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Arbeit auf Notfallstation soll nicht mit Angst im Nacken verrichtet werden

Zwei Ärzte des Spitals Lachen sind von der Staatsanwaltschaft der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden worden. Bezirksärzte und die Ärztegesellschaft Kanton Schwyz zeigen sich ob des Urteils besorgt.

dko. Ein Assistenzarzt und ein Oberarzt des Spitals Lachen sind von der Staatsanwaltschaft des Bezirks March wegen fahrlässiger Tötung mit total über 64'000 respektive gut 66'000 Franken bestraft worden. Der Assistenzarzt hatte vor vier Jahren einen 46-jährigen Höfner, der unter anderem über Brustschmerzen klagte, nach einem Aufenthalt auf der Notfallstation wieder nach Hause geschickt.

Der Patient erlitt fünf Tage später in seinem Zuhause in Schindellegi einen Herzinfarkt, an dem er verstarb. Der Vorgesetzte des Assistenzarzts war mit dem Vorgehen einverstanden, weshalb auch er bestraft wurde. Die Staatsanwaltschaft March kam zum Schluss, dass bei einer richtigen Diagnose und der Einleitung entsprechender Massnahmen der Tod mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte vermieden werden können.

Klagen nicht zielführend Aus der Ärzteschaft wird nun Kritik am Urteil geübt. Daniel Burger, Präsident der Ärztegesellschaft Kanton Schwyz, Hans-Ruedi Mächler, Bezirksarzt II Höfe, und Lukas Schibli, Bezirksarzt March, äussern sich in einer schriftlichen Stellungnahme mit Sorge über die möglichen Folgen eines solchen Urteils. Sie halten fest, dass Fehler in Notfallsituationen passieren können, wenn die Beteiligten unter Stress stehen.

Zwar würden solche Situationen trainiert, immer und immer wieder. Es gelte auch, Minimalstandards einzuhalten. Es gebe eine Fortbildungspflicht, die für das ganze Arbeitsleben Gültigkeit habe. Man habe in der Schweiz eines der besten Gesundheitssysteme weltweit, dennoch könnten auch in diesem System Fehler passieren und Menschen zu Schaden kommen.

Die drei Ärzte stellen die Frage in den Raum, ob es angesichts dieser Tatsachen angebracht sei, Ärzte zu verurteilen, die um drei Uhr in der Nacht «ihr Bestes geben ». «Es ist nicht an uns zu urteilen, ob überhaupt und wenn ja, welche Fehler im erwähnten Fall passiert sind, aber fahrlässige Tötung hat eine andere Dimension », halten die drei Ärzte zum Urteil fest.

Solche Klagen seien nicht zielführend. Ziel müsse es sein, mit höchstmöglicher Qualität Patienten zu versorgen – in passendem Umfeld und mit adäquater Infrastruktur. Wenn Ärzte auf den Notfallstationen und generell im Notfalldienst ihre Arbeit mit permanenter Angst im Nacken und dem Gesetzbuch auf dem Schoss verrichten müssten, dann werde die Medizin ineffizient, teurer und unter Umständen auch gefährlicher.

«Und was passiert denn, wenn ungerechtfertigte Klagen gegen Ärzte im Notfalldienst Schule machen? Wären wir verwundert darüber, wenn niemand mehr Notfalldienst leisten und streiken würde? Bei den Fluglotsen haben wir Ähnliches erlebt », heisst es in der Stellungnahme.

Verhältnisse wie in USA vermeiden In der Schweiz sei man in der glücklichen Lage, dass die Klagefreudigkeit nicht so hoch sei wie in anderen Ländern. In den USA werde traditionell viel mehr geklagt, auch gegen Ärzte und Spitäler.

Allerdings nicht mit dem Effekt, dass die Medizin dort besser sei. Ein Vergleich aus der OECD-Statistik für das Jahr 2018 zeige, dass die Schweiz für Gesundheit Gesamtkosten von 7280 Franken pro Person aufweise, wogegen es in den USA 10'640 Dollar pro Person seien. Die Lebenserwartung als ein Effizienzfaktor des Gesundheitswesens liege in der Schweiz bei 83,8, in den USA hingegen bei 78,7 Jahren. Es gebe viele Unterschiede zwischen den beiden Systemen.

Was man laut den drei Ärzten jedoch ableiten kann, ist, dass mehr Klagen in der Medizin das gesamte System «wohl teurer machen, nicht aber besser». Es sei kein Geheimnis, dass in den USA vielerorts niedergelassene Ärzte fehlten, weil die Berufshaftpflichtprämien nicht mehr gestemmt werden konnten.

Im Sinne einer «weiterhin guten Versorgung der Bevölkerung» hoffe man, in Zukunft nicht häufiger mit solchen Urteilen konfrontiert zu werden.

Aus der Ärztegesellschaft Kanton Schwyz wird nun Kritik am Urteil geübt. Man habe in der Schweiz eines der besten Gesundheitssysteme weltweit.

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