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«Den Abstand zwischen Lehrer und Schüler einzuhalten, ist extrem schwierig»

«Den Abstand zwischen Lehrer und Schüler  einzuhalten, ist extrem schwierig» «Den Abstand zwischen Lehrer und Schüler  einzuhalten, ist extrem schwierig»

Konrad Schuler, Präsident des Berufsverbands Lehrerinnen und Lehrer Kanton Schwyz (LSZ), nimmt Stellung zur Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an den Volksschulen am 11. Mai: «Es ist schade, dass die Vorschläge des LSZ im Schutzkonzept des Kantons nicht Aufnahme gefunden haben.»

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie kommt das Schutzkonzept des Kantons Schwyz bei Ihnen, dem LSZ, an? Je nachdem, ob man den Grundannahmen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zustimmt oder nicht, fällt die Beurteilung unterschiedlich aus. Der Kanton Schwyz hat sich darauf abgestützt und die Rahmenbedingungen des BAG übernommen, dazu aber einige Punkte präzisiert. Viele Lehrpersonen sehen das bei den Gesundheitsaspekten kritischer. Der LSZ hat dem Kanton Schwyz vor der Veröffentlichung in einer Stellungnahme seine Sicht dargelegt und da und dort Präzisierungen gewünscht. Teilweise wurden diese ins kantonale Schutzkonzept übernommen. Es bleibt zu hoffen, dass einige Verbesserungsvorschläge nun vor Ort konkretisiert und umgesetzt werden.

Wie fällt das Echo bei den Lehrern als Reaktion auf den Beschluss des Regierungsrates aus, den Präsenzunterricht am 11. Mai im normalen Klassenverbund zu starten? Das Echo fällt differenziert aus. Anfangs überwogen ganz klar die ablehnenden Stimmen, nun mehren sich auch die zustimmenden Voten. Zentral ist, dass die grosse Mehrheit der Lehrpersonen grundsätzlich die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichtes begrüsst und bei der Umsetzung ihr Bestes geben will. Oft spielen halt auch die persönliche Lebenssituation und das persönliche Umfeld in der Familie eine nicht zu unterschätzende Rolle. Je nachdem steht die Freude über die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts im Vordergrund, oder aber die Sorge um die Gesundheit. Wie kann die Wiedereröffnung der Schulen gelingen? Indem die jetzt vorliegenden Schutzkonzepte des BAG und des Kantons vor Ort möglichst gut umgesetzt und dabei hoffentlich auch da und dort noch Verbesserungen und Konkretisierungen mutig und unbürokratisch verwirklicht werden. Ich habe bereits Kenntnis von solchen Umsetzungen. Beispielsweise wird auf den Schwimmunterricht zum Teil verzichtet bis im Sommer oder Klassen mit mehr als 15 Schülern werden in zwei Klassenzimmern parallel unterrichtet. Unsere Anliegen finden also teilweise bereits Gehör an einzelnen Schulorten. Die Schwyzer Lehrer haben Halbklassen gefordert: Sind Sie enttäuscht, dass der Regierungsrat nun im normalen Klassenverbund starten will?

Die Schwyzer Lehrer haben nicht explizit Halbklassen gefordert, sondern eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wie man den Präsenzunterricht stufenweise und Schritt für Schritt wieder hätte hochfahren können. Es ist schade, dass die Vorschläge des LSZ im Schutzkonzept des Kantons nicht Aufnahme gefunden haben. Wie oben schon beschrieben, scheinen aber einige unserer Ideen nun vor Ort doch Anklang zu finden. Wie können Lehrer den notwendigen Abstand zu den Schülern einhalten? Das wird im Kindergarten und in den unteren Klassen der Primarschule öfters kaum oder gar nicht gelingen. Auch in den höheren Stufen wird das nicht einfach umzusetzen sein. Menschliche Beziehungen sind beim Unterrichten und Lernen absolut zentral. Mit einem Sicherheitsabstand wird das extrem schwierig. Denken Sie beispielsweise mal an die Hilfestellungen im Turn- oder Schwimmunterricht oder an die benötigte Unterstützung beim An- oder Ausziehen. Halten Sie Masken auch für überflüssig, um Lehrer zu schützen?

