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«Am Anfang wie ein Albtraum»

«Am Anfang wie ein Albtraum» «Am Anfang wie ein Albtraum»

Jetzt kann er endlich wieder Rennen fahren: Rennfahrer Marcel Fässler aus Gross. Am 17. Oktober steigt er in seine Renn-Corvette, um am «Petit-Le-Mans» in Atlanta in den USA teilzunehmen. Der Grosser hat den Lockdown als sehr spezielle Zeit erlebt.

WOLFGANG HOLZ

Wie geht’s Ihnen, Herr Fässler?

Danke der Nachfrage, es geht mir ganz gut.

Sie sind ja im Rahmen des neuen Panorama Bike Race neulich aufs Velo gestiegen, um sich mit anderen Einsiedlern zu messen. Hat Ihnen das Spass gemacht? Die Idee fand ich super. Es ist wirklich sehr originell, und es hat Spass gemacht, die Strecke abzufahren, wie bei einem Rennen. Dies war für mich der Hauptgrund mitzumachen. In dieser Corona-Zeit ist es für Veranstalter nicht leicht, irgendwas zu organisieren.

Corona hat ja Anfang dieses Jahres die Motorsportsaison wie alle anderen Sportarten jäh ausgebremst. Wie haben Sie persönlich und beruflich den Lockdown erlebt? Es war schon sehr komisch. Ein Tag vor dem Lockdown wäre ich nach Amerika zum 12-Stunden-Rennen in Sebring geflogen. Dieses wurde dann auf November verschoben. Irgendwie war es am Anfang wie ein Albtraum. Alles wurde abgesagt oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Ungewissheit, wie es weiter geht, war bei mir gross.

Konnten Sie viel Zeit mit Ihrer Familie verbringen? Ja, die Zeit zu Hause war schön. Dies war ich auf für so eine lange Zeit gar nicht gewohnt. Als die Kinder Schule hatten, und meine Frau Isabel wegen Corona sogar mehr arbeiten konnte, habe ich den Haushalt gemacht und Kochen gelernt. Kochen hat mir enorm Spass gemacht, und ich habe viel Neues ausprobiert. Die Zeit gab mir aber auch einen Einblick, wie zeitaufwendig so ein Haushalt ist. Sind Sie in der Zwischenzeit irgendwo irgendwann wieder ein Rennen gefahren? Nein, meine Rennen sind alle verschoben worden. Das nächste Rennen ist in Atlanta, Mitte Oktober. Letzten Donnerstag haben wir in Atlanta getestet, und dies war das erste Mal, dass ich wieder im Rennauto sass. Am Anfang war ich noch ein bisschen eingerostet, aber ich war schneller wieder auf «Pace» als ich dachte.

Wie geht es bei Ihnen in Sachen Motorsport jetzt weiter? Sie arbeiten ja offensichtlich für den TCS als Coach und moderieren die Formel E und die DTM am Fernsehen? Der TCS ist seit Langem ein Sponsor und Partner von mir. Ich leite da das Sportfahrtraining in Lignieres, welches ich zusammen mit dem TCS neu strukturiert habe. Daneben coache ich noch zwei Fahrer im Porsche Swiss Sports Cup. Ich helfe ihnen mit Analysen der Idealline und berate sie bei der Fahrtechnik. Das Co-Kommentieren ist komplett Neuland für mich, aber ich muss sagen, die Herausforderung macht mir Freude. Neulich hat Le Mans stattgefunden – ohne Sie. Hat Sie da die Wehmut befallen? Ja, weil Corvette dieses Jahr mit dem neuen Auto wegen Corona nicht kommen konnte. Wenn man dann aber einen solchen Event ohne Zuschauer im Fernsehen sieht, spürt man, dass es dieses Jahr nicht «das Ereignis» gewesen ist, wie es sonst immer ist. Aber ja, ein bisschen Wehmut war da. Was macht eigentlich Ihre Corvette? Hat das Auto seine Kinderkrankheiten abgelegt, und wann steigen Sie das nächste Mal wieder in den US-Flitzer?

Mittlerweile haben sie die Kinderkrankheiten aussortiert, und Chevrolet konnte drüben in der amerikanischen IMSA Serie schon fünf Rennen gewinnen. Wie schon erwähnt, konnte ich am letzten Donnerstag das erste Mal seit Februar fahren. Es fühlte sich sehr gut an, und ich bin happy, wieder im Auto sitzen zu können. Am 17. Oktober haben wir dann das 10-Stunden- Rennen von Atlanta: «Petit Le Mans», wie es offiziell genannt wird.

Welche Zukunft hat der Motorsport in Zeiten von Corona überhaupt?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Das hängt stark von der Wirtschaftslage ab. Geht’s der Wirtschaft schlecht, spüren dies die meisten Sportarten. Insbesondere der Rennsport, weil das Budget fürs Sponsoring gestrichen oder gekürzt wird. Die Auswirkung der Corona-Pandemie, befürchte ich, wird nicht nur unseren Sport treffen, was mir ehrlich gesagt mehr Angst macht.

Welche persönlichen Ziele verfolgen Sie in nächster Zukunft?

Im Moment ist es schwierig, über meine persönlichen zukünftigen Ziele zu sprechen, solange wir alle nicht wissen, wie es im Alltag weitergeht. Diese Ungewissheit betrifft meine Zukunft wie auch die von vielen anderen Rennfahrern.

«Ich habe den Haushalt gemacht und Kochen gelernt.»

Marcel Fässler, Rennfahrer

«Die Auswirkung der Corona-Pandemie wird nicht nur unseren Sport treffen – was mir ehrlich gesagt mehr Angst macht.»

Foto: Richard Prince/Chevrolet

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