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Lehrer tun sich mit KV-Reform schwer

Künftig kommen KV und Detailhandel ohne die klassischen Fächer wie Deutsch, Französisch oder Wirtschaft aus. Stattdessen soll der Unterricht mehr praxisorientiert stattfinden. Dafür gibts Kritik.

ANJA SCHELBERT

Hey, hemmer Dütsch oder Rechnigswese? » Diese Frage zum Stundenplan erübrigt sich an der KBS Schwyz bald. Statt einzelner Fächer werden neu «Handlungskompetenzbereiche » unterrichtet. Im August 2022 startet schweizweit die neue Detailhandels-, im Jahr 2023 die neue KV-Lehre.

Zurzeit läuft an der KBS die Vorbereitungsphase. Weil die neue Unterrichtsform weniger theoretisch, dafür praxisorientierter ausgelegt ist, ändern auch die Anforderungen an die dreissig Lehrer. Das ist nicht ganz ohne: «Es gibt Lehrer, die sich schwer tun», sagt Rektor Remo Di Clemente. Es gab Teilkündigungen.

Jahrzehnte Frontalunterricht, nun der Umbruch Wer Jahrzehnte nur Theorie und Grundwissen vermittelt habe, könne nicht von null auf hundert umstellen, zeigt der Rektor Verständnis. Ein typischer Deutsch- oder Mathematiklehrer sei ursprünglich nur für sein Fach und nicht für weitere Bereiche ausgebildet worden. Wegen der Ausbildungsreform müssen sich bestehende Lehrpersonen darum weiterbilden.

Wie genau, ist noch unklar; die Lehrpersonenbildung an den pädagogischen Hochschulen wird laut Di Clemente «erst noch auf diese neue Reform ausgerichtet».

Künftig wird – je nach Handlungskompetenz – nur noch 20 bis 25 Minuten frontal unterrichtet. Di Clemente: «Die Lernenden werden den Unterrichtsstoff grösstenteils selbst erarbeiten oder in Arbeitsgruppen und dies vermehrt digital. So, wie es auch in der Arbeitswelt von ihnen verlangt wird.»

Erste Lehrer nehmen den Hut

Dazu simuliert die Klasse spezifische Arbeitssituationen, für die der Lehrplan genau beschreibt, welches Können hier gefragt ist. Ein Kundengespräch könnte etwa nach Englisch und Sozialkompetenzen verlangen, während eine Situation aus der Buchhaltung IT-Kenntnisse und Zahlenflair erfordert.

Wegen dieser Reform verzeichnet die KBS einzelne Teilkündigungen. Die betroffenen Lehrpersonen können sich nicht damit anfreunden, begründet der Rektor, auch weil sie einen Verlust an Grundwissen befürchten.

Ebenso stehen einige Pensionierungen an. Die betroffenen Lehrer werden mehrheitlich jene Berufslehrgänge unterrichten, die noch nach dem alten System abschliessen. Das restliche KBS-Personal, so gibt sich Di Clemente positiv, sei aber offen und bereit für Veränderung.

Der alte Stundenplan ist passé Remo Di Clemente, Rektor der kaufmännischen Berufsschule KBS Schwyz, begleitet die nationale Ausbildungsreform seit zweieinhalb Jahren. Er engagierte sich als Mitglied der Leistungszielgruppe, später in der Teilprojektgruppe Organisationsmodelle. Dass der Berufsschulunterricht vom «konservativen Fächerunterricht» wegkomme, sei zeitgerecht, ist er überzeugt. «Einzelne Fächer sind lebensfremd. Ich meine, es gibt keine reale Situation, in der nur Französisch oder Mathe gebraucht wird. Das Leben fordert stets viele Kompetenzen gleichzeitig. » Schule, überbetriebliche Kurse und Ausbildungsbetriebe würden sich so für Lernende inhaltlich annähern.

Auf dem Stundenplan für Detailhandelslernende (ab 2022) und KV-Lernende (ab 2023) stehen deshalb keine Fächer, sondern «Handlungskompetenzbereiche » mit fächerübergreifenden Lernzielen. Beispiele sind «Gestalten von Kundenbeziehungen » oder «Bewirtschaften und Präsentieren von Produkten und Dienstleistungen».

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