Auch was die Wirkung und Sinn von Masken betrifft, gehen die Aussagen von Wissenschaftlern auseinander. Die einen meinen, es helfe, andere zu schützen, andere meinen, Masken nützten wenig oder nichts oder seien gar schädlich, insbesondere wenn sie nicht richtig verwendet werden. Persönlich bin ich für einen äusserst zurückhaltenden Einsatz im Unterricht. Masken für Lehrpersonen oder anderes Personal sollten aber in beschränkter Anzahl vor Ort zur Verfügung stehen. Wie viele Lehrer sind Risikopatienten und können ihren Dienst ab dem 11. Mai nicht antreten? Da haben wir im LSZ keine Zahlen. Diese sind bei den einzelnen Schulträgern oder beim Bildungsdepartement in Erfahrung zu bringen. Ich denke, dass diese Zahl überschaubar sein wird. Lehrer-Stellvertreter zu suchen, die zum Einsatz kommen sollen für die Lehrer, die als Risikopatienten keinen Unterricht ab dem 11. Mai leisten können, ist Sache der einzelnen Schulleitungen und allenfalls der Schulträger.

Finden Sie es legitim, dass pensionierte Lehrer zum Einsatz kommen sollen als Ersatz-Stellvertreter? Immerhin zählen ja Pensionierte als Ü65-Jährige zu den Risikopatienten. Ein Einsatz von über 65-jährigen Lehrpersonen vor einer Klasse im Präsenzunterricht wäre wohl zu riskant und unverantwortlich. Ein Einsatz in Teilbereichen, zum Beispiel als Unterstützung im Home-Office, wäre aus meiner Sicht in dieser Krisensituation vor Ort mit allen Beteiligten zu klären. Wie soll denn sonst der Bevölkerung noch erklärt werden, dass Grosseltern ihre Enkelkinder nicht hüten sollen, aber über 65-jährige Lehrpersonen vor einer Schulklasse stehen sollen? Die pädagogische Hochschule Schwyz in Goldau hat dem LSZ mitgeteilt, dass Studenten bis zum 9. Juni nicht zur Verfügung stehen. Welchen Spielraum haben die Schulen vor Ort? Die Schulen vor Ort haben sich grundsätzlich an die Vorgaben des BAG und des Kantons zu halten. Ich sehe aber doch noch einiges an Spielraum bei der Umsetzung vor Ort (kleinere Schülergruppen, Hygienemassnahmen, Organisation von Turn- und Schwimmunterricht). Ich rate den Schulleitungen und Lehrpersonen, vor Ort möglichst kreativ zu bleiben. Dass dies möglich ist, wurde ja in den letzten Wochen auch beim Fernunterricht unter Beweis gestellt. Wie finden Sie die Vorgaben der Regierung für den Turn- und Schwimmunterricht? Es gibt kein spezielles Schutzkonzept des Kantons für einzelne Fächer. Das Amt für Volksschulen und Sport empfiehlt im Fach Bewegung und Sport, sich an der schrittweisen Lockerung des nationalen Sports zu orientieren, insbesondere mit einem Verzicht auf Sportarten mit direktem Körperkontakt. Weiter wird empfohlen, den Schwimmunterricht bis Ende Schuljahr nur dort umzusetzen, wo kein Transport zur Schwimmanlage notwendig ist. Dieses Beispiel zeigt exemplarisch auf, dass noch einiges an Klärungsbedarf vorhanden ist.

Der Unteriberger Konrad Schuler ist Präsident des Berufsverbands Lehrerinnen und Lehrer Kanton Schwyz (LSZ).

Foto: zvg

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