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Wer trägt die Verantwortung für die illegale Seegrundentsorgung?

Wer trägt die Verantwortung für die illegale Seegrundentsorgung? Wer trägt die Verantwortung für die illegale Seegrundentsorgung?

Ex-Regierungsrat Othmar Reichmuth und Ex-Schiffsinspektor beschuldigen sich vor dem Schwyzer Bezirksgericht gegenseitig.

RUGGERO VERCELLONE

Um den Kursschiffen der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee (SGV) die Ein- und Ausfahrt in den verschlammten Föhnhafen in Brunnen zu gewährleisten, wurden im Frühjahr 2014 insgesamt 6000 Kubikmeter kontaminiertes Seegrundmaterial vom Hafen über die Hafenkante unwiederbringlich in tiefe Seelagen geschoben. Diese Aktion kostete wenige Zehntausend Franken.

Das Material hätte aber auf einer Reaktordeponie entsorgt werden müssen, was rund eine Million Franken gekostet hätte. Verantwortlich gemacht für diese illegale Entsorgung wurden der damalige Regierungsrat und Baudirektor und heutige CVP-Ständerat Othmar Reichmuth sowie der damalige Schiffsinspektor. Dieser war es denn auch, der die Sache drei Jahre später im Lauf eines juristischen Streits um seine Entlassung mit einer Anzeige ins Rollen brachte. Am Montag standen sowohl Reichmuth als auch der Schiffsinspektor als Beschuldigte vor dem Schwyzer Bezirksgericht.

Beiden warf der Staatsanwalt vorsätzliche oder fahrlässige Widerhandlungen gegen das Gewässerschutz-, Umweltschutzsowie Planungs- und Baugesetz vor. Für beide forderte er bedingte Geldstrafen von 80 Tagessätzen à 320 Franken (Reichmuth) und à 300 Franken (Schiffsinspektor). Reichmuth sollte zudem eine Busse von 7400, der Schiffsinspektor eine solche von 7000 Franken bezahlen. Als dringliche Sofortmassnahme anders geplant Nachdem sich Kanton, Gemeinde und SGV über diverse Zuständigkeitsfragen nicht einig gewesen seien, habe man an einer gemeinsamen Sitzung beschlossen, als dringliche Sofortmassnahme das Material im Föhnhafen zu verschieben, um einen Fahrstreifen für die Dampfschiffe zu schaffen.

Im Nachgang sollte die Entsorgung der Sedimente anlässlich eines Bewilligungsverfahrens im Winter 2014/2015 erfolgen. Man habe so der SGV noch vor Ostern den Zugang zum Hafen ermöglichen wollen und das weitere Vorgehen sauber abklären wollen, erklärte der ehemalige Baudirektor vor Gericht. Dieses Vorgehen sei im Departement juristisch abgeklärt worden. Den Auftrag zur Ausführung erteilte Reichmuth schriftlich dem zuständigen Schiffsinspektorat. Aus einem Mail des Schiffsinspektors wenige Wochen später habe er erfahren, dass das Material über die Hafenkante entsorgt wurde. Das habe ihn vor vollendete Tatsachen gestellt, sagte Reichmuth. Sein Verteidiger forderte für ihn einen Freispruch.

Der Verteidiger des Schiffsinspektors, der frühere CVP-Ständerat Bruno Frick, forderte für seinen Mandanten einen Freispruch, da dieser gegen seinen Willen auf Anordnung des Baudirektors gehandelt habe.

Auftrag für Entsorgung mündlich erteilt?

Vor Gericht erklärte der Schiffsinspektor, der Auftrag für die Entsorgung über die Hafenkante sei ihm vom Baudirektor unter vier Augen mündlich erteilt worden. Der Kanton habe nämlich kein Geld für eine korrekte Entsorgung, habe Reichmuth gesagt.

Da er bereits zwei Verweise wegen anderen Vorkommnissen erhalten hatte (was dann später auch zu seiner Entlassung führte), habe er keinen Mut gehabt, sich gegen diesen mündlichen Befehl zu wehren, sagte der Schiffsinspektor.

Als Beweis dafür verwies er auf sein Mail an Reichmuth, worin er festhielt, «die von Dir angeordnete Seegrundentsorgung» habe erfolgreich abgeschlossen werden können. Damit habe der Kanton «weit über eine Million Franken gespart». Reichmuth habe ihm in seiner Mailantwort für «die pragmatische Seegrundentsorgung, für die ich selbstverständlich die Verantwortung übernehme», gedankt. Reichmuth widersprach dieser Darstellung vehement. «Diese Vorwürfe stimmen nicht und treffen mich schwer.» Er habe in seinem Antwortmail die Verantwortung übernommen, um im hängenden Entlassungsverfahren nicht mehr Öl ins Feuer zu giessen.

Auch der Staatsanwalt glaubte der vom Schiffsinspektor vorgelegten Variante nicht. Es gäbe keinen Beweis für eine mündliche Auftragserteilung. Zudem habe der Schiffsinspektor auch gegenüber Dritten gesagt, er habe mit seinem Vorgehen für den Kanton über eine Million Franken gespart.Dennoch habe sich Reichmuth strafbar gemacht, denn auch die ursprünglich geplante Zwischendeponie im Hafen wäre widerrechtlich gewesen. Das Urteil des Bezirksgerichts Schwyz wird heute Freitag mündlich eröffnet.

Im Frühjahr 2014 arbeitete ein Bagger im Föhnhafen Brunnen. Foto: zvg

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