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«Bei vielen Gastrobetrieben müssen wir kürzen, bei einigen die Hilfe erhöhen»

«Bei vielen Gastrobetrieben müssen wir kürzen, bei einigen die Hilfe erhöhen» «Bei vielen Gastrobetrieben müssen wir kürzen, bei einigen die Hilfe erhöhen»

Die Umsetzung der Härtefallverordnung läuft auf Hochtouren. Bereits wurden 350 Gesuche bewilligt. Urs Durrer, der Leiter des Amts für Wirtschaft, erklärt die Zusammenhänge.

JÜRG AUF DER MAUR

Morgen Mittwoch wird der Kantonsrat ein weiteres Paket zur Härtefallregelung beschliessen. Mit wie vielen Gesuchen rechnen Sie? Wir gehen heute davon aus, dass 1000 bis 1300 Gesuche von Schwyzer Firmen bei uns eintreffen werden. Sie leiden unter der Corona-Krise. Der Bund spricht bereits vom vierten Härtefallpaket. Was würde das für den Kanton Schwyz finanziell konkret bedeuten?

Mit dem voraussichtlichen Beschluss vom Mittwoch im Kantonsrat wird allein der Kanton Schwyz seine Hilfe auf rund 27 Millionen Franken aufstocken. Mit einem vierten Härtefallpaket würden wir auf etwa 60 bis 80 Millionen Franken kommen. Das ist vermutlich auch der Betrag, der nötig sein wird, um die Härtefälle im Kanton Schwyz zu entschädigen. Immer vorausgesetzt, der Kantonsrat wird für den Kantonsanteil grünes Licht geben. Schwyz will den betroffenen Unternehmen so schnell wie möglich das Geld zukommen lassen. Innert zwei Wochen soll das möglich werden. Wie? Wir leisten beim Amt für Wirtschaft derzeit sehr viele Überstunden. Denn wir wollen, dass die Firmen das Geld so schnell wie möglich erhalten. Dafür konnten wir kurzfristig weitere Mitarbeitende aus anderen Verwaltungseinheiten beiziehen. Aktuell arbeiten elf Personen an den Härtefällen. Das sind fünf Vollzeitstellen. Dazu kommt externe Unterstützung durch die Beratungsfirma BDO. Je nach Anzahl Gesuche kann die BDO bis zu zehn Personen beiziehen. Das kostet den Kanton doch nochmals Geld. Wie viel? Für die BDO-Hilfe rechnen wird mit gut 200’000 Franken zusätzlichen Ausgaben.

Und wieso schafft das der Kanton nicht ohne auswärtige Hilfe?

Wir wollen eine seriöse Abklärung der Anträge. Da fehlt dem Amt für Wirtschaft schlicht das betriebswirtschaftliche Detailwissen. Wie gesagt: Es geht womöglich um bis zu 60 bis 80 Millionen Franken. Da wollen wir seriös vorgehen.

Wie viele Gesuche wurden bereits bewilligt, und mit wie viel Geld kann im Durchschnitt gerechnet werden? Bis jetzt haben wir bereits 350 Gesuche bewilligt und ausbezahlt. Damit sind wir im Vergleich zu anderen Kantonen sehr sportlich unterwegs. Im Durchschnitt erhält eine Firma 65’000 Franken.

Das soll reichen, die Zukunft einer Firma zu sichern? Der Staat beteiligt sich ja noch stärker. Grundsätzlich ist der Bereich Löhne von der Kurzarbeitsentschädigung und den EO-Beiträgen abgedeckt. Mit der Härtefallregelung geht es nun darum, dass eine Firma die notwendige Liquidität bekommt. Es geht also darum, dass sie die laufenden Fixkosten für Miete, Versicherung und anderes bezahlen kann.

Jetzt hat der Bundesrat aber beschlossen, dass verschiedene Betriebe, insbesondere Restaurants, weiter geschlossen bleiben müssen … Stimmt. Aber wir haben das kommen sehen und deshalb bereits Anfang Februar folgende Regelung festgelegt: Wer im vergangenen Jahr 40 Prozent Umsatzeinbruch hatte oder behördlich seit dem 21. Dezember geschlossen ist, bekommt grundsätzlich sieben Monate Fixkosten, wer seit dem 18. Januar, wie die Detaillisten, geschlossen ist, bekommt grundsätzlich fünf Monate Fixkosten ausbezahlt. Das ist im Vergleich zu anderen Kantonen sehr grosszügig. Bekommen das alle Firmen?

