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«Mein kriminalistischer Rucksack ist gross an Erfahrungen»

«Mein kriminalistischer Rucksack  ist gross an Erfahrungen» «Mein kriminalistischer Rucksack  ist gross an Erfahrungen»

Hauptmann Franz Bachmann leitet seit dem 1. Januar 2021 die Abteilung Kriminalpolizei in Biberbrugg.

ERHARD GICK

Sie sind bereits seit 1. Oktober 2008 bei der Kantonspolizei Schwyz und seit dem 1. Januar im neuen Amt, also etwas mehr als 100 Tage. Welche Bilanz können Sie als Chef der Kriminalpolizei ziehen? Dank der Tatsache, dass ich bereits viele Jahre als Chef Ermittlungsdienst und als Stellvertreter des Kripochefs bei der Kantonspolizei Schwyz tätig war, kenne ich die Strukturen und Abläufe der Abteilung. Ich kenne die Stärken und Schwächen. Aus diesen Gründen ist für mich eine Bilanz weniger wichtig. Ich schaue vielmehr in eine bewegte Zukunft. Ich bin auf allen Ebenen offen in der neuen Funktion aufgenommen worden. Sie sind ein erfahrener Kriminalistiker. Was ist Ihr persönlicher Beitrag für den Kanton Schwyz? Ich bin seit 1988 in verschiedenen kriminalpolizeilichen Fachrichtungen tätig. Aufgrund dieser langjährigen Tätigkeit ist mein Rucksack gross an Erfahrungen. Ich konnte überall diese Jahre ein grosses Netzwerk aufbauen – national wie international. Dadurch habe ich einen guten Zugang zu Fachwissen, welches ich hier in die polizeiliche Arbeit und zugunsten des Kantons einfliessen lassen kann. Im Fernsehen wird der Kommissar immer als eine Art Idol gegen die Kriminalität betrachtet. Ist Ihre Arbeit wie im TV dargestellt?

Das hängt natürlich auch ein wenig von der Serie ab. Im Grunde genommen ist die Arbeit aber nicht mit dem Fernseh-Kommissar vergleichbar. Unsere Arbeit ist aber ebenso spannend und vielseitig. Langeweile herrscht bei der Kripo nie.

Wieder etwas ernster, wie hoch stufen Sie die Terrorgefahr im Kanton Schwyz ein? Eine Quantifizierung ist – meiner Meinung nach – bei diesem Thema nicht zielführend. Wesentlich ist, dass wir uns vorliegende Informationen kriminalpolizeilich zeitnah auswerten. Dadurch können wir frühzeitig mögliche Gefahrenlagen erkennen. Wenn das der Fall ist, ist auch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit gefragt. Trotzdem, ist Schwyz demzufolge sicher, oder sind hier auch schon Fälle passiert? Bis anhin sind wir glücklicherweise von Anschlägen verschont geblieben.

Welche Instrumente setzen Sie für eine Terrorbekämpfung ein? Ganz wichtig ist es, gute Kontakte zur Bevölkerung zu pflegen, aber auch zu den verschiedenen Organisationen, auch im Bereich der Migration. Wir haben vor einiger Zeit eine Regionalfahndung Migration aufgebaut, die ist bei der Sicherheitspolizei angesiedelt. Eine ihrer Aufgaben ist es, dieses Netzwerk zu pflegen. Aufgrund dieser Pflege und Arbeit erhoffen wir uns, zu Informationen zu gelangen, die für eine effiziente Bekämpfung und Vorbeugung wichtig sind. Zudem arbeiten wir bei der Terrorbekämpfung sehr eng mit anderen Kantonen und Bundesstellen zusammen. Im Kanton Schwyz wurden im letzten Jahr 5635 Straftaten begangen. Sie sprechen von einer guten Sicherheitslage im Kanton Schwyz. Wie soll man das verstehen? Dazu muss man auch in die Vergangenheit blicken. Wir haben 2010 noch 6539 Straftaten erfasst, die angezeigt wurden. 2013 waren es sogar 7165 Straftaten. Und aktuell im Jahr 2020 sind es 5635 erfasste und angezeigte Straftaten. Allein schon diese Zahl zeigt, dass wir in einem sicheren Kanton leben. Aber noch eindrücklicher sind die Zahlen der Delikte gegen Leib und Leben, gegen die sexuelle Integrität oder die Freiheit. Auch in diesen Sparten konnten wir eine Abnahme verzeichnen. Dies sind die Delikte, welche die Betroffenen am heftigsten zu spüren bekommen und worunter sie am meisten leiden. Die Aufklärungsquote der Kantonspolizei liegt bei 61,7 Prozent. Das ist sehr hoch, liegt über dem nationalen Schnitt. Sind die Fälle in Schwyz einfacher, oder woran liegt das? (Schmunzelt) Wir sind ganz einfach sackstark. Nein, es ist das Glück des Tüchtigen. Durch das konsequente Anwenden aller Möglichkeiten, darunter verstehe ich eine gute Entgegennahme einer Anzeige, eine professionelle Spurensicherung und Spurenauswertung sowie ein beharrliches Ermitteln, gelingt es uns immer wieder, gute Ermittlungserfolge zu erzielen. Die Anzahl der Fälle von Internetkriminalität in Schwyz stieg von 420 im Jahr 2019 auf 520 Delikte im Jahr 2020. Ist der Kanton Schwyz ein Pflaster für Cyberkriminalität? Nicht unbedingt. Die Zunahme der Cyberkriminalität ist eine gesamtschweizerische Erscheinung. Das Internet wird heute viel mehr genutzt, vieles wird über das Netz abgewickelt. Dieser Umstand lässt die Deliktszahlen nach oben springen. Sie wollen diese Sparte des Betrugs stärker bekämpfen. Welche Mittel stehen Ihnen dafür zur Verfügung? Das muss man differenziert betrachten. Es ist nicht damit getan, Spezialisten auf alle Fälle anzusetzen. Es beginnt beim Betrug, wie bereits erwähnt, ganz vorne an der Front, wie man eine Anzeige entgegennimmt. Es ist uns zusammen mit den Spezialisten gelungen, die Frontmannschaft für diesen speziellen Bereich zu sensibilisieren und zu instruieren. Anzeigen müssen das enthalten, was die weiteren Ermittlungen positiv unterstützt und beeinflusst, damit wir diese effizient vorantreiben können. Ein personeller Ausbau der Cyber-Abteilung ist angedacht. Wie hoch ist die personelle Belegung heute, und wie sieht sie in Zukunft aus, beziehungsweise was wäre wünschenswert? Im Moment ist der Fachbereich Cyber-Crime mit 300 Stellenprozenten besetzt. Im Rahmen der Führungsarbeit ist es ein laufender Prozess, zu überprüfen, wie und mit welchen Mitteln die anfallende Arbeit bearbeitet werden kann. Ein Ausbau dieses Fachbereiches wäre zwingend notwendig, aber letztlich ist es auch eine politische Frage, welche personellen Mittel uns zur Verfügung gestellt werden sollen. Die weltweit agierenden Betrüger sind hoch spezialisiert. Kann da die Schwyzer Kantonspolizei überhaupt mithalten? Nicht nur die Kapo Schwyz ist gefordert, auch national und international sind alle Gremien, die sich mit der Materie beschäftigen, gefordert. Prävention wird in Zukunft noch wichtiger werden in der Bekämpfung der Cyberkriminalität.

