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«Viele Höhen und Tiefen»

«Viele Höhen und Tiefen» «Viele Höhen und Tiefen»

Interview mit Trainer Urs Bürgler von der Ringerriege Einsiedeln zur vergangenen «Corona»-Saison

Die Saison ist für die Einsiedler Ringer erst mal vorbei – nachdem der Bundesrat ein Verbot für Kontaktsportarten ausgesprochen hat. Trainer Urs Bürgler erklärt im Interview, wie diese spezielle «Corona-Saison» zu bewerten ist.

WOLFGANG HOLZ

Herr Bürgler, gerade sind vom Bundesrat wegen der Corona- Pandemie alle Kontaktsportarten im Amateurbereich verboten worden. Damit sind alle weiteren Playoffs der Ringer vorerst gecancelt. Wie gehts Ihnen jetzt damit?

Das muss ich erst mal kurz verdauen. Das trifft uns schon hart. Vor allem hätte ich gerne noch die drei Kämpfe um die Medaillen geführt – vor allem um die Bronzemedaille. Die Partie gegen Freiamt war ja praktisch entschieden.

Trotzdem – auch ohne Beendigung der Playoffs. Wie lautet denn Ihr Fazit zur vergangenen Saison mit nur vier Teams und insgesamt zwei Siegen der Einsiedler Ringer?

Wir haben von vorneherein gewusst, dass wir die Underdogs sein würden und zusammen mit Kriessern die schwächste Mannschaft sind. Insgesamt hat es viele Höhen und Tiefen gegeben. Den perfekten Match hatten wir nur gegen Kriessern, bei dem alles aufgegangen ist. Warum lief es in der Rückrunde besser als die Hinrunde? Das hat klar mit dem Wechsel der Stilarten in den einzelnen Gewichtsklassen zu tun. Wir sind im Freistil einfach besser als im Griechisch-Römisch. Die Klosterdörfler haben in jedem Kampf alles gegeben, und zu Ihrer Mannschaft zählen zweifellos sehr gute und auch erfahrene Ringer. Trotzdem hat es zumeist unterm Strich nicht gereicht. Liegt es nur am dünneren Kader im Vergleich zu Kriessern, Freiamt und Willisau? Liegt es an Verletzungen?

Wir haben eigentlich gar kein so dünnes Kader. Die Mannschaften von Kriessern, Willisau und vom Freiamt haben auch andere Mittel zur Verfügung. Die trainieren teilweise jeden Tag und verfügen über deutlich mehr Kaderringer, welche die Nachwuchsringer mitreissen.

