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«Schön und streng»

«Schön und streng» «Schön und streng»

Sonia Kälin schätzt ihr neues Leben als Mutter – und verabschiedet sich aus Einsiedeln

Ein neues Leben hat für Sonia Kälin begonnen. Nach der Geburt ihrer Tochter Lena ist die Einsiedlerin glücklich als Mutter. Gleichzeitig verlässt die 36-Jährige bald ganz ihre Heimat.

WOLFGANG HOLZ

Als vierfache Schwingerkönigin ist sich Sonia Kälin einiges gewohnt. Wer aber die dunklen Flecke auf ihrem linken Oberarm sieht, ist bei diesem Anblick erst mal ein bisschen erschrocken – weil man denkt, die 36-Jährige habe einen gröberen Kampf zu bestehen gehabt. Dabei hat die erfolgreiche Schwingerin den Sägmehlkreis ja schon vor zwei Jahren wegen ihrer Knieverletzung verlassen. Was ist da passiert?

Starker Saugreflex

«Das ist meine Tochter gewesen », klärt die Einsiedlerin auf und lächelt. Lena, die im Februar auf die Welt gekommen ist, 52 Zentimeter gross und 4150 Gramm schwer, habe eben so einen starken Saugreflex beim Stillen entwickelt, dass sie gern an verschiedenen Körperstellen der Mutter spontan mit einem starken Zug nuckelt. Was offensichtlich Spuren hinterlässt.

Doch Sonia Kälin nimmts gelassen. Sie ist froh, dass Lena nach der Geburt sofort die Brust genommen hat. Wobei sich auch das Füttern des Babys an der Brust anfangs sehr schmerzhaft gestaltete, weil Töchterchen Lena einen sehr zupackenden Appetit hat. «Meine Brustwarzen waren offen und und hatten klaffende Wunden, und mir kamen öfters beim Stillen die Tränen », erzählt die Mutter. «Muttermilch ist das Beste»

Auch zig Hilfsmittel hätten die Situation nicht wesentlich verbessert. «Meine Motivation, trotz allem weiter zu stillen, war und ist, dass Muttermilch einfach das Beste für Babys ist», sagt Kälin. Vier Monate Stillen hat sie nun schon hinter sich. Mindestens sechs Monate will sie durchhalten. «Schön und streng», beschreibt die Eggerin ihre neue Rolle als Mami. Und bekennt frank und frei: «Lena ist mein grosses Glück.» Geburt verlief schwierig

Dies ist umso höher zu bewerten, da die Geburt ihres Kindes eigentlich eine Tortur war. 26 Stunden lang versuchte sie, die ganze Nacht hindurch, ihr Kind auf natürliche Weise zu gebären – dann wurde ein Kaiserschnitt unter Teilnarkose gemacht. «Ich war am Anfang riesig enttäuscht und fühlte mich als Versagerin», bekennt die Powerfrau offen und ehrlich. Auch habe sie nach der Geburt zunächst eine Weile gebraucht, bis sie den richtigen Mutterinstinkt entwickelt habe. «Die Hebamme hat dies vermutlich gespürt und deshalb das Neugeborene rasch dem Vater auf den Arm gegeben.» Mit ihrem Ehemann Stefan Halter (32) ist Sonia Kälin bekanntlich seit 2018 verheiratet.

Die Corona-Situation hat dann kurioserweise der jungen Familie geholfen, zu sich zu finden. «Da wegen Covid-19 Besuchsverbot im Spital herrschte, konnten wir drei zusammen vier Tage lang ungestört im Familienzimmer verbringen», beschreibt sie die Lockdown-Ruhe der positiven Art.

Wohnt – und arbeitet bald in Giswil Inzwischen ist das Familienglück längst im neuen Zuhause in Giswil im Kanton Obwalden sesshaft geworden. Vater, Mutter und Kind konnten das elterliche Bauernhaus des Ehemanns übernehmen. Stefan Halter arbeitet als Bewegungsexperte für Körper und Geist in Giswil und hat dort einen Praxisraum. Auch Sonia Kälin, die sich noch im verlängerten Urlaub befindet, will nach den Sommerferien in Obwalden eine neue Stelle antreten.

