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«Der Bundesrat muss nun endlich die Härtefall-Massnahmen beenden»

«Der Bundesrat muss nun endlich die  Härtefall-Massnahmen beenden» «Der Bundesrat muss nun endlich die  Härtefall-Massnahmen beenden»

VICTOR KÄLIN

Wie tagt es sich wenige Tage vor einem wichtigen Abstimmungssonntag, am welchem Sie als Nationalrat und noch viel mehr als Landwirt direkt betroffen sind? Die beiden Agrarinitiativen sind der negative Höhepunkt einer schon seit Längerem herrschenden Aktion gegen die Schweizer Landwirtschaft. Als Direktbetroffener mache ich mir natürlich Sorgen um die Zukunft des Bauernstandes. Aber auch die Annahme des CO2-Gesetzes würde die Landwirtschaft massiv treffen. Die im Gesetz genannten Reduktionsziele für die Landwirtschaft sind nur erreichbar, wenn die Tierbestände massiv reduziert würden. Dies wäre für unsere Alpen verheerend. Denn fehlen auf den Alpen die Tiere, Verganden und Verbuschen diese. Damit wäre auch der Tourismus negativ betroffen. Corona drückt den Diskussionen unter der Bundeshauskuppel weiter den Stempel auf. In der Grossen Kammer ging es um die Verlängerung der Härtefallregel, um die Testoffensive, um Anschubfinanzierung für serielle Tests … Wie beurteilen Sie den milliardenschweren Aufwand zur Bekämpfung des Coronavirus? Meine Haltung in diesem Thema ist sonnenklar. Möglichst schnell weitmöglichst zurück zur Normalität. Deshalb war ich beispielsweise für sofortige Aufhebung der Maskenpflicht. Bei schweizweiten Fallzahlen von 400 bis 500 lassen sich die Einschränkungen in keinster Weise mehr rechtfertigen. Dass man den Unternehmungen in dieser schwierigen Zeit von Bundesseite unter die Arme greift, ist für mich unbestritten. Sie sind unverschuldet in finanzielle Nöte geraten. Nun aber bereits jetzt das Härtefallprogramm bis Ende Jahr zu verlängern, ist der falsche Weg. Der Bundesrat muss nun endlich die Massnahmen beenden. Debattiert wurde auch über Einschränkungen für Personen, welche sich nicht impfen lassen wollen. Der Nationalrat ist klar der Meinung: Wer geimpft ist, soll möglichst viele Freiheiten zurückerhalten. Restaurants und Freizeitbetriebe dürfen selbst bestimmen, Nicht-Geimpften den Einlass zu verweigern. Wie ist Ihre Haltung?

Das ist ein trauriges Kapitel in der ganzen Beratung des Covid- Gesetzes. Ich bin klar gegen die Schaffung einer Zwei-Klassengesellschaft. Die Mehrheit des Nationalrates hat sich jedoch für Impfprivilegien ausgesprochen. Somit wird ein indirekter Impfzwang eingeführt. Der völlig falsche Weg. Welche Corona-Vorlagen behandelt der Nationalrat als nächstes?

Nächste Woche geht es um die Aufhebung der besonderen Lage. Die besondere Lage ist nicht mehr gerechtfertigt und muss deshalb aufgehoben werden. Somit erhalten die Kantone ihre Selbstbestimmung zurück. Ich werde mich mit Vehemenz für die Aufhebung der besonderen Lage einsetzten Wechseln wir das Thema. Auch der Nationalrat diskutiert die Medienförderung – unter anderem sollen Zeitungsverlage bei der Postzustellung stärker unterstützt werden. Davon würde auch ein Titel wie der Einsiedler Anzeiger profitieren. Was halten Sie von staatlicher Medien- Geldern? Die Medien sind die vierte Gewalt im Staat und sollten deshalb unabhängig bleiben. Für die Zeitung bezahle ich ja einen Preis, so auch für den Einsiedler Anzeiger. Diesen zahle ich auch gerne. Dass nun aber der Staat die Frühzustellung der Zeitungen sowie die Zustellung der Sonntagszeitung mit Steuergeldern finanziert, geht gar nicht. Auch der Online- Bereich soll finanziell mit Steuergeldern unterstützt werden. Völlig absurd. Denn gerade im Online-Bereich haben wir ein Überangebot. Insgesamt kostet diese Medienförderung 100 Millionen.

Ein grosses Thema ist die AHV. Der Nationalrat hat am Mittwoch der Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre mit 124 zu 69 zugestimmt. SP und Grüne votierten geschlossen dagegen. Und Sie?

Seit 1995 wird nun versucht, die AHV zu sanieren.

Seit Jahrzehnten wissen wir, dass wir in der AHV grosse finanzielle Schwierigkeiten haben. Alle Versuche, dies zu korrigieren, sind bisher gescheitert.

Wir sind verpflichtet, nun endlich eine Lösung zur Sanierung zu präsentieren. Die bürgerlichen Parteien haben sich deshalb zusammengetan, um diese wichtige Sanierung endlich voranzutreiben. Dazu gehört unter anderem eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und auch die Gleichstellung des Rentenalters von Mann und Frau. Ich habe beidem zugestimmt.

Die Sanierung der AHV geht ins Geld. Unterstützen Sie den Vorschlag, Nationalbank-Gewinne in die AHV einschiessen? Die Gewinne der Nationalbank können mithelfen, die AHV zu sanieren. Allerdings darf nicht darauf abgestützt werden, da es keine Garantie gibt, dass die Nationalbank Gewinne macht. Die Gewinne der Nationalbank dem Volk via AHV zukommen zu lassen ist aber ein gangbarer Weg. Die kann Ihrer Meinung nach die AHV langfristig gesichert werden? Mit der Erhöhung des AHV-Alters der Frauen ist es nicht getan … Diese Beschlüsse, wie sie der Nationalrat beschlossen hat, stabilisieren die AHV bis 2030. Dieser Schritt war überfällig. Dass nun die Linken wieder alles blockieren wollen und nichts zur Sanierung beitragen, ist fahrlässig. Wir können nicht so tun, als wäre alles in Butter und einfach nichts tun. Es ist das wichtigste Sozialwerk in der Schweiz. Die Probleme müssen heute gelöst werden und nicht einfach auf Pump der kommenden Generation leben. Ebenfalls in dieser Woche wurde die Transparenzinitiative behandelt. Ein Gegenvorschlag sieht vor, dass Beiträge an Parteien und Komitees ab einer Höhe von 15’000 Franken offengelegt werden müssen. Die Schlussabstimmung steht noch an. Wie ist Ihre Haltung? Die Vorlage ist aktuell im Ständerat. Es ist somit noch nicht klar, über was wir im Nationalrat abstimmen werden. Ein Vorschlag des Ständerates ist beispielsweise, dass nur bei der Nationalratswahl die Beträge offengelegt werden müssen, nicht aber bei der Ständeratswahl. Dies geht natürlich nicht. Entweder gilt es für alle oder für keinen. Deshalb gilt es nun abzuwarten, was konkret aus dem Ständerat kommt. Kommen wir zum Ende des Interviews noch zum Sport. Der Nationalrat will eine Mitsprache der Bevölkerung und des Parlaments bei Olympischen Spielen und anderen Mega-Events. Ist das sinnvoll? Wenn die Schweiz Milliarden ausgeben will für solche Grossanlässe, ist es absolut richtig, dass hier das Parlament auch eine Mitsprache hat.

Marcel Dettling

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