Überwachen Sie das Netz, denn die Delinquenz verlagert sich ja rasant in diesen Bereich? Wir überwachen das Netz nicht generell mit einem laufenden Monitoring. Wir überwachen das Netz aber gezielt mit unterschiedlichen Ermittlungsansätzen, wenn es darum geht, Cyberkriminalität im engeren Sinne, beispielsweise Hacking, zu verfolgen, oder wenn das Internet Tatmittel war. Aufklärung ist ein wichtiger Eckpfeiler der Polizei. Was tun Sie in dieser Richtung? Prävention ist ein wichtiger Eckpfeiler in der Bekämpfung der Kriminalität. Wir wollen dieses Segment noch verstärken. Es ist angedacht, unsere Präsenz in den sozialen Medien zu erhöhen. Mit diesen Mitteln können wir Leute sehr schnell informieren. Aber auch die Bevölkerung ist gefragt, die Tipps zu verinnerlichen: Beim Surfen im Internet ist ein gesundes Misstrauen gefragt. Einbrüche und auch Delikte gegen das Vermögen gingen zurück. Geht das auch mit der allgemeinen coronabedingten Lage einher, weil die Leute mehr zu Hause sind, oder ist es die verstärkte Präsenz der Polizei? Die besondere Lage im Jahr 2020 spielt dabei sicher eine Rolle, wenn wir das vergangene Jahr isoliert betrachten. Wir haben aber schon seit einigen Jahren eine Abnahme der Einbruchdiebstähle verzeichnet. Da spielt unsere präventive Arbeit eine Rolle. Wir fordern die Bevölkerung immer wieder dazu auf, Augen und Ohren offen zu haben und uns Beobachtungen sofort zu melden. Dieses Zusammenspiel mit der Bevölkerung, aber auch gezielte Fahndungsaktionen führten zum Erfolg und zur Verminderung der Einbrüche. Frauen wehren sich offen, weil ihre sexuelle Integrität in den letzten Jahren sehr gelitten hat. Im Kanton Schwyz sinken die Zahlen. Was ist die Ursache, gibt es eine hohe Dunkelziffer? Unsere Datenlage ist zu knapp, als dass wir daraus Gründe für eine Abnahme ableiten könnten. Das betrifft auch die Dunkelziffer. Tendenzen sind nur schwer erkennbar. Im Bereich Betäubungsmittelvergehen ist eine starke Zunahme zu verzeichnen, vor allem auch bei Jugendlichen. Was unternimmt Ihre Abteilung dagegen?

Wir wollen abteilungsübergreifend verstärkt präventiv bei der Jugend eingreifen. Wir wollen sie zum Beispiel auf die Folgen des Mischkonsums aufmerksam machen. Wir vergessen dabei die Repression nicht. Wichtig erscheint uns auch die gute und enge Zusammenarbeit mit der Jugendanwaltschaft.

Seit dem 1. Januar ist Hauptmann Franz Bachmann Leiter der Abteilung Kriminalpolizei.

Foto: Erhard Gick

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