«In Sarnen kann ich in der Oberstufe als Fachlehrperson für WAH arbeiten – in einem 50 Prozent-Pensum», schildert die Sek-Lehrerin, die seit dem Ende ihres Studiums an den Schulen Einsiedeln angestellt ist. Lange war sie Klassenlehrerin, vor einem Jahr gab sie ihre Stammklasse ab und konzentrierte sich vor allem auf den Sprachunterricht.

«Es ist eine wunderbare Aufgabe, die Jugendlichen auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben begleiten zu dürfen», sagt Sonia Kälin. Da sie eine herzliche Beziehung zu ihrer Klasse unterhält, freut sie sich riesig auf den Endspurt in Einsiedeln im Juli. «Ich möchte mich noch richtig von meinen Schülerinnen und Schülern verabschieden. » Sie sei aber schon etwas traurig, auch die letzte Verpflichtung aufgeben zu müssen, die sie noch an die Region gebunden hat.

Zufrieden und ausgeglichen

«Eigentlich bin ich bisher immer sehr aktiv und umtriebig gewesen, habe ein abwechslungsreiches, spannendes und vor allem schnelllebiges Dasein geführt – doch jetzt mit Familie und Lena fühlt es sich richtig an, so wie es ist», sagt die frisch gebackene Mutter. Die frühere Spitzensportlerin hat eine neue Lebensqualität entdeckt und liebt es beispielsweise, morgens mit ihrem Baby im Bett liegen zu bleiben und zu kuscheln. Sie sei sehr zufrieden, ruhig und ausgeglichen. Sie sei sich aber auch bewusst, welch neue Verantwortung sie auf sich genommen habe. Gleichzeitig sei sie sich sicher, «dass mir ohne Kind etwas gefehlt hat.» Deshalb kann sie sich langfristig auch noch ein zweites Kind vorstellen. Dabei schätzt sie es sehr, dass sie von ihrem Ehemann bei der Kinderbetreuung unterstützt wird. In der Nacht stehe er auf und helfe ihr bei der Versorgung des Babys und wenn sie arbeiten geht, bleibt er zu Hause. «Donnschtig-Jass» weiter dabei

Wobei auf Vater Stefan noch eine spezielle Aufgabe zukommen wird – nämlich, wenn Sonia Kälin den Sommer über bei den sieben Live-Fernsehausstrahlungen des «Donnschtig Jass» im Thurgau wieder mit von der Partie sein wird. Jeweils für die Dauer von je ein, zwei Tagen. «Dann muss der Daddy Lena füttern, ich habe schon zwei Liter Muttermilch abgepumpt und in der Gefriertruhe gelagert», sagt sie und schmunzelt.

Ihre Rolle als Jass-Schiedsrichterin macht ihr grossen Spass. «Es ist unglaublich motivierend zu erleben, wie man beim Fernsehen im Team gemeinsam eine Live-Sendung stemmt und sich gegenseitig hilft, damit alles klappt». Sagts und räumt ein, dass sie selbst schon mal dankbar war über den Knopf im Ohr, weil sie beim Zusammenzählen der Jass-Punkte einen Rechnungsfehler gemacht hatte. «In diesem Moment hatte ich mich einfach auf die Stimme im Ohr verlassen, die mir eine Zahl nannte, aber die Situation war mir schon sehr peinlich.» Generell würde sie es spannend finden, noch weitere Einsätze im Fernsehen machen zu dürfen. «Als Moderatorin einer kleinen Sendung, wenn es mal eine Stelle gibt.» Ihr Traum wäre es, eine Quiz-Show zu moderieren. Doch Sonia Kälin ist und bleibt bodenständig. Deshalb freut sie sich auch darauf, im Herbst an einem Grossanlass in der Region moderieren zu dürfen. Um welchen Event es sich dabei handelt, kann sie noch nicht verraten. «Ich werde Einsiedeln immer verbunden bleiben.» «Ich möchte mich noch richtig von meinen Schülerinnen und Schülern verabschieden.»

Sonia Kälin

Trautes Familienglück: Sonia Kälin mit ihrem Ehemann Stefan Halter und Töchterchen Lena in Giswil. Fotos: zvg

Das waren noch wilde Zeiten: Schwingerkönigin Sonia Kälin 2015 in Wangs. Rechts: Schwester Marian.

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