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Die Neuen

FANNY REUTIMANN

Hau-Ruck! Ich wuchte eine weitere Bananenschachtel aus dem Kofferraum und mache mich auf, diese in die Wohnung hoch zu tragen. Dieser nette Herr, der mir soeben im Treppenhaus entgegenkommt, ob er einer meiner neuen Nachbarn ist? Wir grüssen uns. Und schon ist der Mist geführt! Ich fühle mich auf frischer Tat ertappt, obschon ich nur nett sein wollte.

Sorry, aber sobald ich den Mund aufmache, merkt man: Ich bin nicht von hier. E Zuezogni. Ich sage halt «Grüezi». Dieses langgezogene «Guete Taaag» mit all seinen Abwandlungen von «Guettag » bis hin zum zackigen «Tag» gehört definitiv nicht zu meinem Wortschatz. Ich werde meine neuen Nachbarn bei passender Gelegenheit mal aufklären müssen, warum das so ist und dass ich sozusagen nicht freiwillig nach Einsiedeln gezogen bin, sondern der Liebe wegen. Immerhin, mein Dani, mit dem ich an der Zwischenluegeten einen gemeinsamen Haushalt gründe, ist sozusagen ein Ureinwohner. Einer aus diesem für Auswärtige absolut undurchschaubaren Dickicht an Kälins.

Doch zuerst muss ich mich mal drum kümmern, dass es hier in absehbarer Zeit wohnlich wird. Gute Nachbarschaft in allen Ehren, aber hier geht das eigene Wohlbefinden vor. Und schliesslich wollen wir nicht am Anfang schon negativ auffallen, indem wir bis in alle Nacht hinein noch Bilder aufhängen.

Derweil steht mein Auto draussen vor der Garage und muss Spekulationen der Anwohner über sich ergehen lassen. «Eine Zürcherin, soso….» Mir schwant, dass es wohl noch etwas mehr braucht, als nur den Gang ins Rathaus und zum Strassenverkehrsamt, um in Einsiedeln richtig anzukommen.

* Fanny Reutimann (56) ist aus dem Züribiet zugezogen. Sie und ihr Partner Dani Kälin sind gerade dran, sich in der Zwischenluegeten häuslich einzurichten.

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