufen. Ich hatte mit vielen Geschäften zu tun, unter anderem auch mit der Ortsplanung. Ich hatte bisweilen Arbeitstage von 7 bis 23 Uhr. Ein 100-Prozent-Pensum wird auf diese Art und Weise sehr gut gefüllt. Über mangelnde Arbeit musste ich mich wahrlich nicht beklagen.

Was legen Sie Ihrem Nachfolger ans Herz?

Meine Nachfolgerin ist interimistisch im Amt. Dann ernennt der Gemeinderat bis Ende Juli den neuen Gemeindeschreiber, der ab dem 1. November das Amt übernimmt. Es sind Bewerbungen eingegangen. Ende Juni ist die Bewerbungsfrist abgelaufen. Ich bin also der letzte Gemeindeschreiber, der noch gewählt worden ist. Abgesehen davon bin ich in meinem Leben zwanzig Mal in Wahlkämpfen gestanden.

Was fehlt in Alpthal?

Was in Alpthal fehlt, sind Alterswohnungen. Und was ab dem neuen Schuljahr fehlen wird, ist ein Kindergarten. Der bisherige Kindergarten ist ja geschlossen worden. Das ist für die Kinder gut machbar: Mit dem Bus nach Trachslau zu fahren, um dort den Kindergarten zu besuchen. Es geht aber grundsätzlich etwas verloren, wenn man eine solche Institution schliesst. Ich hoffe doch sehr, dass die Schule in Alpthal erhalten werden kann.

Franz Müller, Gemeindeschreiber in Alpthal, geht in Pension: «Kein Blick zurück im Zorn.» Foto: ml.

Zur Person

ml. Franz Müller ist am 3. August 1959 in Morgarten geboren und aufgewachsen. Er liess sich zum Landwirt ausbilden, besuchte die Verwaltungsschule und machte das KV. Während 23 Jahren war Franz Müller Geschäftsführer der Korporation Oberägeri. Vor zehn Jahren wurde er zum Gemeindeschreiber in Alpthal gewählt. Franz Müller ist Mitglied in der Musikgesellschaft Steinerberg und im Verein Sebelis Sagi Oberägeri sowie in der IG Morgarten. Zu seinen Hobbys gehören Skifahren, Wandern und Biken. Franz Müller ist geschieden, hat zwei Kinder und lebt in Morgarten.

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