Veröffentlicht am

«Ein Züchter muss selektionieren können»

«Ein Züchter muss selektionieren können» «Ein Züchter muss selektionieren können»

Walter Kälin aus Einsiedeln ist 65-jährig und züchtet Geflügel und Ziegen

Der leidenschaftliche Geflügelzüchter, Älpler und ehemalige Friedhofsgärtner Walter Kälin hat dieses Jahr wegen der Coronakrise weniger Nachwuchs als sonst.

LUKAS SCHUMACHER

Was züchten Sie?

Angefangen habe ich mit Hühnern und später kamen dann noch die Ziegen dazu. Ich hatte auch mal Schafe, doch mit denen bin ich überhaupt nicht zurechtgekommen – ich weiss nicht warum. Mit den Ziegen komme ich gut zurecht. Gänse hatte ich auch eine Zeit lang, doch diese fielen den Füchsen zum Opfer. Auch meine Hühner sind von Fuchs und Marder gefährdet. Dann habe ich noch einige Vögel: Kanarienvögel, Wellensittiche und noch weitere Rassen, die ich von Kari Schnidrig erhalten habe.

Wie schützen Sie die Hühner vor Füchsen und Mardern?

Mit einem Zwei-Meter-Zaun. Das klappt gut beim Fuchs, aber ein Marder kann auch durch ein kleines Löchlein hindurchkommen. Darum muss man die Hühner am Abend in den Stall nehmen. Da gibt es keine andere Lösung. Wenn ein Marder durchkommt, dann räumt er auf, da sieht man am Morgen nur noch tote Tiere herumliegen. Da kommen auch einem erwachsenen Mann die Tränen, wenn man so etwas sieht.

Haben Sie dieses Jahr grossen Nachwuchs erhalten? Nein, dieses Jahr habe ich kaum Nachwuchs. Es ist wegen des Coronavirus in die Hose gegangen, da ich die Brutkästen für die Hühner normalerweise in den Altersheimen und Schulhäusern aufstelle. Worauf muss man achten, um besonders schöne Tiere zu züchten? Das Selektionieren ist wichtig. Das heisst, dass man die Jungtiere nach den Rassekriterien begutachtet und nur diejenigen behält, die diese erfüllen. Die anderen gibt man jemand anderem oder man muss sie abtun, sobald sie grösser sind. Wenn möglich verwertet man das Fleisch. Man sollte kein Kleintierzüchter sein, wenn man nicht selektionieren kann. Sonst kommt man nie auf einen grünen Zweig. Das klingt für einen Aussenstehenden brutal … Ja, das wird auch bei mir umso länger je mehr zum Problem. Früher hat mir das überhaupt nichts ausgemacht. Heute kann ich kaum noch einem Huhn den Kopf umdrehen. Aber man kann allein aus Platzgründen nicht alle behalten, so haben diejenigen, die der Rasse am meisten entsprechen, ein schöneres Leben …

Ist die Selektionierung der Jungtiere nicht ein grosses Hindernis für Jungzüchter? Wenn sie anfangen, dann helfen wir ihnen, wo wir nur können. Bei der Selektionierung kommt der jeweilige Obmann rvorbei, sagt, welche Tiere gut sind und welche nicht. Dann redet man behutsam mit den Kindern und schaut, wie sie reagieren. Sie können uns die Tiere mitgeben, damit sie nicht mitbekommen was passiert. Später reifen sie und können selbst entscheiden, was sie machen möchten.

Seit wann züchten Sie?

Oh, schwierig zu sagen, sicher schon seit über 40 Jahren. Als Bub habe ich Agapornis gezüchtet, die unzertrennlichen Liebesvögel, die ein Leben lang im Paar zusammenbleiben. Seit 1992 bin ich im Ornithologischen Verein Einsiedeln, mittlerweile als Geflügelobmann und Ehrenmitglied. Weshalb züchten Sie Hühner und Vögel? Ich hatte sieben Geschwister, und schon als kleiner Bub war ich lieber bei den Hühnern als bei meinen Geschwistern. Ich bin ein Eigenbrötler, kann aber auch gesellig sein. Was nützen Ihnen die Hühner?

Die Eier nutze ich für den Eigengebrauch und das Hoflädeli. Von den grösseren Hühnern kann ich auch mal das Fleisch verwenden. Was bedeutet es für Sie als Züchter, dass die Jungtierschau nicht stattfindet? Es reut micht, aber nicht aus finanzieller Sicht. Man sitzt mit Gleichgesinnten zusammen, die an einer anderen Ausstellung auch Konkurrenten sind, und fachsimpelt miteinander. Es ist für mich auch eine Plattform, um meine Tiere zu verkaufen. Aber dieses Jahr habe ich ja sowieso nicht so viele Jungtiere. Besuchen Sie nebst der Jungtierschau auch andere Ausstellungen?

Ja, das ist immer ein Nervenkitzel, selbst jetzt noch, nach jahrzehntelanger Teilnahme. Für einen nationalen Titel hat es mir zwar leider noch nie gereicht. Kantonal bin ich jedoch immer gut dabei. Ich bin aber kein Trophäenaussteller, die landen bei mir alle in einer Kiste. Möchten Sie sonst noch etwas sagen? Es wäre schön, wenn es mal wieder Züchternachwuchs gäbe. Wir vom Verein stehen allen, die beginnen möchten, hilfsbereit zur Seite. Wir haben auch eine Jugendabteilung.

«Da sieht man am Morgen nur noch tote Tiere herumliegen. Da kommen auch einem erwachsenen Mann die Tränen, wenn man so etwas sieht.

Walter Kälin aus Einsiedeln ist leidenschaftlicher Geflügel- und Ziegenzüchter.

Foto: Lukas Schumacher

Share
LATEST NEWS