Mein Herbst

ZWISCHENLUEGETEN 3

IDA OCHSNER

Unter unserem Haus, nicht weit des Zwischenluegeten-Bächlis, steht eine alte Esche. Vor einigen Tagen, als ich wie immer meinen Morgenkaffee auf dem Balkon genoss, sah ich unverhofft die ersten gelben Blätter. Da merkte ich, auch die Luft ist irgendwie anders als sonst. Vielleicht, weil sich ein föhniger Tag ankündigte. Ich schaute die Wälder ringsherum hinauf und wusste sofort: Der Herbst war gekommen. Noch nicht richtig, denn es gab noch erstaunlich viele Abende zum Draussensein. Aber die Vorboten waren da. Nicht nur die alte Esche, sondern auch andere Laubbäume in den Wäldern um Einsiedeln veränderten ihre Farben zwischen den Tannen.

Der Herbst ist da – und weckt Erinnerungen. Wie beglückte er in früheren Jahren uns Kinder. Sicher, es gab nasse und feuchte und neblige Tage. Aber in unserer Höhenlage stand uns Kindern meistens ein sonniger Tag bevor. Und erst während der Herbstferien! Wir packten unseren Rucksack mit allem, um nicht zu verhungern. Das grösste Abenteuer des Tages war damals Moses. Dieser Igel kreuzte unseren Weg und wir entschieden einstimmig, Moses mit nach Hause zu nehmen. Wir setzten den Igel auf den Esstisch, beobachteten das Tier und hatten schon grosse Pläne für Moses – bis Mutti vom Coiffeur kam …

Aber noch ist es ja sommerlich warm und kaum an ein Winterquartier zu denken. «Kinder! Lasst uns schwimmen gehen», meinte meine Jugendfreundin Vroni. «Vielleicht ist heute der letzte, grosse, vollendet schöne Sommertag.» *

Ida Ochsner (62) verlobt mit Heiri Strohmayer (65) steirischer Weinbauer. Auch für Heiri ist der Herbst die schönste Jahreszeit. Übrigens weilt er jetzt in der Steiermark zwischen seinen Weinstöcken. Ein guter Jahrgang kündigt sich an schreibt er Ida.