Andererseits haben wir nicht so viele Nachwuchsringer wie etwa Willisau, wo Ringen der Sport Nummer eins im Dorf ist. Wir kämpfen in Einsiedeln zwar im Vergleich zu anderen Vereinen in einer deutlich höheren Liga. Dennoch hat es zu viele andere Vereine, die Jugendliche anlocken. Nicht zuletzt ist wohl für viele Junge Ringen als Sport zu hart. Werfen Sie sich selbst als Trainer vor, dass Sie irgendetwas hätten besser machen können? Wir waren eigentlich gut vorbereitet. Ich glaube nicht, dass wir uns im Trainerteam grobe Schnitzer haben zuschulden kommen lassen. Um weiter vorne mitringen zu können, ist die Zeit für Einsiedeln noch nicht reif genug – auch wenn ich natürlich gerne im Final gekämpft hätte. Welche Rolle spielten die «Neyer-Brothers», die ja an einigen Kämpfen recht zahlreich vertreten waren? Eine grosse Rolle. In drei Matches waren sie alle fünf vertreten. Allerdings könnte ihre Bilanz auch noch besser sein. Das gilt für Jan im «Greco». Yves ist diese Saison nach einer Verletzung zurückgekommen. Sven hat als 31-Jähriger nicht unbedingt die optimalen Sparringspartner. Lars war auch verletzt durch einen Arbeitsunfall, bei dem er sich den Fuss eingeklemmt hatte. Und Kay ist im mentalen Bereich noch ausbaufähig. Seine Leistungen im Match sind nicht die gleichen wie im Training. Welcher Einsiedler Ringer hat Sie in dieser Saison besonders überrascht? Es ist schwierig, einen einzelnen Ringer aus dem Team hervorzuheben. Aber Lars Neyer hat sicherlich einen grossen Schub nach vorne gemacht – in die Spitze. Wie fällt Ihre Bewertung für den neuen Co-Trainer Aleksandr Golin aus? Aleksandr ist ein sehr angenehmer, ehrlicher und hilfsbereiter Mensch. Wir kennen uns schon seit 20 Jahren. 2002 haben wir noch in der gleichen Mannschaft für Freiamt gerungen und sind zusammen Meister geworden. Er wird weiterhin für uns als Trainer arbeiten. Er ist keiner, der als Schnellschuss verpflichtet wurde. Wer macht eigentlich jeweils die definitive Mannschaftsaufstellung zu den Ringermatchs? Ich. Hin und wieder, wenn ich mir nicht ganz schlüssig bin, kontaktiere ich meine Ringer und spreche mich mit ihnen ab. Da kommen dann oft ganz interessante und gute Varianten dabei heraus, auf die ich selbst nicht gekommen wäre. Wie haben Sie diese spezielle Corona-Saison erlebt? Zumindest stärkten Ihnen ja bei allen Heim-Fights viele treue Fans den Rücken. Beim Aufbau der Zuschauersektoren war der Aufwand schon deutlich grösser als sonst. Und als beim letzten Heimmatch nur noch 100 statt 300 Zuschauer anwesend sein durften, haben wir das natürlich schon gemerkt. Dabei war die Stimmung auch gut bei weniger Publikum – wenn es uns gelaufen ist. Das Problem ist grundsätzlich, dass man in einer Halle wegen Corona einfach nicht alles absichern kann. Es gibt immer wieder Kreuzungspunkte, wo sich Zuschauer begegnen. Welchen Stellenwert hat Ringen noch in Einsiedeln? Immer noch einen grossen. Weil wir ja, wie gesagt, in der höchsten Liga kämpfen. Andererseits lässt sich, wie bereits gesagt, nicht leugnen, dass uns der Nachwuchs fehlt. Jüngst sind Gott sei Dank wieder vier, fünf Neue zu uns gestossen. Mir wäre es auch lieber, bei voller Halle zu trainieren. Und es gibt eben viele andere Vereine in Einsiedeln.

Was bräuchte die Ringerriege Einsiedeln, um nächstes Jahr wieder erfolgreicher zu ringen beziehungsweise an die absolute Spitze zu gelangen: Mehr Geld, mehr personelle Verstärkung, mehr Nachwuchs? Also, man sollte unsere Leistung in dieser Saison nicht so schlechtreden. Wir gehören seit Jahren der höchsten Liga der Schweiz mit sechs Teams an. Wir sind in den letzten vier Jahren immer unter die ersten vier gekommen. Ich bin mir auch sicher, dass wir mit dem diesjährigen Team stärker sind als im Vergleich zu den jeweiligen Teams der Ringerriege Einsiedeln der vergangenen vier Jahre – ohne Doppellizenzen. Wir sind allerdings auch älter geworden. Und mit Willisau können wir, wie gesagt, nicht konkurrieren. Da ist Ringen Sport Nummer Eins. In Einsiedeln haben Fussball und Schwingen einen höheren Stellenwert in Sachen Popularität als Ringen.

Noch eine Frage zum Schluss, die Sie bitte nicht in den falschen Hals bekommen sollten: Wie lange wollen Sie noch Trainer der Ringerriege Einsiedeln sein? Ich entscheide von Jahr zu Jahr. Ich bin jetzt seit vier Jahren Trainer und werde auch für die nächste Saison zur Verfügung stehen.

«Für viele Junge ist Ringen als Sport wohl zu hart.»

Urs Bürgler, Trainer Ringerriege Einsiedeln

«Ich bin mir sicher, dass wir mit dem diesjährigen Team stärker sind als im Vergleich zu den jeweiligen Teams der Ringerriege Einsiedeln der vergangenen vier Jahre.

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«Wir werden in den nächsten Jahren noch Bäume ausreissen!», ist Einsiedelns Ringertrainer Urs Bürgler überzeugt.

Foto: Wolfgang Holz

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