Grundsätzlich ja, ausser wenn durch den Härtefallbetrag ein offensichtliches Missverhältnis zu den ungedeckten Fixkosten entsteht. Oder anders ausgedrückt: Es gibt Firmen, die durch unsere Auszahlung die Gewinne der beiden Vorjahre übertreffen oder sogar sehr deutlich übertreffen würden. Hier wäre es vermessen, den vollen Betrag auszuzahlen. Wir nehmen also eine Kürzung vor. Schliesslich handelt es sich um öffentliche Gelder. Was passiert, wenn es einer Firma aber richtig schlecht geht? Auch hier schauen wir den Einzelfall an und erhöhen den Beitrag.

Wie schlecht geht es der Schwyzer Wirtschaft? Was sind Ihre Erkenntnisse? Es liegen uns nun über 500 Gesuche vor, wovon wir 350 bewilligt haben. Der Wirtschaft geht es nicht grundsätzlich schlecht. Aber es gibt einzelne Branchen, denen es miserabel geht.

Welchen denn?

Es sind vorab Eventorganisationen, die Personalrekrutierung oder Reiseunternehmen, die aufgrund der momentanen Situation wirklich nicht mehr ein und aus wissen. Es gibt keine Anlässe mehr, die Reisetätigkeit ist massiv eingeschränkt, und die unsichere Lage bremst Firmen, neues Personal zu suchen oder anzustellen. Diese Unternehmen sind wirklich auf Hilfe angewiesen.

Die Gastrobranche haben Sie nicht erwähnt. Hier sind wir etwas überrascht. Die meisten Betriebe haben im vergangenen Jahr einen guten Abschluss erzielt. Ein Wehklagen auf Vorrat also?

Jein. Ein Blick in die uns vorliegenden Gesuche zeigt, dass rund zwei Drittel der Schwyzer Gastrobetriebe im vergangenen Jahr ähnlich hohe Gewinne wie im Vorjahr erzielt haben. Wirklich schlecht geht es einem Drittel oder noch weniger Betrieben. Worauf führen Sie das zurück? Die Restaurants waren ja fast dauernd geschlossen? Einerseits haben die Restaurants natürlich wie alle Kurzarbeitsentschädigung oder EO-Entschädigung erhalten. Während der Corona-Krise haben viele Gastrobetriebe dann die Fixkosten reduziert. Beispielsweise mit weniger Personal, da grössere Abstandsregeln im Essensbereich eingehalten werden mussten. Als dann die Restaurants nach dem Lockdown wieder aufgegangen sind, gab es hohe Umsätze. Die Gäste haben schlicht mehr Geld ausgegeben. Aufgrund der tieferen Fixkosten sind somit viele Restaurants profitabler geworden. Heisst das, dass der Kanton die Härtefallgelder für die Gastrobranche eher kürzen muss und dafür anderen Firmen und Branchen mehr ausbezahlt? Das ist korrekt. Wir versuchen, die vorhandenen Gelder so fair wie möglich zu verteilen. Bei vielen Gastrobetrieben müssen wir kürzen, bei einigen erhöhen. Für Firmen aus den Bereichen Eventorganisation, Personalrekrutierung und Reiseunternehmen erhöhen wir tendenziell ebenfalls die Gelder. Abschliessend: Für die Umsetzung der Härtefallverordnung sind die Kantone zuständig. Ist Schwyz knausrig? Nein, überhaupt nicht. Wir zahlen im Vergleich zu anderen Kantonen relativ schnell grosszügige Beträge aus. In unserem Kanton erhalten auch alle Betriebe sogenannte A-fonds-perdu-Beiträge, also Gelder, die sie nicht zurückzahlen müssen. Das ist nicht überall so. Wir schauen wirklich jeden Fall einzeln an und helfen, wo wir können. Wir sind aber gleichzeitig an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Dann nervt es Sie, wenn die Firmen reklamieren, weil sie gerne mehr erhalten hätten? Sagen wir es so: Es überrascht, wenn sich eine Firma beschwert, die dank den Härtefallgeldern ein tolles Jahr 2020 hingelegt hat und gerne noch mehr Geld bekommen hätte. Aber es gibt auch viele Unternehmen, die sich für die schnelle Hilfe bedanken.

Von guten Gastroergebnissen überrascht: Urs Durrer, Leiter des kantonalen Amts für Wirtschaft.

Foto: Archiv EA

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